Kompass – Zeitung für Piraten

Freihandel: Wikileaks bringt etwas Licht in die ISDS-Schiedsgerichte

Julian Assange, Wikileaks-Sprecher und Botschaftsflüchtling. Foto August 2014, David G-Silvers, Botschaft Ecuador London CC BY-SA-Wikimedia
Julian Assange, Wikileaks-Sprecher und Botschaftsflüchtling. Foto August 2014, David G-Silvers, Botschaft Ecuador London CC BY-SA Wikimedia

Die Whistleblower-Plattform „Wikileaks“ hat wieder einmal zugeschlagen. Auch wenn Sprecher  Julian Assange seit mehreren Jahren in einer Botschaft in London schmachtet, kommen regelmäßig neue Enthüllungen ans Licht.

Seit ein paar Stunden gibt es die hochgeheimen Regelungen zu Schiedsgerichten (ISDS) im „Trans-Pacific-Partnership“-Freihandelsabkommen (TPP) öffentlich zu lesen. TPP unterscheidet sich vom bekannten TTIP vor allem durch die Vertragspartner-Länder.

Beide Abkommen müssen allerdings auch im Zusammenhang mit dem für uns stetig relevanter werdenden „TiSA“-Abkommen gesehen werden. Hier geht es zur Zeit vor allem um die umstrittenen Schiedsgerichte für ausländische Investoren. Es ist nicht zu erwarten, dass TTIP-Schiedsgerichte sehr viel anders gestaltet sind als TPP-Schiedsgerichte.

Die Schiedsgerichte im frisch geleakten TPP analysiert FFII:

  • ganz klarer Vorteil für die USA
  • denn der Weltbank-Präsident ist ICSID-Vorsitzender (die Weltbank ist eine US-gesteuerte Institution, die allerdings in jünster Zeit Konkurrenz aus China bekommt)
  • Das Weltbank-ICSID ist ein ISDS-Schiedsgericht, das Investoren über TTP anrufen können
  • Extra-Bonus: es gibt viele Verfahrentricks, die Weltbank/US-Leute im Schiedsgericht ziehen können, sollte doch einmal eine ISDS-Entscheidung nicht im Sinn der USA gelaufen sein.

Sorgt alles nicht gerade für gesteigertes Vertrauen. Auch in den USA ist das TPP umstritten. Großkonzerne könnten so leichter Inländer-Jobs ins Billiglohn-Ausland verlegen. Seit fünf Jahren wird TPP hochgeheim verhandelt. US-Präsident Barack Obama sucht angestrengt nach einem Weg, TPP schnell per „fast track“-Abstimmung zu beschließen.

Über TTIP und TPP steht TiSA

Das TiSA-Abkommen ist super geheim. Wie der österreichische Netz-Journalist Eric Möchel hinweist, soll TiSA noch fünf Jahre nach Vertragsschluß strikter Geheimhaltung unterliegen. Anders als TTIP, das vom Beginn im Juli 2013 von einer Welle an Aussendungen, öffentlichen Veranstaltungen und offiziellen Tweets begleitet wird, gab es zum Start von TiSA sehr wenig Publicity, so Möchel.

Wikileaks-logoIm Juni 2014 veröffentlichte ebenfalls Wikileaks einen Auszug zu TiSA-Deregulationsvorhaben im Finanzsektor. Wasserversorgung, Bildung, Krankenhäuser – diese Dienstleistungen sollen auch Gegenstand von Freihandelsverträgen werden.

Wasser® made in USA

Stehen deutsche Gegebenheiten dem erwarteten zukünftigen Gewinn eines ausländischen Wasser-, Bildungs- oder Krankenhauskonzerns entgegen, hat er die Möglichkeit, den Staat per ISDS-Schiedsgericht auf Milliardensummen an Schadensersatz zu verklagen. Die Frage ist nun, ob wir als Wähler die neue Konzern- und Klagewirtschaft zulassen wollen oder nicht.

Zu den Schiedsgerichten in TTIP gab es Statements von Bundeswirtschaftsminister Gabriel und EU-Kommissarin Malmström, dass sie weiterentwickelt würden. So ist ein zusätzliches Berufungsgericht oder ein öffentlich-rechtliches Schiedsgericht im Gespräch. In den Details jedoch soll es beim alten bleiben.

Etwas anderes ist offensichtlich der US-Seite nicht zu vermitteln. Die USA sind nach wie vor sehr daran interessiert, ihre Wirtschafts-NATO aus TiSA, TTP, TTIP auf- und auszubauen.

Mit mehr Dampf, seitdem China die Weltbank-Konkurrenz AIIB auch mit Unterstützung europäischer Länder im März 2015 scharfschaltete. Das Interesse der USA wächst, die Europäer wieder einzufangen – per Freihandelsabkommen und ISDS.