Kompass – Zeitung für Piraten

KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2014.2: Michael Ebner

 

Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2014

MICHAEL EBNER - FOTO TIZIAN MAST - CC BY NC SA - BLOG
MICHAEL EBNER – FOTO TIZIAN MAST – CC BY NC SA – BLOG

 

 

Kandidateninterviews

 

KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2014.2:

 

KOMPASS:  

Ende November 2013 fand auf dem Bundesparteitag in Bremen die Wahl des aktuellen Bundesvorstandes statt. 

Der Wahl folgten in kurzen Abständen, verschiedene innerparteiliche Verwerfungen, hervorgerufen durch #Flaggenstreit, #Bombergate, #Orgastreik, sowie der daraus resultierende „Flügelstreit“ der „linken“ und der „sozial-liberalen“ Piraten. 

Aufgrund der erfolgten Eskalation, traten am 16-03-2014, dem Abend der bayerischen Kommunalwahl, der politische Geschäftsführer Björn Semrau, Generalsekretärin Stefanie Schmiedke und Schatzmeister Stefan Bartels zurück.

 

Ihr Rücktritt hinterlässt einen amtierenden, handlungsunfähigen Bundesvorstand.

Das führt zur Notwendigkeit eines außerordentlichen Bundesparteitages (aBPT),

mit dem alleinigen Ziel, einen neuen Bundesvorstand (BuVo) zu wählen. 

 

Mit dieser Interviewserie möchte die KOMPASS-Redaktion allen wahlberechtigten Piraten die Möglichkeit geben, ihre BuVo-Kandidaten vorher genau kennen zu lernen. 

Da sich in den Entwicklungen der letzten Monate gezeigt hat, dass es in der Piratenpartei keine „prinzipiell“ unpolitischen Bundesvorstands-Ämter gibt, bekommen alle Kandidaten die gleichen Fragen gestellt, egal für welchen Posten sie sich bewerben.

 

KOMPASS:

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.

 

MICHAEL EBNER:

Michael Ebner.

Kandidat für den GenSek.

 

KOMPASS: Kommen wir nun zum Fragenkatalog:

 

  1. Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?

 

MICHAEL EBNER:

GenSek, vielleicht auch andere, z.B. stellv. GenSek.

 

2. Aus welchem Grund kandidierst Du?

 

MICHAEL EBNER:

Das hat insbesondere zwei Gründe: Zum einen kann ich es mir wieder leisten. Die knapp 1,5 Jahre Bundesgeschäftsstelle haben meine finanzellen Reserven ziemlich aufgezehrt, die habe ich die letzten Jahre wieder aufgefüllt, mein aktueller Projektvertrag endet Ende Mai, ich kann jetzt wieder so 12 bis 18 Monate eher für die Partei tätig sein.

Zum anderen habe ich das Gefühl, dass in den letzten Monaten Dinge im BuVo in die falsche Richtung gelaufen sind, und ich käme mir schäbig vor, das zu kritisieren, ohne gleichzeitig zumindest zur Verfügung zu stehen, es besser zu machen.

 

3. Was sind Deine politischen Ziele?

 

MICHAEL EBNER:

Abstrakt: Eine liberale, aber dennoch solidarische Gesellschaft.

Konkret interessiere ich mich (seit etwa 15 Jahren) vor allem für zwei Themen: Grundeinkommen und politische Willensbildung mittels elektronischer Systeme (was in der Piratenpartei unter dem Begriff LiquidDemocracy läuft).

Daneben gibt es noch andere Themen, z.B. Energiewende, Rechtspolitik, Finanzpolitik…

 

4. Welche Eigenschaften machen Dich zum geeignetsten Kandidaten für den Vorstand?

 

MICHAEL EBNER:

Ich bin mir noch nicht mal sicher, dass ich der geeignetste Kandidierende bin – Selbstbeurteilungen sind nun mal wenig verlässlich.

Was mich zu einem geeigneten Kandidierenden machen könnte: Langjährige Erfahrung (auch in Vorstandsämtern, wenn auch nicht in der Piratenpartei), Nervenstärke und die (auch praktisch berücksichtige) Erkenntnis, dass man Konflikte in Sachfragen nicht auf die persönliche Ebene kommen lässt, und umgekehrt auch persönliche Differenzen nie Sachfragen beeinflussen sollten.

