Kompass – Zeitung für Piraten

Gerichtshof mit Zukunftspotential?

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Hinter diesen Mauern begann vor 70 Jahren die juristische Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen – Foto: Dave_B_Creative Commons Attribution License

Vor 70 Jahren, am 20. November 2015 starteten die Nürnberger Prozesse mit dem internationalen Hauptkriegsverbrecherprozess. Er richtete sich gegen noch lebende Nazi-Größen wie Hermann Göring, Rudolf Hess und an verbrecherische Organisationen an sich wie die Reichsregierung, das Führerkorps der Nazipartei NSDAP, SS und SD, SA, Gestapo sowie Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht. Dazu gab später es die sogenannten Nachfolgeprozesse, diese wurden nicht international, sondern vor US-Militärgerichten verhandelt. Zum Jahrestag ein Beitrag von Heiner Otte:

Die „braunen Machthaber“, nachdem sie mit ihrem Hegemonialanspruch scheiterten, zur Verantwortung zu ziehen, das kann man nicht ernsthaft beanstanden.

In Nürnberg, der Stadt ihrer protzigen Parteitage und Aufmärsche: hier sah man seitens der Sieger einen Platz, der auch Demütigung signalisieren sollte. Was kann man 70 Jahre später dazu sagen? Viele Menschen im Lande meinen eher beiläufig, dass es gut war, zwar Siegerjustiz, aber diese „Obernazis“ hatten ihren Richter verdient.

Offenbar ist Recht zu sprechen, ohne das Ansehen der Personen, denen man gerecht werden sollte, kein aus den Nürnberger Prozessen entwickeltes internationales Vorgehen geworden. Wie sonst könnte es noch immer und jederzeit brutale kriegerische Konflikte geben, menschenverachtende Verbrechen geschehen, ohne dass sich dafür die verantwortlichen „regierungsamtlichen Verbrecher“ einem Richter zu stellen haben, sich erklären müssen vor den Menschen.

Hegemon zu werden, das war und ist nicht nur eine Wunschvorstellung deutscher Nazis, das findet man auch dort, wo die militärischen Ressourcen einen Weg dahin gangbar erscheinen lassen, etwa in den USA. Eine Rückblende zur McCarthy–Ära der USA zeigt auf, da muss ein Weg beschritten werden, der die Bürgerrechte reduziert und den Menschen Gewalt androht, die nicht mitgehen.

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Kommunistenjäger Joseph McCarthy … – Foto/Kolorierung: DonkeyHotey Creative Commons Attribution License

Die Entwicklung der USA seit der 9/11-Ereignisse zeigt eine sukzessive Hinwendung der USA in solch „rechtsfaschistoide Strukturen“.

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… und welche Aktivitäten er verfolgte. — Foto: Serena Washington Creative Commons Attribution-NoDerivs License

Wir haben heute, im Jahr 2015, bereits ein so weit rechts entwickeltes Potential innerhalb der Nato und insbesondere der USA, dass man sich schon gar nicht mehr richtig ärgert, wenn man sieht, wie man ausspioniert wird: wie Informanten, etwa Manning, die eine „braune Fratze“ aufzeigen, auf ewige Zeiten in den Kerkern verrotten, oder verfolgt werden, ins Asyl gehen wie Snowden, um leben zu können.

Das sind nicht mehr die USA, die etwa mir als Schulkind vorgestellt wurden, die Freiheit, Demokratie und ein selbstbestimmtes Leben offerierten.

Bei dem, was wir an Verbrechen gesehen haben und dank Internet auch leidlich korrekt interpretieren können, da fragt man sich: warum gibt es sie nicht, die Nachfolger dieser „Kriegsverbrecher–Prozesse“? Arbeit ist genug vorhanden, von Wolfowitz bis Nethanjahu.

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Paul Wolfowitz Foto: openDemocracy Creative Commons Attribution-ShareAlike License

 

LINK:

Muessen der Stadt Nürnberg – Die Nürnberger Prozesse

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