Kompass – Zeitung für Piraten

Vorratsdaten: Am Freitag im Bundesrat

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Der Bundesrat vermittelt am Freitag bei Vorratsdaten. Foto: photosteve101 Creative Commons Attribution License

Die neuen Vorratsdaten durchlaufen die Gesetzgebung. Nach Zustimmung im Bundestag steht das Spitzelgesetz aus dem Merkel-III-Kabinett nun auf der Tagesordnung für den Bundesrat. Die Länderkammer muss zustimmen. Beobachter erwarten das.

Im Vorfeld einige Aktivitäten: Patrick Breyer von der PIRATEN-Fraktion Schleswig-Holstein will, dass sein Land im Bundesrat das VDS-Gesetz in den Vermittlungsausschuss schickt. Sein Antrag dazu wurde heute, am 4. November, im Landtag angenommen. Aus dem Text:

Patrick Breyer - CC-BY SA - BLOG
Patrick Breyer – CC-BY SA – BLOG

Der Landtag wolle beschließen: Die Landesregierung wird gebeten, wegen des Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (BR Drucksache 492/15) im Bundesrat einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses zu stellen mit dem Ziel der Aufhebung des Vorschlags. Begründung: Der Landtag lehnt die in dem Gesetz vorgesehene anlass- und verdachtslose Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten als unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte praktisch der gesamten Bevölkerung ab. Er hat die Landesregierung bereits aufgefordert, „alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um die Einführung einer anlass- und verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung auf Bundesebene zu verhindern“ (Drs. 18/2836).

Es steht gegenwärtig in der Macht der Landesregierung, im Bundesrat die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu beantragen mit dem Ziel der Aufhebung des Vorschlags. Da sich der Bundesrat am 06.11.2015 mit dem Gesetz befassen soll, ist die Sache eilbedürftig. Nach § 7 Abs. 3 des Parlamentsinformationsgesetzes berücksichtigt die Landesregierung in diesem Fall auch eine vorläufige Stellungnahme des federführenden Ausschusses.

Auch das Bundesland Thüringen will die VDS nicht im Bundesrat durchwinken, so Breyer auf seinem Blog. So werde das links/links/grün regierte Thüringen im Bundesrat voraussichtlich einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses stellen. Der soll das Vorratsgesetz “generell überarbeiten”.

Der Vermittlungsausschuß wird tätig, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze im Bundesrat keine Mehrheit finden. Dann schaffen die 16 nach Parteiproporz bestimmten Mitglieder einen Kompromiss – oder auch nicht. Weichen Beschlüsse des Vermittlungsausschusses vom alten Beschluss des Bundestages ab, wird erneut im Bundestag abgestimmt.

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Für die Vorratsdaten starkgemacht hat sich SPD-Chef Sigmar Gabriel und dies vor einem kleinen Parteitag im Juni 2015 mit seinem Rücktritt verknüpft. In der Folge stimmten die Sozialdemokraten wiederwillig zu, wie üblich „mit Bauchschmerzen“, aber eben doch.

Die Piratenpartei plant eine Unterschriften- und Briefaktion zur Vorratsdatenspeicherung. Das sagte der Bundesvorsitzende Stefan Körner am Montag auf einer Online-Parteiveranstaltung.

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In Großbritannien, ein Noch-EU-Land, wird derweil die mehr-oder-weniger Full-Take-Vorratsdatenspeicherung eingeführt. Anders als bei der deutschen Neuauflage geht es nicht nur um Verbindungen, sondern um erweiterte Kommunikationsinhalte.

Der Standard erklärt das so: Anbieter werden dem neuen Gesetz nach gezwungen, den Geheimdiensten Zugang zu den Daten von Computern und Smartphones zu verschaffen,  Internetfirmen müssten die aufgerufenen Websites jedes Bürgers bis zu ein Jahr lang speichern, nicht aber alle angeschauten Unterseiten.

Zu den britischen Vorratsdaten gehören auch Suchbegriffe, die in Suchmaschinen eingegeben werden. Die einzig sichere Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wird auf der Insel ebenfalls verboten, ein herber Rückschritt für die digitalen Bürgerrechte.