 

5. Hast Du Erfahrung in Menschenführung? Hast Du bereits Menschen angestellt, beauftragt oder entlassen?

 

MICHAEL EBNER:

Im gewerblichen Bereich sind meine diesbezüglichen Erfahrungen eher gering. Meine GmbH hat einen geringfügig Beschäftigten (neben mir als Geschäftsführer), in der Projektarbeit hatte ich bisweilen fachliche, aber keine disziplinarische Führungsverantwortung.

Im ehrenamtlichen Bereich betreibe ich seit 2001 das PA-Forum (und seit 2005 als Abspaltung das Party-PA-Forum), da müssen immer mal wieder Moderatoren beauftragt oder auch wieder von ihren Aufgaben entbunden werden. Dasselbe gilt für die Teamleiter beim BPT-Team.

 

6. Mit wem besprichst Du Dich, und wer gibt Dir Ratschläge in politischen und organisatorischen Fragen?

 

MICHAEL EBNER:

Primär mit dem “alten Kern” der Sozialpiraten und dem ehemaligen P9Live-Team (auch wenn es das Projekt nicht mehr gibt, weil ich kaum mehr in Berlin bin).

Ansonsten lege ich großen Wert darauf, mich auch mit abweichenden Meinungen auseinanderzusetzen. Bei Twitter habe ich bislang niemand geblockt und auch nur eine Person (und das auch nur temporär) entfolgt.

(Der Betreffende kündigte an – und setzte das danach auch um – dass er ab nun vor allem über Sex und nicht mehr über Politik twittert. Das ist zwar auch ein berechtigter Ansatz, aber entspricht nicht meinem Nutzungszweck von Twitter. Nachdem ich nach vielen Monaten festgestellt habe, dass er jetzt doch wieder über Politik twittert, folge ich ihm wieder…)

 

7. Kannst Du privates und Amtsbezogenes trennen?/ Wärst Du in der Lage auch Freunden eine Ordnungsmaßnahme zu erteilen?

 

MICHAEL EBNER:

Ja und ja.

Die Trennung betrifft bei mir nichts nur amtsbezogenes, sondern bei mir gibt es die klare Trennung zwischen Partei und Privatleben, und das hat sich durchaus bewährt.

 

8. Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?

 

MICHAEL EBNER:

Ich halten wenig davon, über einen „Lieblingsvorstand“ auch nur nachzudenken – diese Konstellation wird nie eintreten, aber die Zusammenarbeit im oder mit dem konkreten Vorstand belasten.

Der Parteitag wählt einen Vorstand, und die Betreffenden arbeiten ungeachtet persönlicher Präferenzen bestmöglichst zusammen. Punkt.

 

9. Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?

 

MICHAEL EBNER:

Sieben Personen. Bei größeren Vorständen wird der Gewinn von potentiell mehr Arbeitskraft durch den erhöhten Abstimmungsaufwand wieder zunichte gemacht. Lest mal zu Millersche Zahl (http://de.wikipedia.org/wiki/Millersche_Zahl, bitte auch den Abschnitt „Kritik“).

 

10. Siehst Du den BuVo als ein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?

 

MICHAEL EBNER:

Der verwaltende Vorstand ist eine Lebenslüge der Piratenpartei, ein BuVo kann nichts anderes als ein politisches Amt sein.

Wir haben jedoch (und sollten es weiterhin haben) Vorstände, die inhaltlich nicht arbeiten. Also nicht „der Vorstand bringt den Leitantrag ein, die Kreisverbände können dazu Änderungsanträge einbringen“, sondern inhaltliche Arbeit „bottom-up“. Das soll so bleiben.

 

11. Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?

