Kompass – Zeitung für Piraten

USA: Gegen-Lobbyverband “Internet Association” der Netzwirtschaft startet

The Internet Association

Mit geeinter Stimme will die Netz-Wirtschaft in Washington Einfluß ausüben. Dazu gründeten 14 Branchen-Schwergewichte den brandneuen Lobbyverband “Internet Association”. Dieser ist nun arbeitsfähig: Präsident Michael Beckerman präsentierte letzte Woche eine politische Themenliste.

Die Mitgliedsunternehmen – Amazon.com, AOL, eBay, Expedia, Facebook, Google, IAC, LinkedIn, Monster Worldwide, Rackspace, salesforce.com, TripAdvisor, Yahoo! und Zynga – möchten ihre Geschäftsgrundlage, das “freie und innovative Internet” schützen: immer eine Stimme in Washington und einen Platz am Tisch haben wie bisher vor allem die bekannten Interessenverbände der Kreativwirtschaft RIAA und MPAA.

Drei politische Schwerpunkte setzt der Verband:

  • “Freiheit” im Internet schützen
  • Innovation und Wirtschaftswachstum stärken
  • Nutzer zur Selbstbestimmung anleiten (“Empowerment”)

Gerade letzter Punkt ist interessant, sieht man das Treiben von prominenten Mitgliedern wie Facebook und Google.

“Das Internet ist der am schnellsten wachsende Sektor der US-Wirtschaft mit beispiellosen Rekord bei neuen Arbeitsplätzen und Innovation in allen Bereichen”, so Beckerman. “Das Internet mit dem dezentralen und offenen Modell hat beispiellosen Unternehmergeist, Kreativität und Innovation entfesselt. Die Politik muss verstehen, dass die Erhaltung dieser Freiheit wesentlich für die Vitalität des Internet selbst und daraus resultierenden wirtschaftlichen Wohlstand ist.”

Freiheit zum Geldverdienen

Auch hier bleibt spannend, wie diesen Lippenbekenntnissen Taten folgen werden, denn Datenschätze in den zentralen Silos der sozialen Netzwerke sind eher wenig offen. Der Schutz der Privatsphäre ist nicht Thema der komerziellen Datensammler. Viel Empowerment ist angesagt. Dies der Netzwirtschaft allein zu überlassen ist dann doch etwas blauäugig. Auch Kreative sollten denen besser zweimal auf die Finger schauen. Digitale Bürger- und Verbraucherrechtler wie die Electronic Frontier Foundation bleiben weiter nötig. Aber als Gegengewicht zu RIAA und MPAA ist eine gut finanzierte Gegenlobby auf jeden Fall eine gute Sache.

Europa sieht alt aus

In Deutschland gibt es weder/noch in nennenswertem und arbeitsfähigem Ausmaß, wo zur Zeit wenig mehr passiert als gelegentliche Pressemeldungen und Postkartenflyer. Letztes Jahr leistete Google netzpolitische Entwicklungshilfe, gründete ein Institut an der Humi-Berlin: seit April 2012 bietet internetundgesellschaft.de/ rege Veranstaltungen an. In Entwicklung ist ein News- und Analysedienst zum Themenfeld Internet-Regulierung.