Kompass – Zeitung für Piraten

KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2014.2: Stephanie Schmiedke

Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2014

Stephanie Schmiedke Generalsekretärin der Piratenpartei
Stephanie Schmiedke Generalsekretärin der Piratenpartei

Kandidateninterviews

KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2014.2:

KOMPASS:  

Ende November 2013 fand auf dem Bundesparteitag in Bremen die Wahl des aktuellen Bundesvorstandes statt. 

Der Wahl folgten in kurzen Abständen, verschiedene innerparteiliche Verwerfungen, hervorgerufen durch #Flaggenstreit, #Bombergate, #Orgastreik, sowie der daraus resultierende „Flügelstreit“ der „linken“ und der „sozial-liberalen“ Piraten. 

Aufgrund der erfolgten Eskalation, traten am 16-03-2014, dem Abend der bayerischen Kommunalwahl, der politische Geschäftsführer Björn Semrau, Generalsekretärin Stefanie Schmiedke und Schatzmeister Stefan Bartels zurück. 

Ihr Rücktritt hinterlässt einen amtierenden, handlungsunfähigen Bundesvorstand.

Das führt zur Notwendigkeit eines außerordentlichen Bundesparteitages (aBPT), mit dem alleinigen Ziel, einen neuen Bundesvorstand (BuVo) zu wählen.  

Mit dieser Interviewserie möchte die KOMPASS-Redaktion allen wahlberechtigten Piraten die Möglichkeit geben, ihre BuVo-Kandidaten vorher genau kennen zu lernen. 

Da sich in den Entwicklungen der letzten Monate gezeigt hat, dass es in der Piratenpartei keine „prinzipiell“ unpolitischen Bundesvorstands-Ämter gibt, bekommen alle Kandidaten die gleichen Fragen gestellt, egal für welchen Posten sie sich bewerben.

 

KOMPASS:

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

33 Jahre, Kerpen (NRW), staatl. Gepr. Betriebswirtin.

Pirat. Trekkie. Gamer. 

 

KOMPASS:     Kommen wir nun zum Fragenkatalog:

 

1) Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Generalsekretär.

 

2) Aus welchem Grund kandidierst Du?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich bringe das was ich begonnen habe gern zu Ende. Im Rahmen des Rücktritts hat man mir Verantwortungslosigkeit vorgeworfen. Ich bin zurückgetreten gerade weil ich Verantwortung für diese Partei übernommen habe. Das möchte ich auch weiterhin tun.

 

3) Was sind Deine politischen Ziele?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Mir geht es weniger darum einzelne Themen voranzutreiben, sondern vielmehr das Gesamtpaket zu verkaufen.

Ich möchte in den Menschen ganz allgemein das Bewusstsein für die Probleme unserer Zeit wecken und für das Gesellschaftsbild der PIRATEN werben.

Wem nicht klar ist, warum verdachtsunabhängige Massenüberwachung schlecht ist, oder weshalb Leistungskürzungen bei ALG II Empfängern ein Unding sind, der wird sicherlich keinen Bedarf für eine Partei wie die unsere sehen. 

 

4) Welche Eigenschaften machen Dich zum geeignetsten Kandidaten für den Vorstand?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich kann strukturiert denken, lösungsorientiert arbeiten und bin relativ trollresistent. Ich versuche stets das große Ganze im Blick zu haben, wenn es darum geht Entscheidungen zu treffen und nicht nur bis zum eigenen Tellerrand zu sehen. Das bedeutet auch, dass ich mich in Dinge einarbeite und mir entsprechende Entscheidungsgrundlagen erarbeite.

 

5) Hast Du Erfahrung in Menschenführung? Hast Du bereits Menschen angestellt, beauftragt oder entlassen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Klares NEIN. Ich habe Erfahrung wenn es darum geht Bewerbungen zu sichten und Bewerber auszuwählen. Mit Einstellungen und Kündigungen hatte ich bisher nicht zu tun.

 

6) Mit wem besprichst Du Dich, und wer gibt Dir Ratschläge in politischen und organisatorischen Fragen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Mein Hauptgesprächspartner in dieser Hinsicht ist mein Mann.

Für politisch-Historische Grundbildung musste der @wirkungstreffer schon öfter herhalten. Ansonsten habe ich keinen festen Kreis von „Beratern“ – ich hole mir in der Regel Rat und Information bei Menschen die sich im jeweiligen Bereich auskennen.

Grundsätzlich hilft aber auch immer ein Abend in Mumble oder Twitter um mal ein allgemeines Stimmungsbild außerhalb der eigenen Bubble einzuholen.

