Kompass – Zeitung für Piraten

Frontal 21: Protest gegen die neue deutsche Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung kommt zurück. Zwei Jahre nachdem Edward Snowden enthüllt hat, wie Geheimdienste massenweise Daten auch in Deutschland sammeln, will die Bundesregierung alle Telekommunikationsdaten speichern lassen. Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ berichtete darüber in einer Sendung vom 16. Juni 2015.

Hier weitere Infos zur Frontal-Bericht:

Wer, wann, wo, mit wem und wie lange telefoniert, kann künftig mit richterlichem Beschluss abgefragt werden. Durch die Vorratsdaten werden Bewegungsprofile erstellt und die sozialen Beziehungen jedes Bürgers erfasst. Im Bericht wird das für einen Schweizer Abgeordneten und seine Telefon-, SMS- und Internetkontakte gezeigt. Der Mensch wird gläsern für den Staat.

Schon einmal hatte 2010 das Bundesverfassungsgericht, einige Jahre später der Europäische Gerichtshof die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung gekippt, weil der Eingriff in die Grundrechte zu schwerwiegend war. Trotzdem gibt es Länder in Europa mit Vorratsdaten, unter anderem Frankreich. Hier werden sogar Kommunikationsinhalte untersucht.

Nach dem neuen Gesetz für Deutschland sollen nun Daten statt sechs Monate lang nur noch zehn beziehungsweise vier Wochen für die Unterwegszugriffe gespeichert werden.

SPD-Lügen für Neo-Vorratsdaten

Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) lobt die Massendatenspeicherung als wertvolles Fahndungsmittel gegen Terroristen: „Die Vorratsdatenspeicherung kann uns durch eine schnellere Aufdeckung von Straftaten helfen, die nächste Straftat zu verhindern“, erklärte Gabriel im März 2015 in einem Radiointerview.

Sigmar_Gabriel-2009_ArM SPD in NiedersachsenDas sei die Erfahrung der Norweger beim Breivik-Attentat gewesen. Manche nennen das eine „Lüge“ von Gabriel. Denn es gibt, wenn man genauer hinschaut, in Norwegen keine Vorratsdatenspeicherung. Der schreckliche Terroranschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ konnte nicht verhindert werden – obwohl in Frankreich die Kommunikations-Verbindungsdaten gespeichert werden. Und, obwohl die Redaktion bewacht wurde.

In der Begründung des Gesetzesentwurfes von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) steht, die Speicherung diene auch der Gefahrenabwehr. Auf Nachfrage von Frontal 21 erklärte der Sprecher des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Piotr Malachowski, aber: „Ich habe hier jetzt ad hoc keine konkreten Gefahren, die dadurch abgewendet wurden, auf Lager.“

Amtliche Datenhehlerei

Dafür kommt, im VDS-Gesetz beigepackt, zusätzlich die neue Straftat der „Datenhehlerei“, mit der Whistleblower wie Edward Snowden oder Julian Assange in Deutschland kriminalisiert werden können. Auch Journalisten und Blogger sind betroffen. Stastliche Stellen dürfen Daten hehlern, also unbefugte Inhalte ankaufen, wenn es ihren amtlichen Zwecken dient. Eine bedenkliche Entwicklung hin zu einer geheimen Daten-Staatspolizei.

Ausweitung gefordert

Schon jetzt fordern Polizeivertreter einer Ausweitung der neuen Vorratsdatenspeicherung auch auf „schwere Straftaten“, um so „Wohnungseinbrüche“ aufzuklären. Wobei das eher ein lächerlicher Gegenwert für den Ausverkauf der Bürgerrechte ist.

Pro Einbruch entsteht laut Versicherungswirtschaft 3.000 Euro Schaden. 150.000 Einbrüche zählen Statistiker pro Jahr. In Deutschland gibt es knapp 41 Millionen Wohnungen, jede 270. Wohnung wird somit beim seltenen Ereignis „Wohnungseinbruch“ illegal besucht. Ein Gesamtschaden von relativ lächerlichen 450 Millionen Euro ist das, womit der Ausverkauf der Bürgerrechte mitbegründet wird. Im Vergleich: Verkehrsunfälle mit rund 30 Milliarden Euro volkswirtschaftlichem Schaden pro Jahr spielen in einer ganz anderen Liga.

VDS-Kosten

Schließlich kommt die VDS nicht umsonst. Sie kostet laut Bitkom „einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag“. Die Telekoms werden das selbstverständlich auf Telefon- und Internetgebühren umlegen.

Und: Jeder kann selbst etwas tun. In weit über der Hälfte werden Türen und Fenster mit einfachsten Mitteln geknackt. Nur bei jedem achten Einbruch kann der Täter ermittelt werden. Die erschwingliche Hausratversicherung und bessere Tür- und Fensterbeschläge sind eher das, was hilft, keine freaky „Vorratsdaten“, die ja dann auch nicht die Aufklärung auf 100 Prozent verbessern können.

Dagegen? HIER Campact Aktion: https://www.campact.de/vorrat/appell2…

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