 

MICHAEL EBNER:

Kritisch bis ablehnend, und dies aus mehreren Gründen:

  • Wir sind derzeit nicht in der Lage, alle zu bezahlen. Die Zusammenarbeit von bezahlten und ehrenamtlichen Kräften bei derselben Tätigkeit ist jedoch schwierig (für beide Seiten).
  • Es entsteht der Effekt der Überrechtfertigung (wer den Begriff nicht kennt, bitte mal googlen), also eine Motivationsänderung.
  • Es entstehen Fehlanreize, sich für eine Tätigkeit oder ein Amt zu bewerben.

Die Bezahlung von Mitarbeitern mag in einigen Fällen trotz dieser Gegenargumente sinnvoll sein, gerade bei Verwaltungsaufgaben, die wenig Spaß machen, aber dennoch verlässlich erledigt werden müssen.

Bezüglich der Bezahlung von Vorständen: Durch die Nicht-Bezahlung schließen wir einige Talente aus, bei denen es der Partei sehr nützen würde, wenn sie Vollzeit für die Piraten tätig werden könnten, die jedoch ihren Lebensunterhalt nicht anderweitig gedeckt sehen.

Hier gäbe es mehrere Möglichkeiten (Halbtagsstelle bei der Partei, Halbtagsstelle bei einer Fraktion, Piraten legen privat zusammen), die alle aber auch gewichtige Nachteile haben.

 

12. Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?

 

MICHAEL EBNER:

Ja

 

13. Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?

 

MICHAEL EBNER:

Bei der Piratenpartei war ich im Bundesschiedsgericht, Leiter der Bundesgeschäftsstelle und bin derzeit noch Beauftragter für Vorbereitung und Durchführung von Bundesparteitagen.

Bei der ÖDP war ich Landesvorsitzender, Landesschatzmeister und Landesgeschäftsführer (ein Amt, das dem Gensek in der Piratenpartei entspricht) im dortigen Landesverband Berlin.

 

14. Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in einer anderen Partei gewesen?

 

MICHAEL EBNER:

Ja, in der ÖDP, von 1988 bis 2009.

 

15. Bist Du aktives Mitglied, oder Sympathisant von außerparlamentarischen Gruppen, oder NGOs?

 

MICHAEL EBNER:

Fördermitglied bei den Jungen Piraten.

 

16.Wie verortest Du Dich politisch? / Welchem Flügel der Piratenpartei fühlst Du Dich zugehörig?

 

MICHAEL EBNER:

Auf meiner Kandidierendenseite (https://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Michael_Ebner/Kandidatur_buvo) findet sich der „politische Test“, den ich zwar für nicht besonders gut justiert halte, der aber im Vergleich zu anderen solchen Tests doch eine gewisse Aussagekraft hat. Wer eine Einwort-Bezeichnung braucht, darf mich sozialliberal nennen – ich bin jedoch nicht glücklich über die Tendenz, die doch recht komplexe politische Einstellung von Menschen auf solche Bezeichnungen zu reduzieren.

Ich würde in der Piratenpartei lieber Strömungen als Flügel haben. Flügel sind starr und bleiben immer da, wo sie sind, und eine Feder wechselt auch nie vom linken zum rechten Flügel, um in dem Bild zu bleiben. Der Begriff „Strömung“ steht für die Flexibilität, die wir haben sollten – beim einen Thema noch völlig konträre Meinungen zu vertreten, beim nächsten Thema dann schon wieder gemeinsam für etwas eintreten.

 

17. Inwiefern würdest Du einen Einfluss nicht rechtsstaatlicher, und nicht gewaltfreier Gruppen, auf die Piratenpartei verhindern, obwohl Du eventuell mit ihren Zielen sympathisierst?

 

MICHAEL EBNER:

Zunächst einmal: Ich halte die Entwicklung vom Faustrecht über das tradierte Recht hin zum geschriebenen Recht für den zivilisatorischen Fortschritt schlechthin. Der Rechtsstaat im engeren (Bindung der staatlichen Gewalt an das Recht) und weiteren (es gibt Gesetze, und die gelten für alle) Sinne mag zwar derzeit in Teilbereichen nur unzulänglich funktionieren, ist jedoch immer noch deutlich besser als alle praktisch realisierbaren Alternativen. Aus gutem Grund steht das Bekenntnis zum Rechtsstaat in §1 der Satzung.

