Twitter-Hashtag: #freeVaxevanis
Der Athener Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen den Verleger Costas Vaxevanis erlassen. Sein Vergehen: Er veröffentlichte eine Liste korrupter griechischer Politiker und Eliten, die Christine Lagarde bereits vor Jahren an den griechischen Staat weitergeleitet hatte – ohne dass dieser etwas unternommen hätte.
Avaaz-Petition zur Freilassung von Kostas Vaxevanis
Dies ist die deutsche Übersetzung eines englischsprachigen Artikels auf greekreporter.com.
Ein streng gehütetes Geheimnis der griechischen Regierung wurde von einem griechischen Enthüllungsjournalisten geleaked und umgehend im Internet weiter verbreitet. Es geht um die Namen von 1.991 Menschen, die Einlagen in Höhe von insgesamt 1,95 Milliarden Dollar nach Genf zur HSBC-Bank in die Schweiz überwiesen haben. Auf der Liste stehen mehrere Politiker, ein Berater von Ministerpräsident Antonis Samaras, bekannte Geschäftsleute, Journalisten, Ärzte, Rechtsanwälte und Ingenieure, Schauspieler und Beamte, einige davon aus dem Finanzministerium.
Die Liste enthält zudem die Namen dreier früherer Minister, von denen einer vor kurzem verstorben ist. Auch drei Unternehmer, deren Unternehmen kürzlich pleite gingen, sind vertreten. Aber ebenso Studenten im Ausland, Pensionäre und Hausfrauen.
Die Liste soll ursprünglich von der früheren französischen Finanzministerin Christine Lagarde, die jetzt mit dem Internationalen Währungsfonds ein Mitglied der Kreditgeber-Troika leitet, an den früheren griechischen Finanzminister George Papaconstantinou übergeben worden sein. Der wiederum behauptete, er habe sie verloren.
Sein Nachfolger Evangelos Venizelos, derzeit Parteichef der Sozialisten von der PASOK, war schnell mit einer Kopie bei der Hand, die er angeblich auf einem Memorystick hatte, und leitete eine Untersuchung ein, ob jemand auf der Liste Steuern hinterzogen hatte. Es ist Griechen nicht per se verboten, Konten in anderen Ländern zu unterhalten, so lange die Gelder ordnungsgemäß angegeben und die Gelder korrekt versteuert wurden.
Die griechischen Behörden haben nicht bestätigt, dass die am 27. Oktober im Wochenmagazin Hot Doc vom Journalisten Costas Vaxevanis abgedruckten Namen von der Lagarde-Liste stammten. Diese war Griechenland 2010 als Teil einer umfangreicheren „Steuer-CD“ mit von der Bank gestohlenen Unterlagen übergeben worden. Mit dieser Begründung verweigerte Venizelos weitergehende Maßnahmen. Lagarde hingegen wies darauf hin, dass andere Länder, die darauf Namen ihrer Bürger gefunden hatten, Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung eingeleitet hätten.
Weder Papaconstantinou noch Venizelos hatten durchblicken lassen, dass sich Politiker auf der Liste befanden. Offenbar war es der Regierung darum zu tun, deren Namen geheim zu halten, als Samaras sein Paket aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen in Höhe von 17,45 Milliarden Dollar schnürte, während Steuersünder, die dem Land lockere 70 Milliarden Dollar schulden, bislang von der verheerenden griechischen Wirtschaftskrise kaum betroffen sind. Besagter Haushaltsplan umfasst weitere Lohn- und Gehaltskürzungen, Steuererhöhungen für Arbeiter und sozial Benachteiligte sowie Rentenkürzungen, während die griechischen Politiker, die reiche Elite und die Steuerhinterzieher kaum betroffen sind.
