Kompass – Zeitung für Piraten

Der Kompass-Europa-Kandidatengrill: Malte-Carsten Seidler

Europakandidatenwahlen der Piratenpartei Deutschland 2014

 

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KOMPASS:

 

Bei den Wahlen zum Europaparlament im Jahr 2009 gelang es zwei Kandidaten der Piratenpartei in die europäische Volksvertretung einzuziehen.

Amelia Andersdotter und Christian Engström aus Schweden wurden Mitglieder des Gremiums und vertreten seitdem die Interessen der Piraten im Verbund mit der Fraktion der Europäischen Grünen / EFA.

 

Am fünfundzwanzigsten Mai 2014 stellen sich die Abgeordneten für das EU-Parlament unter anderem auch in Deutschland erneut dem Votum der Wähler.

 

Auf dem Bundesparteitag am 04. und 05. Januar 2014 werden die deutschen Kandidaten der Piratenpartei gewählt.

 

Damit wir uns ein Bild von Ihnen machen können, befragen wir sie in einer Interviewserie.

 

KOMPASS:

 

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten zur Wahl auf diesem Parteitag an.

 

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.

 

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Moin ich bin Malte, wohnhaft in Kiel, 35 Jahre alt (36 auf der Aufstellungsversammlung) und das muss erstmal reichen :).

 

KOMPASS:

Zuerst möchten wir ein paar Fragen zu Deiner Person an Dich richten:

 

  1. Was sind Deine politischen Schwerpunkte / Themen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Alle Themen die wichtig sind um die Welt und das Leben der Menschen ein bisschen besser zu machen. Die Politik richtet sich nunmal nicht nach meinen persönlichen Schwerpunkten, deshalb finde ich es falsch sich auf ein Themengebiet zu beschränken.

 

 

  1. Welche europäischen Bezüge siehst Du in diesen Themenfeldern?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Auf europäischer Ebene werden heute wichtige Weichen für die Menschen in den Mitgliedsstaaten und Menschen weltweit gestellt, deshalb ist es als Politiker generell wichtig diese Ebene zu beachten, dabei ist es inzwischen fast egal um welche Politikfelder es sich handelt.

 

  1. Was sind Deine politischen Ziele?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Siehe Antwort 1)

 

  1. Welche Eigenschaften machen Dich zum geeigneten Kandidaten für das Europäische Parlament?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Jemand der mich unterstützt hat das in den letzten Wochen so auf den Punkt gebracht: Ich sei ein „Teamplayer mit eigenem Kopf“ sagte er. Und das ist meiner Meinung nach auch wichtig, dass man selbstständig Entscheidungen treffen kann, anstatt nur anderen nach dem Mund zu reden und damit in Gefahr zu geraten ein Spielball von Meinungsführern zu werden.

 

  1. Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern oder politischen Mandaten sammeln können?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Streng genommen nein, aber:

 

  1. Wenn ja, welche(s)?

 

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Ich habe viele Erfahrungen in unterschiedlichsten Tätigkeiten für die Partei gesammelt. Kommunalpolitisch bin ich als bürgerliches Mitglied in Kieler Ausschüssen und anderen Gremien tätig, das ist auch sehr wichtig um wirklich politische Arbeit vor Ort zu erfahren.

 

  1. Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in einer anderen Partei gewesen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Nein.

 

  1. Wie stellst Du Dir die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen in Deiner Eigenschaft als Abgeordneter des Europäischen Parlamentes vor?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Jemand der auf Show steht geht in den Bundestag, jemand der arbeiten will in EU-Parlament. Deshalb: Ich stell mir diese Kommunikation professionell und unverkrampft vor.

 

  1. Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Keine besonders erwähnenswerten. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Grundlage immer ehrliche und kompetente politische Arbeit sein muss.

 

KOMPASS:

 

Wir möchten Dich jetzt bitten uns ein paar Fragen zu unterschiedlichen politischen Themenbereichen zu beantworten.

 

  1. Währung und Finanzen:

 

12) Wie ist Deine Position bezüglich der gemeinsamen Europäischen Währung Euro?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Ja, der Euro ist eine schöne Sache, allein schon um den Handel in der EU zu erleichtern. Einige sagen, der Euro funktioniert nicht weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedsstaaten zu unterschiedlich ist.

Ich meine die Schlussfolgerung aus dieser Feststellung darf nicht die Forderung nach einem Zurück zu nationalen Währungen sein sondern muss eher sein, dass man mit einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik diese Unterschiede ausgleicht und den schwächeren Staaten auf die Beine hilft.