 

7) Kannst Du privates und Amtsbezogenes trennen?/  Wärst Du in der Lage auch Freunden eine Ordnungsmaßnahme zu erteilen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich schätze meine Freunde in der Partei so ein, dass sie:

 

a) eher keinen Mist bauen, bzw.

b) für ihren Mist gradestehen. Insofern hätte ich kein Problem mit einer OM.

 

8) Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Sekor ist mein 1V und Stefan mein Schatzmeister. Für die Ämter dazwischen haben wir einige Kandidaten am Start mit denen ich durchaus gerne zusammenarbeiten würde.

 

9) Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Mir wäre es wichtig, dass jede Position einen Stellvertreter hat. Das wäre dann ein Minimum von 8 Personen.

Idealerweise sollte jede Position aus meiner Sicht 2 Stellvertreter haben. Da müsste man aber ein praktikables Abstimmungsprozedere einführen.

 

10) Siehst Du den BuVo als ein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Vorsitzende und pol. GFs müssen politisch sein. Da haben sie gar keine andere Wahl.

Eine politische Partei nach Außen hin zu vertreten und dabei nicht politisch zu sein, geht einfach nicht.

Aber auch die Aufgaben von Schatzmeister & GenSek sind durchaus auch politischer Natur, wirken aber mehr in die Partei hinein. Die Frage etwa ob man PayPal als Zahlungsmittel einsetzen möchte, oder wie man mit Zwischenfällen wie „Orgastreik“ umgeht.

 

11) Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Bei der Bezahlung von Vorständen sehe ich zwei Probleme die wir vorher lösen müssten:

 

1) Finanzierung. Woher kommt das Geld und wie viel sind uns unsere Vorstände wert?

2) Aufgabenbeschreibung. Was muss ein bezahlter Vorstand tun und wer kontrolliert, ob die Leistung entsprechend erbracht wird?

Als häufiges Argument gegen bezahlte Vorstände höre ich oft, dass die Betroffenen nicht wegen einem Jahr Vorstandsarbeit ihren Job an den Nagel hängen möchten. Das könnte man ausgleichen, in dem wir die Vorstände länger als ein Jahr im Amt lassen.

Ich denke, unsere momentane Lösung ALG II Empfängern ein Gehalt zu zahlen, damit sie unabhängig von staatlichen Sanktionen sind, ist ein guter Weg. Ob das in der Praxis etwas taugt sehen wir dann, wenn jemand von dieser Möglichkeit gebrauch macht.

 

12) Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE: 

Ich war ja letztens schon mal für ein paar Monate GenSek.

Ansonsten nur auf kommunaler Ebene,

 

13) Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Siehe 12)

 

14) Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in einer anderen Partei gewesen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Nein.

 

15) Bist Du aktives Mitglied, oder Sympathisant von außerparlamentarischen Gruppen, oder NGOs?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Nein.

 

16) Wie verortest Du Dich politisch? / Welchem Flügel der Piratenpartei fühlst Du Dich zugehörig?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Eigentlich halte ich es ja mit dem alten Piratensprichwort:

„Weder rechts noch links sondern voraus oder darüber“.

Zumindest innerparteilich sollten wir da nochmal drüber nachdenken.

Ich sehe aber die Notwendigkeit , dass wir für die Außenwahrnehmung ein „Label“ benötigen, mit dem der Durchschnittsbürger etwas anfangen kann. Mit der Einordnung „sozialliberal“ kann ich da sehr gut leben.

 

17) Inwiefern würdest Du einen Einfluss nicht rechtsstaatlicher, und nicht gewaltfreier Gruppen, auf die Piratenpartei verhindern, obwohl Du eventuell mit ihren Zielen sympathisierst?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich bin da durchaus bereit und willens klare Ansagen zu machen. Das habe ich mit meinem Rücktritt bereits bewiesen.

 

18) Inwieweit kann die Piratenpartei verlangen, dass ihre Kandidaten, Amts-, oder Mandatsträger-, persönliche politische Ansichten oder Aktionen, die nicht dem allgemeinen Piratenkonsens entsprechen, unterlassen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ansichten haben darf grundsätzlich jeder. Wir können auch niemandem ein „Privatvergnügen“ verbieten. Ich erwarte aber, dass gerade Personen in exponierter Position genau darüber nachdenken, welche Konsequenzen ihr Handeln für die Partei hat. Sie sollten gegebenenfalls ihre Aktion klar von der Partei abgrenzen und zu dem was sie tun stehen. Stichwort: „Piratiges Mandat“.

 

19) Wie sollte der BuVo auf eine innerparteiliche Krise reagieren?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Das Wichtigste wäre wohl, sich einer Krise bewusst zu sein, damit man überhaupt darauf reagieren kann.