Die peinliche Veröffentlichung kam nur einen Tag nachdem der stellvertretende Staatsanwalt am obersten Gerichtshof, Nikos Pantelis, darum ersucht hatte, das Parlament über etwaige Politiker auf der Liste zu informieren. Der frühere Minister Giorgos Voulgarakis von der konservativen Samaras-Partei Nea Demokratia, dessen Name auf der Liste steht, sprach von „Desinformation“ und „Schlammschlacht“ und erklärte per Twitter: „Weder meine Frau noch ich haben irgendwelche ausländischen Unternehmen oder Bankkonten im Ausland.“
BURN AFTER READING
Die Liste enthält nicht nur Griechen, sondern auch Staatsbürger anderer Länder, die anscheinend Geld von griechischen Banken auf HSBC-Konten überwiesen haben. Hot Doc betonte, dass die Menschen auf der Liste nicht als Steuersünder vorverurteilt werden sollten, bis es tatsächlich erwiesen sei, dass sie die Gelder nicht ordnungsgemäß versteuert hätten.
Zugleich hieß es jedoch: „Offenbar passt die Höhe der Einlagen bei einer Vielzahl der Depotinhaber nicht zu deren Einkommen. Dass die meisten dieser Konten geschlossen wurden, sobald die Bank über das Datenleck informierte, lässt tief blicken.“ Vaxevanis schrieb, er habe den Inhalt der Liste auf einem USB-Stick „von jemandem“ erhalten, der HOT DOC schrieb, er oder sie „sei der Auffassung, dass die Liste seit zwei Jahren zu politischen und wirtschaftlichen Zwecken missbraucht werde.“
Die HSBC-Daten waren 2007 von dem früheren Angestellten der Bank Herve Falciani entwendet worden. Während Länder wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland daraufhin gegen die Steuersünder ermittelten, schob man die Daten in Griechenland so lange hin und her, bis sie – laut Papaconstantinou – verloren gegangen waren. Das schob er dann auf seine Untergeben. Offensichtlich wollte kein Politiker sich die Finger an den Daten verbrennen.
Es gab zunächst keine Reaktion von Seiten der Regierung. Diese arbeitet derzeit mit Hochdruck am neuen Sparpaket, das sie noch vor dem nächsten Treffen der EU-Finanzminister am 14. November durch das Parlament winken will, um von der Ministerkonferenz die nächste Kredit-Tranche in Höhe von 38,8 Milliarden Dollar loszueisen.
Auf der Webseite von Hot Doc stand zu lesen: „Unsere Recherchen haben ergeben, dass es sich um eine Liste von Griechen handelt, die bis zu dem Datenleck 2007 Konten bei HSBC unterhielten. Also ist die Liste identisch mit der Lagarde-Liste. Wir können allerdings nicht nachprüfen, ob es sich um das original der Liste handelt, die damals an Papaconstantinou gegangen war, oder um einer spätere Fassung, von der womöglich Namen gestrichen wurden, um Beweismittel zu vernichten.“
Bis heute hat einer der Journalisten abgestritten, ein Konto im Ausland zu unterhalten, während ein bekannter Rechtsanwalt erklärte, er und seine Familie hätten Ende der 80-er Jahre Geld in die Schweiz überwiesen, um die Kosten eines medizinischen Eingriffs bei einem Familienmitglied zu begleichen. Ein weiterer Journalist bestritt, zur fraglichen Zeit Geld im Ausland gehabt zu haben, und ein früherer Minister von der Partei Nea Demokratia und seine Frau wiesen jede Verbindung mit der Liste zurück. Auf der Hot-Doc-Liste fehlten die konkreten, von den betreffenden Personen ins Ausland überwiesenen Beträge, während diese Information auf dem Original der Liste enthalten gewesen sein soll.
http://pressfreedotnet.blogspot.de/2012/10/herr-s-haftbefehl.html
http://rt.com/news/greece-officials-swiss-accounts-journalist-warrant-407/
http://bazonline.ch/wirtschaft/agenturen-ticker/Haftbefehl-gegen-griechischen-Chefredaktor-wegen-Veroeffentlichung-von-Liste-mit-Schweizer-Konten/story/20294670
Schaut mal, sogar Springer berichtet:
http://www.welt.de/newsticker/news2/article110321473/Griechische-Polizei-fahndet-nach-Herausgeber-von-Kontoinhaber-Liste.html
Selbst in Neuseeland…
http://tvnz.co.nz/world-news/greek-editor-s-arrest-sought-after-swiss-bank-account-list-published-5167060
und endlich:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-polizei-nimmt-journalisten-wegen-steuersuenderliste-fest-a-863877.html