 

  1. Bist Du für einen zwischenstaatlichen Finanzausgleich?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Ja.

 

  1. Welche Entscheidungen im Bereich der innereuropäischen Steuersysteme sollten Deiner Ansicht nach getroffen werden?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Auf jeden Fall muss ein Steuerwettbewerb, der ein „Race to the bottom“ werden kann, abgebaut werden. Ich halte es da ganz mit dem steuerpolitischen Teil des Wahlprogrammantrages WP004, der hoffentlich unser Europawahlprogramm wird, der aussagt, dass wir „Mehr Kooperation statt Steuerwettbewerb“ brauchen.

 

Wie diese Entscheidungen getroffen werden sollen ist eine ganz andere Frage. Solange wir keinen EU-Finanzminister haben wird man wohl auf zwischenstaatliche Kooperation setzen müssen.

 

  1. Welche Maßnahmen sollte die EU in Bezug auf die Frage der Bankenregulierung ergreifen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Glaubt mir, wenn das alles so einfach wäre, dann hätten die derzeit regierenden Politiker das längst getan, die sind nämlich auch nicht dumm. Generell muss vermieden werden, dass Banken gegen den Willen des Kunden mit seinen Ersparnissen spekulieren.

 

Auch Spekulation auf Nahrungsmittel ist ein großes Problem. Aber generell gibt es bereits genug Instrumente die einfach nur angewendet werden müssen.

 

  1. Arbeit und Sozialpolitik:

 

  1. Wie stehst Du zur Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt innerhalb der Europäischen Union?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Bin ich dafür. Für alle die in der EU leben.

 

  1. Welche Maßnahmen sollte das Parlament in Bezug auf die Löhne und Gehälter (Mindestlöhne) oder das Bedingungslose Grundeinkommen treffen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Welches Parlament meint ihr denn? EU-Parlament? Bundestag? Mindestlohn ist wichtig aber Grundeinkommen noch wichtiger. Ich habe die Hoffnung aber fast aufgegeben, dass Deutschland das schafft. Ich habe viel eher die Hoffnung, dass mit einer europäischen Sozialpolitik dieser Schritt gegangen werden kann, da sich glaube ich andere europäische Länder nicht mit unserem deutschen Sozialstaatssystem, das auf Sanktionen setzt, anfreunden werden.

 

  1. Was kann zum Schutz der Arbeitnehmer unternommen werden?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Ganz viel. Vor allem sollten sie unabhängig gemacht werden, so dass sie nicht gezwungen sind für einen Arbeitgeber zu arbeiten. So sollte die Perspektive der beruflichen Selbstständigkeit gefördert werden, damit jeder die Möglichkeit hat auf eigenen Beinen zu stehen statt sich in Abhängigkeit zu begeben.

 

  1. Wie sollte die Flüchtlingspolitik Europas aussehen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Europas Grenzen zu Brücken statt zu Mauern! Flüchtlingen muss geholfen werden statt sie abzuwehren.

 

  1. Internationale Beziehungen:

 

  1. Wie stehst Du zu TTIP / „TAFTA“ (Trans-Atlantic Free Trade Agreement), dem geplanten Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika und welche Bedingungen sollten die USA Deiner Ansicht nach erfüllen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Da muss man fein unterscheiden. Generell ist so eine internationale Zusammenarbeit positiv zu bewerten. Die Inhalte in diesem Fall, zumindest die die, aus welchen Gründen auch immer, durchgesickert sind, nicht. Das Ding ist ja, dass solche Internationalen Verträge EU- Bundes- und Länderrecht quasi „brechen“, da die Vertragsstaaten sie umsetzen müssen. Das ist per se nicht schlecht.

 

Aber das Problem ist, dass auf dieser globalen Ebene, wo diese Verträge ausgehandelt werden, natürlich nichts existiert das einer klassischen Demokratie ähnelt. Deshalb muss man dringend darüber nachdenken wie sich die (weltweite) Zivilgesellschaft auf dieser Ebene zu Wort melden kann. Und das ist wichtig! Weil ansonsten überlässt man die Globalisierung anderen Akteuren und dies wird uns nicht gefallen.

 

  1. Was sollten EU und die USA zur Sicherung der Bürger-, und Freiheitsrechte der europäischen Bürger beschließen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Haha, ein Internationales Abkommen zur Sicherung der Bürger- und Freiheitsrechte natürlich! 😉 Aber seht ihr genau das ist das entscheidende. Internationale Zusammenarbeit ist wichtig. Die Inhalte sind was anderes.