 

20) Wie kannst Du als Bundesvorstand, zur Verbesserung der allgemeinen Streitkultur der Piraten beitragen, damit es nicht zu Beleidigungsexzessen unterschiedlicher Strömungen kommt, und eine gemeinsame Arbeit, trotz verschiedener Ansichten möglich bleibt?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich kann niemandem den Mund verbieten. Es widerstrebt mir aber auch Strafmaßnahmen „en masse“ in Form von Ordnungsmaßnahmen in die Partei hinein zu spammen, oder Creeper Cards zu verteilen, sofern es sich „nur“ um das übliche Twitterniveau handelt. 

Wenn es um Dinge wie Drohungen, psychische oder physische Gewalt geht, dann müssen wir das ganz klar aufzeigen, sanktionieren und auch offen darüber sprechen. Das funktioniert aber nur, wenn sich die Opfer auch zu Wort melden oder um Hilfe bitten.

 

21) Wie stehst Du zu Quotierungen bei Ämterbesetzungen?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Davon halte ich nichts. Wer entscheidet denn, wer die meistdiskriminierte bzw. meist fördernswerteste Gruppe innerhalb der Piratenpartei ist? Christen? Übergewichtige? Behinderte?

 

22) Wie stellst Du Dir diese quantitativ vor?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Siehe 21)

 

23) Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Als Mitglied des Bundesvorstands jederzeit für jeden Piraten ansprechbar zu sein ist ein tolles Ideal, in der Praxis aber nicht immer umzusetzen.

Die Vorstandssitzungen in Mumble, und das Vorstandsportal sind wichtige Grundpfeiler wenn es darum geht mit der Basis zu kommunizieren.  In Zukunft möchte ich gerne, dass der Vorstand schnell & unkompliziert Meinungsbilder zu wichtigen Themen einholen kann.  Da haben wir ja schon Tools, mit denen das möglich ist.

 

24) Was sind SMV, BEO und Liquid Feedback für Dich?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Wichtige Experimente, aus denen wir lernen können. Das setzt aber voraus, dass wir diese Tools auch breit einsetzen, testen und reflektieren.

Irgendwann müssen wir uns auf ein Konzept einigen und aufhören uns auf jedem Gebiet zu diversifizieren.

 

25) Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Die Erfahrung zeigt, dass GenSeks da eher weniger gefragt sind. Das ist für mich ok.

 

26) Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Nicht wirklich.

 

27) Bist Du für zentrale, oder dezentrale Organisationseinheiten (Medienvielfalt), in der Öffentlichkeitsarbeit der Piraten?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ob zentral oder dezentral ist mir ziemlich egal, solange die Pressearbeit reibungslos und unkompliziert funktioniert. Mit dem neuen Pressetool, welches wir Anfang des Jahres eingeführt haben, ergeben sich da bestimmt interessante Ansatzpunkte, wie zum Beispiel eine zentrale Datenbank für alle Pressekontakte oder bessere Übersicht über die Kampagnen.

 

28) Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Unser Markenkern ist meiner Ansicht nach ganz klar Netzpolitik, BGE und Transparenz.

 

29) Welche sind Deine drei wichtigsten politischen Ziele der Piratenpartei?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Siehe 28)

 

30) Die drei  größten Strukturprobleme in der Piratenpartei sind für Dich….

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Wenn wir zwei Probleme lösen können haben wir schon viel geschafft:

 

1) Zu starke Diversifikation. Bei begrenzten Ressourcen verzetteln wir uns ständig.

2) Diskrepanz bei der Interpretation der Begriffe Teilhabe, Meinungsfreiheit und „piratiges Mandat“.

 

31) Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Wir haben gute Themen und viele motivierte Leute. Leider kriegen wir die guten Themen nicht transportiert und die motivierten Leute machen drölfzig verschiedene Dinge, statt wenige gemeinsam.

 

32)Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Halte ich für ein sehr wichtiges Alleinstellungs-Merkmal in unserem Programm.  Das Thema polarisiert und stößt Diskussionen bei den Bürgern an. Das finde ich gut.

 

33)Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?

 

STEPHANIE SCHMIEDKE:

Ich erwarte keine Umfragewunder. Ich würde mich freuen wenn sich die Partei in einem Jahr insgesamt stabilisiert hat, die Finanzen in Ordnung sind und wir wieder voller Zuversicht in die Zukunft sehen können.

 

Interview mit Stephanie Schmiedke zur Kandidatur BuVo 2014.2

Kompass:        Stephanie Schmiedke, vielen Dank für das Gespräch.

 

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