Kompass – Zeitung für Piraten

Interview mit Raoul Schramm, frischgebackener PIRATEN-Vorsitzender in Brandenburg

Foto: Twitter-ProfilbildDie PIRATEN Brandenburg wählten ihren Vorstand neu. Mit Raoul Schramm steht nun ein 20-jähriger Informatikstudent an der Spitze im Landesverband. In Kleinmachnow, einer wirtschaftlich starken mehr als 20.000 Einwohner zählenden Gemeinde aus dem Speckgürtel um Berlin, ist Raoul Schramm Gemeindevertreter.

Das Interview

KOMPASS: In diesen Tagen sind ja wieder viele Netz- und Sicherheitsthemen in den Schlagzeilen. Wie kommt das bei dir als Gemeindevertreter und PIRATEN-Politiker an?

Raoul Schramm: Der Themenbereich rund um das Internet wird in Zukunft eine weitaus wichtigere Rolle spielen, als es heute noch der Fall ist. Das sieht man aktuell am Bundestags-Hack oder auch an der anhaltenen Debatte um die Vorratsdatenspeicherung. Hier sehe ich ein großes Potential für uns Piraten, weil wir da gut ansetzen können und man uns in diesem Bereich weitreichende Kompetenz zuspricht.

Wie läuft das dann in der Gemeindevertretung mit Digitalthemen?

Das betrifft uns sehr. Wir bringen als Piraten die Themen in die Gemeindevertretung, wir können es zum Thema machen.

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Stadt, Land, Seenplatte: um Berlin herum der „Speckgürtel“ inklusive Landeshauptstadt Potsdam und Highspeed-Netz für 4,4 Millionen Einwohner.

Habt ihr denn Freifunk angedacht?

Wir haben in Kleinmachnow ein öffentliches WLAN-Netz umgesetzt, allerdings kein Freifunk, sowie einen PGP-Schlüsselaustausch. Wir überlegen, dazu eine Cryptoparty zu machen, wenn PGP vollständig umgesetzt ist.

Und die Basisarbeit im Landesverband?

Aktuell ist da noch Potential nach oben. Die Themenarbeit stagnierte zuletzt, der organisatorische Aufbau hat gelitten. Ich sehe es als meine Aufgabe, die organisatorischen Strukturen zu verbessern und wieder leistungsfähiger zu machen.

Wir hatten letztes Jahr Landtagswahlen und fangen jetzt an, uns auf die Bundestagswahl 2017 vorzubereiten. Es ist so etwas wie ein Neuanfang. Dadurch, dass tiefgreifende Anpassungen notwendig sind, wird uns diese lange Vorlaufzeit helfen.

In Brandenburg gibt es aktuell viele Themen. Direkte Demokratie, Strukturreform, ländliche Versorgung durch Ärzte, Netzausbau. 

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Zur Strukturreform: die bestehenden Landkreise sollen aufgelöst werden und fusionieren. Kommunen und Gemeinden werden sich mit anderen Gemeinden zusammenschließen müssen, ihre Selbständigkeit verlieren. Das nächste Rathaus kann so 20 bis 30 Kilometer weit weg sein.

Die Selbstverwaltung wird eingeschränkt und die lokale Identität geht ein Stück weit verloren. Die Verwaltung des Landtages sollte genau schauen, wo eine Fusion Sinn macht.

Behördengänge per Internet sind in Brandenburg sehr schwierig, denn wir haben viele weiße Flecken im Breitbandatlas. Besonders im ländlichen Raum ist das Internet schwach ausgebaut, es gibt insgesamt ein sehr starkes Gefälle zum Berliner Umland.

Die nächsten Wahlen kommen bestimmt …

Aktuell sieht es so aus, dass Brandenburg organisatorische Unterstützung zur Berlinwahl im kommenden Jahr geben wird. In Berlin wird gerade geklärt, ob es eine Piratenliste oder eine offene Liste gibt. Wir werden unser Engagement davon abhängig machen, dass es eine Piratenliste gibt. Die PIRATEN stehen in Berlin bei 5 Prozent. Durch eine offene Liste verliert man das klare Selbstbild, das gerade erst durch die Arbeit im Abgeordnetenhaus aufgebaut wurde.

Auch noch "Metropolregion", aber etwas menschenleerer. In der Uckermark im Nordosten hat es 120.000 Einwohner auf über 250 Seen.
Auch noch „Metropolregion“, aber sehr menschenleer. In der Uckermark im Nordosten hat es 120.000 Einwohner auf über 250 Seen und eher wenig Internet.

Wie schaut es bei der Mitgliederentwicklung aus?

Bei den Mitgliedern wurden zuletzt die „Karteileichen“ bereinigt. Da gibt es erstmal ein großes Minus. Aber wenn man das mal ausklammert, gehe ich zukünftig wieder von einem leichten Plus aus.

Und wo, meinst du, stehen die PIRATEN in zwei bis drei Jahren?

In die Zukunft zu schauen, hat immer was von Hellseherei. Ich erkenne einen leichten Aufwärtstrend und denke, dass wir stärker dastehen werden. Den richtigen Weg hierfür sehe ich in einer Schärfung unseres Profils im Bereich der Kernthemen, direkte Demokratie und Netz. Dadurch werden wir auch ein klares Plus an Prozenten erreichen.

Vielen Dank für das Interview!
Das Gespräch führte Stefan Müller

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