Im Bereich der Gewaltbereitschaft bräuchten wir einen Begriff oder zumindest eine Definition, der/die genau klärt, welche Gewalt wir für legitim halten und welche nicht. Gewalt wird auch im Rahmen des staatlichen Gewaltmonopols ausgeübt, ist über Rechtfertigungsgründe wie Notwehr oder Nothilfe legal, und in nicht demokratischen Staaten ist Gewaltausübung gegen die politische Spitze und deren Repräsentanten anders zu bewerten als in demokratischen Staaten.

Hier in Deutschland haben wir eine (leidlich funktionierende) Demokratie. Wer z.B. ein anderes Wirtschaftssystem möchte, kann eine Partei gründen, die dafür eintritt, und versuchen, dafür die erforderliche parlamentarische Mehrheit zu bekommen (oder die Mehrheit in einem Volksentscheid, sobald dieses Mittel zur Verfügung steht). Von daher wäre der Versuch, so etwas mittels einer Revolution durchzusetzen, nicht legitim.

Die eigentliche Frage halte ich für schlecht formuliert und ändere sie wie folgt: „Wie würdest Du den Einfluss von Gruppen verhindern, die den Rechtsstaat ablehnen und die rechtswidrige Anwendung von Gewalt auch in demokratischen Staaten befürworten, auch wenn Du evt. mit ihren Zielen sympathisierst?“ Antwort darauf: Erstens: Ich sympathisiere nicht mit den Zielen solcher Gruppen. Zweitens: Die Grundrechte, also auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, gilt nun mal auch für die Feinde der Demokratie. Sobald jedoch entsprechende Meinungsäußerungen über den innerparteilichen Diskurs hinausgehen, entsteht ein Schaden für die Partei, der eine Ordnungsmaßnahme rechtfertigt. Auch ähnliche Maßnahmen, wie z.B. den Entzug einer Beauftragung, sind hier gerechtfertigt.

 

18. Inwieweit kann die Piratenpartei verlangen, dass ihre Kandidaten, Amts-, oder Mandatsträger-, persönliche politische Ansichten oder Aktionen, die nicht dem allgemeinen Piratenkonsens entsprechen, unterlassen?

 

MICHAEL EBNER:

Die allgemeine Handlungsfreiheit (das Grundgesetz nennt das „freie Entfaltung der Persönlichkeit“) und das Recht auf freie Meinungsäußerung sind wichtige Grundrechte. Piraten, die aufgrund ihrer Position die Piratenpartei nach außen vertreten, haben jedoch eine Verantwortung, welche diese Grundrechte – nicht de jure, aber de facto – in einem gewissen Umfang beschränkt.

Zu unterscheiden sind hier klar persönliche Ansichten (die Gedanken sind ohnehin frei) oder innerparteiliche Äußerungen – hier sind den Betreffenden große Freiheiten einzuräumen. Kritischer schon in das allgemeine Verhalten in der Öffentlichkeit zu sehen – auch da sind die Betreffenden immer auch Repräsentant der Partei.

Wenn jedoch ein Pirat in verantwortlicher Position auch in dieser Eigenschaft agiert (z.B. ein Vorstandsmitglied in einem Interview als Vorstandsmitglied), so tritt er dort nicht als Privatperson, sondern vollständig als Repräsentant der Piratenpartei auf und hat sich entsprechend zu verhalten.

Anmerkung: Der Begriff Konsens bedeutet, dass es gegen die betreffende Position keinen Widerspruch gibt – schon ein Einzelner, der etwas anders sieht, verhindert einen Konsens. Aus gutem Grund wird daher in der Politik – im Gegensatz z.B. der technischen Normung – im Regelfall mit Mehrheitsentscheidungen gearbeitet. Auch unsere programmatischen Positionen sind kein Konsens, sondern die Folge einer Abstimmung, und es ist legitim, dass einzelne Piraten eine abweichende Meinung beibehalten.

 

19. Wie sollte der BuVo auf eine innerparteiliche Krise reagieren?

 

MICHAEL EBNER:

Das hängt von der innerparteilichen Krise ab – wären diese alle gleich, könnte die Reaktion ja mittels Handlungsanweisung dem BuVo verbindlich vorgegeben werden.

