Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU), die Universität der Künste Berlin (UdK) sowie das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) werden bis Herbst 2011 gemeinsam das Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin gründen.
Das neue Institut wird mit gesamt 4.5 Millionen Euro über einen Zeitraum von drei Jahren von Google anschub-finanziert, ist aber in seiner wissenschaftlichen Arbeit und Organisation laut eigener Auskunft unabhängig. 10 Mitarbeiter sind vom Start an dabei.
Mit dem Forschungsschwerpunkt: „Wie verändert das Internet Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft?“ erinnert mich es die Ausrichtung des Berkmann Center for Internet and Society (wikipedia-en).
Industrienahe Institute an deutschen Hochschulen sind in anderen Branchen, etwa Maschinenbau und Automotive, gelebte Praxis. An der RWTH Aachen beispielsweise werden Maschinen-Prototypen in Hochsicherheits-Geheimlabors entwickelt.
Diese vier Schwerpunkte hat das neue Internet-Institut:
Jeanette Hoffmann (WZB): Institutionen des Internets (Internet Governance and Policy)
Der Forschungsbereich Internet Policy/ Internet Governance beschäftigt sich mit der Regelsetzung im Internet aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive. Wichtig für die Untersuchung von Policies sind, laut IFG, alle Akteure und Handlungsweisen, die auf die technische, rechtliche und soziale Verfasstheit des Internet Einfluss nehmen.
Ein wichtiges Ziel des Forschungsbereichs besteht darin, Entwicklungs- und Handlungsoptionen zu ermitteln und sie im mitsamt Vor- und Nachteilen vorzustellen. Diskussionen um strittige Themen wie etwa den Umfang des Datenschutz oder des Urheberrechts sollen auf diese Weise versachlicht werden.
Ingolf Pernice (HU): Rechtsphilosophie und Verfassungsrecht
Veränderungen, die das Internet im globalen Maßstab für das persönliche Leben der Menschen, für die Kultur, die Industrie, die Märkte und für die Gesellschaft insgesamt, aber auch für die Politik mit sich bringt, sind kaum absehbar und noch wenig erforscht, umreißt Prof. Pernice seinen Themenbereich. Spannend: das Internet bietet Perspektiven nicht nur für einen effektiveren Schutz der Menschenrechte, sondern als „öffentlicher Raum“ auch eine Globalisierung des politischen Diskurses und die Entwicklung demokratischer Strukturen.
Thomas Schildhauer (UdK)Internetbasierte Innovationen und Ökonomie
Das Internet ist nicht nur selbst eine Innovation, es bietet auch neue Wege, Probleme zu lösen und so weitere Innovationen zu schaffen. Die Netznutzung ändert Erwartungen. Dabei will Prof. Schildhauer erforschen, wie das Internet für Innovationen sorgt, wie es neue Geschäftsmodelle möglich macht, oder wie es neue Formen der Zusammenarbeit schafft. Er freut sich auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit: eine der wichtigsten Fragen wird sein, wie mit geistigen Eigentumsrechten und Persönlichkeitsrechten der Individuen künftig umgegangen wird.
Wolfgang Schulz (HBI): Medienrecht (Media Governance)
Internetbasierte Kommunikation hat die Strukturen der Öffentlichkeit grundlegend verändert. Während man früher auf der einen Seite das Private und auf der anderen die durch die Massenmedien konstruierte Öffentlichkeit sah, sind nun dazwischen viele Bereiche „privater Öffentlichkeiten“ getreten, z.B. in Form sozialer Netzwerke. So stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen, etwa die ganz grundlegende nach Auswirkungen derartiger Entwicklungen für Selbstverständigung der Gesellschaft und demokratische Prozesse. Hier ergeben sich für Prof. Schulz viele interessante Fragestellungen.
Um die Unabhängigkeit des Instituts sicher zu stellen, existieren von Anfang an zwei Gesellschaften: Eine Fördergesellschaft gewährleistet die Finanzierung des Instituts, das unabhängige Institut als Forschungsgesellschaft bestimmt die Inhalte und Ziele. Ein wissenschaftlicher Beirat wird die Forschungsarbeit des Instituts kritisch begleiten.
Google wird in den ersten drei Jahren insgesamt 4,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Weitere Kooperationspartner und finanzielle Förderer sollen hinzustoßen.
Das neue Institut soll als An-Institut der Humboldt-Universität (also als rechtlich eigenständige Einheit, ohne Teil der Uni zu sein) gegründet werden und in den Räumen der dortigen juristischen Fakultät residieren. Offizieller Start ist für Ende Oktober 2011 terminiert.
Zum Start der Forschungsarbeit gibts ein internationales Symposium in Berlin.
(mit Material aus der Instituts-Pressemeldung und -Website)
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