 

In Internationalen Verträgen können gute und schlechte Sachen stehen. TAFTA und TIPP sollten deshalb nicht dazu führen, dass man sich aus der internationalen Zusammenarbeit zurückzieht. Aber sie muss natürlich transparent stattfinden.

 

  1. Wie ist Deine Position in Bezug auf die Bereiche NSA-, GCHQ – Spähaffäre und die Vorratsdatenspeicherung?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Da bin ich dagegen.

 

  1. Sollten NATO und EU militärische Operationen außerhalb ihrer Staatsterritorien durchführen?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Tut sie doch schon… Generell ist das Thema sehr komplex. Bei einem Bundeswehreinsatz bedarf es eines Bundestagsbeschlusses. Gewaltlose Konfliktlösung ist natürlich immer vorzuziehen. Bei einem von der UN gedecktem Einsatz sollte man sich aber nicht der Verantwortung entziehen. Es bringt nichts wegzuschauen und die anderen machen zu lassen.

 

  1. Bildung:

 

  1. Welche Ansätze sollten hier verfolgt werden, mehr wirtschaftsorientierte oder persönlichkeitsbildende Ausbildungsgänge?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Kann das sein, dass diese Frage von der AG-Tellerrand hier eingestellt wurde? 🙂 Das ist ja fast schon eine Fangfrage… Streng genommen keine von beiden. Denn Bildung soll kein Humankapital heranzüchten und auch keine Gehirnwäsche sein.

 

Aber trotzdem sorgt gute Bildungspolitik natürlich dafür, dass die Menschen wirtschaftliche auf eigenen Beinen stehen können und selbstbestimmt entscheiden können.

 

  1. Welche Konzepte sollten bezüglich des Handwerks und der Universitäten verfolgt werden?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Diese Frage ist nun aber wirklich sehr allgemein formuliert…

 

Zum Thema Handwerk: Auch in Zeiten moderner und digitaler Fertigungstechniken ist Handwerk wichtig.

 

Zum Thema Universitäten: Vereinheitlichung auf EU-Ebene bietet Chancen, ihr sollte aber eine breite Öffentliche Diskussion vorangehen.

 

  1. Verkehr:

 

  1. Wie stellst Du Dir in Zukunft die Verkehrssysteme innerhalb der Europäischen Union vor?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Schwerpunkt Schiene.

Auch hier verweise ich gerne auf den entsprechenden Punkt im EU-Wahlprogrammantrag WP004, den ich mitgeschrieben habe.

 

  1. Wie stehst Du zu einer europaweiten Maut?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Da haben wir noch keine Meinung zu. Das müsste man erst mal ausdiskutieren und abwägen.Wie gesagt, generell setze ich auf Schiene statt auf Auto bei der verkehrlichen Erschließung des Kontinents. Aber die Maut kann falsch eingesetzt auch Nachteile (Zum Beispiel Überlastung von kleineren Straßen, bei denen keine Maut gilt) haben.

 

Deshalb kann ich zur Zeit keine pauschale Antwort geben, vor allem weil ich hier keiner parteiinternen Diskussion vorgreifen will.

 

  1. Fraktion, Parlament und Regierung:

 

  1. Wie stehst Du zum sogenannten „Fraktionszwang“?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Bin ich dagegen.

 

  1. Sollte am Ende des Europäischen Prozesses eine gewählte Europäische Regierung stehen, welche durch das Europaparlament kontrolliert wird?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Ja. Klar wäre es wünschenswert, wenn die EU- eine total neue, innovative und bessere Regierungsform findet. Aber bisher ist mir noch kein besseres Konzept unter die Finger gekommen als dieses, das auf klassischer parlamentarischer Kontrolle beruht.

 

  1. Was wünscht Du Dir für die Zukunft in Europa?

 

MALTE CARSTEN SEIDLER:

 

Europa ist wohl nur eine Brückentechnologie bei der Lösung der Frage wie man in einer globalisierten Welt eine globale Zivilgesellschaft in die Entscheidungsprozesse einbezieht um zu verhindern, dass die Welt zum Spielball einer weniger wird.

 

 

Interview mit Malte-Carsten Seidler zur Kandidatur für das Europaparlament 2014

 

Kompass: Malte, vielen Dank für das Gespräch.

 

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