Ansonsten: Der BuVo ist vom Parteitag gewählt, damit er die Partei über etwa ein Jahr hinweg im Sinne der Gemeinschaft der Mitglieder (im Zweifelsfall: im Sinne der Mehrheit dieser Mitglieder) führt. Entscheidungen sind daran zu messen, ob sie dem mutmaßlichen (sobald wir die entsprechenden Systeme haben, um das zu erfragen: dem tatsächlichen) Willen der Partei entsprechen.

 

20. Wie kannst Du als Bundesvorstand, zur Verbesserung der allgemeinen Streitkultur der Piraten beitragen, damit es nicht zu Beleidigungsexzessen unterschiedlicher Strömungen kommt, und eine gemeinsame Arbeit, trotz verschiedener Ansichten möglich bleibt?

 

MICHAEL EBNER:

Als einzelnes Vorstandsmitglied bleibt einem letztlich nur, das als Vorbild vorzuleben.

Als Vorstand insgesamt dürfte es wohl das Mittel der Wahl sein, die Erarbeitung eines verbindlichen Verhaltenskodexes durch die Partei anzustoßen und zu moderieren, diesen zusammen mit so etwas wie einer Generalamnestie einzuführen und dann die Einhaltung mittels Ordnungsmaßnahmen durchzusetzen. Es ist bedauerlich, dass es augenscheinlich solcher Maßnahmen bedarf, aber ich sehe derzeit keinen anderen erfolgversprechenden Weg.

 

21. Wie stehst Du zu Quotierungen bei Ämterbesetzungen?

 

MICHAEL EBNER:

Skeptisch. Unsere Vorstände haben ja ohnehin nicht allzuviel Autorität. Stehen nun diese auch noch in dem Ruf, nicht wegen persönlicher Fähigkeiten, sondern nur zur Einhaltung einer Quote gewählt zu sein, dürfte die Autorität unter die Nachweisbarkeitsgrenze sinken. Dabei dürfte es völlig egal sein, ob die Quotierung nach Geschlechtern, politischen Strömungen, Landesverbänden oder was auch immer erfolgt.

 

22. Wie stellst Du Dir diese quantitativ vor?

 

MICHAEL EBNER:

Null. Also Null Piraten, die aufgrund einer Quote in ein Amt oder Mandat kommen. Aber sehr viel Ermutigung politischer Talente.

 

23. Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?

 

MICHAEL EBNER:

Der Vorstand hat die Aufgabe, für einen begrenzten Zeitraum die Geschicke der Partei im Sinne der Basis zu lenken und zu leiten. Die Basis ist sozusagen Chef, der Vorstand der Erfüllungsgehilfe. Die Einsicht in diese Hierarchie hat jederzeit die Kommunikation zu prägen.

Das heißt jetzt nicht, dass sich einzelne Basispiraten alles herausnehmen dürfen. Es besteht aber auch weder Anlass noch Rechtfertigung dafür, die Kommunikation einzustellen, wenn es für den BuVo unangenehm wird.

 

24. Was sind SMV, BEO und Liquid Feedback für Dich?

 

MICHAEL EBNER:

Die ersten beiden abstrakte 3-Buchstaben-Kürzel, die mit Leben zu füllen sind.

Derzeit vor allem ungeklärt: Wie wird eine tatsächliche Diskussion vor einer Abstimmung realisiert.

LiquidFeedback ist ein System im praktischen Einsatz mit vielen Stärken und auch ein paar klaren Schwächen (Fehlender Diskurs, Tendenz zu großen Delegationshaufen).

 

25. Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?

 

MICHAEL EBNER:

Nicht stattfindend – Ich kandidiere für GenSek. Für den Fall dass wieder Erwarten da doch einmal ein Interview gewünscht wird, antworte ich offen und ehrlich das, was gefragt wird.

 

26. Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?

 

MICHAEL EBNER:

Wenig. Ich habe mal als Leiter der Bundesgeschäftsstelle ein Interview für die FAZ gegeben und hatte damals als Landesvorsitzender der ÖDP ein paar Pressekontakte.

