Kompass – Zeitung für Piraten

VDS a la Schnarrenberger: 7 Tage, für 40 Euro pro Auskunft soll jeder Staatsanwalt Webklick-Daten ziehen können

Die Vorratsdatenspeicherer geben keine Ruhe. Jetzt ist beim AK Vorrat ein Diskussionspapier aus dem Bundesjustizministerium aufgetaucht. Danach soll ein Gesetz mit 7-tägiger Speicherfrist aller Kommunikationsdaten beschlossen werden:

„§ 113a
Pflichten zur Speicherung von Daten
(1) Wer öffentlich zugängliche Internetzugangsdienste für mehr als [X] Endnutzer erbringt, ist verpflichtet, Daten, die von ihm bei der Nutzung seines Dienstes erzeugt oder verarbeitet werden, nach Maßgabe der Absätze 2 und 4 unverzüglich für sieben Tage im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu speichern.

Und das ist der Absatz 2, in dem es um die Speicherdaten geht:

(2) Der nach Absatz 1 Verpflichtete speichert:
1. die dem Teilnehmer für eine Internetnutzung zugewiesene Internetprotokoll-Adresse,
2. eine eindeutige Kennung des Anschlusses, über den die Internetnutzung erfolgt,
3. Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone von Beginn und Ende der Internetnutzung unter der zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse.

FDP enttäuscht

Das ist kein Quick-Freeze, sondern eine echte, wenn auch kurze VDS. So enttäuscht Jusitzministerin Leutheusser-Schnarrenberger mit diesem Diskussionspapier. Ein Richtervorbehalt ist nicht vorgesehen. Eine stets zwingende Benachrichtigung der bespitzelten Person ist ebenfalls nicht vorgesehen.

Jede Strafverfolgungsbehörde darf sich gegen 40 Euro Kostenerstattung beim Provider bedienen. So landet dann eine Privatadresse in der Staatsanwaltsakte und von dort per simpler Akteneinsicht beim Abmahnanwalt.

Bürgerrechte ade

Massenabmahner können wieder zulangen. Ob Scientology, Musik- oder Filmindustrie, es reicht ein gnädiger Staatsanwalt, der diese weitreichenden Auskunftswünsche durchwinkt. Es reicht, wenn eine Urheberrechtsverletzung im Raum steht. Denn u.a. „Vervielfältigen“ ist eine Straftat, und Straftaten sind der Schlüssel zur Bundeskommunikationsdatenbank!

Dieses Diskussionspapier muss umgehend verschwinden, wo es hergekommen ist. Eine anlasslose Aufzeichnung aller Kommunikationsvorgänge darf es nicht geben.

Provider-Stasi

Ausserdem entstehen durch diese Datenbanken völlig neue Gefahren. Es gibt nun einen zentralen Ort beim Provider, wo jeder Webklick hinterlegt ist. Das ist wertvolles und sehr gefährliches Wissen. Es ist abzusehen, dass diese Datenbanken im Betriebsalltag eher kaum geschützt sind (weil der Entwurf flotte Auskunft fordert), auch wenn der Diskussionsentwurf umfangreich einen „Stand der Technik“ dafür einfordert.

Gefährliche Daten

Machenschaften wie das massenhafte Ausspähen aller Providerkunden werden so möglich. Auch für die Wirtschaftsspionage und organisierte Kriminalität ist so eine Kontakte-Datenbank das Eldorado. Dieser Zugriff geht bisher so einfach nicht, da die Daten jetzt eben nicht zentral gedatabased werden.

Es sind hier noch sehr viele Fragen zu stellen.

Schreibe deinem Abgeordneten und Leutheusser-Schnarrenberger!

Netzpolitik-Chefblogger Markus Beckedahl postet ein Musterschreiben an Abgeordnete. Nutzt es.

2 Kommentare

  1. Wichtig wäre es zudem noch, dass Illegal erlangte Erkenntnisse nicht mehr verwendet werden dürfen in Gerichtsprozessen oder beim Abmahnen.

  2. @ulrics

    „Früchte vom verbotenen Baum“? Nö, da können wir in D lange drauf warten. Hier wird erstmal hausdurchsucht und dann geguckt, was rauszuholen ist. Bei PC-Usern sind die Rechner monatelang weg, also quasi eine digitale Bestrafung durch die Exekutive. Jetzt ging ja mal rum, dass die Polizei kostenpflichtig Backups für Durchsuchungsgeschädigte anbietet … Es wäre mal zu untersuchen, wer besonders viel Aufträge von der Polizei bekommt, das riecht nach Korruption.

Kommentare sind geschlossen.