 

27. Bist Du für zentrale, oder dezentrale Organisationseinheiten (Medienvielfalt), in der Öffentlichkeitsarbeit der Piraten?

 

MICHAEL EBNER:

Die Öffentlichkeitsarbeit der Piraten findet selbstverständlich dezentral statt – die Bundespresse wäre ja auch gar nicht in der Lage, auch nur für alle Landesverbände Öffentlichkeitsarbeit zu machen.

Allerdings: Ich wünsche mir eine deutlich stärkere Vernetzung. Wenn etwas im Bundesverband passiert, dann muss das rechtzeitig an die Landesverbände kommuniziert werden (und umgekehrt), damit da nicht mangels ungleicher Informationsstände eine inkonsistente Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird.

 

28. Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?

 

MICHAEL EBNER:

Ich interpretiere das jetzt mal als „was sollten die drei Essentials der Piratenpartei sein“: Transparenz, Partizipation, Solidarität

 

29. Welche sind Deine drei wichtigsten politischen Ziele der Piratenpartei?

 

MICHAEL EBNER:

Erstens: Das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe (was halbwegs zwingend auf ein Grundeinkommen hinausläuft).

Zweitens: Die Möglichkeit zur Beteiligung an den politischen Prozessen (über ein Kreuz alle vier Jahre weit hinausgehend)

Drittens: Transparenz in den politischen Prozessen.

 

30. Die drei größten Strukturprobleme in der Piratenpartei sind für Dich….

 

MICHAEL EBNER:

Erstens: Wir haben derzeit keine Möglichkeit, ergebnisorientierte Diskussionen mit einer auch nur größeren Gruppe, geschweige denn, der Gesamtpartei zu führen.

Zweitens: Es besteht keine Möglichkeit, zwischen den unterschiedlichen Strömungen zu einem Interessenausgleich zu kommen, Kompromiss auszuhandeln, Absprachen zu treffen.

Drittens: Es besteht keine Struktur, um Konflikte zu deeskalieren.

 

31. Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?

 

MICHAEL EBNER:

Eine Menge – sowohl das eine als auch das andere. Eine Auswahl: Wir reagieren vielfach nach dem – wie es BuBernd mal genannt hat – Prinzip der größtmöglichen Empörung.Mehr Gelassenheit – insbesondere bei innerparteilichen Dingen – würde uns sehr gut tun. Wir haben auch in der Sozialpolitik viel Vertrauen verspielt, obwohl das für die vier Landtagswahlerfolge das wichtigste Thema war (übereinstimmend bei allen vier Exit-Polls das wichtigste Thema der Menschen, die Piraten gewählt haben).

Zwischen unserem politischen Anspruch und dem eigenen Handeln klafft noch ein tiefer Graben.

Was wir richtig machen? In programmatischer Hinsicht viel, die Liste zur Europawahl war vorzeigbar, unsere Gestalter sind großartig, gerade was SocialMedia-Kampagnen anbelangt.

 

32. Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?

 

MICHAEL EBNER:

Grundsätzlich sehr positiv, mit dem „Sozialstaat 3.0“ habe ich ja selbst ein eigenes Grundeinkommensmodell gerechnet (das als „erster Schritt“ zu verstehen ist, nicht als Lösung für die Ewigkeit).

Gerade aber als jemand, der die Zahlen kennt (und selbst die meisten Grundeinkommensgegner gestehen mir zumindest zu, seriös gerechnet zu haben), weiß ich auch zu genau, dass wir ein Schlaraffenland nicht zu erwarten brauchen und dass auch etliche Erwartungen, die heute von BGE-Fans geweckt werden, nicht erfüllbar sein werden.

 

33. Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?

MICHAEL EBNER:

 

Immer noch bei den Aufräumarbeiten – machen wir uns da mal keine falschen Hoffnungen.

 

 

Interview mit Michael Ebner zur Kandidatur BuVo 2014.2

 

Kompass:        Michael Ebner, vielen Dank für das Gespräch.

 

Timecodex CC BY NC ND

 

 

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