Kompass – Zeitung für Piraten

#MTM11 Geistiges-Enteigner-Treffen auf den Medientagen München

So langsam klingt auch im Printland Deutschland das schöne Medienleben aus … mit dicken zweistelligen Gewinnrenditen, Lokalmonopol und fetten Anzeigenteilen ist es nachhaltig vorbei. Denn bis auf wenige Ausnahmen sinken Auflagen und Reichweiten von Zeitungen, Magazinen und Fachtiteln. Die Leser sind im Netz.

Auf den Medientagen München treffen sich die Meinungsmacher und fordern wieder einmal ihr egoistisches Sonderrecht „Leistungsschutz“ speziell für traditionelle Presseverlage.

Bei der künftigen Refinanzierung ihrer Online-Angebote spielen Bezahlinhalte offenbar nur noch eine untergeordnete Rolle. Dies sagte Philipp Welte, Vorstand bei Hubert Burda Media, „Ich glaube wenig an Paid-Content-Phantasien. Es ist fast unmöglich, Menschen für die Inhalte im Web zahlen zu lassen“. – „Es wird ein großes Puzzle, wie wir künftig Medien finanzieren“, so Stefan Plöchinger, Chefredakteur von sueddeutsche.de. Der überwiegend werbefinanzierte Online-Auftritt der Süddeutschen Zeitung meldete auf den Medientagen den Sprung in die Gewinnzone.

„Unser Online-Produkt ist heute viel schlechter als die Zeitung“, so Dr. Peter Hogenkamp, Leiter Digitale Medien bei der NZZ. „Als Digitaler ist man immer noch das Schmuddelkind“. Die Qualität der Online-Inhalte müsse deutlich gesteigert werden. „Wir müssen heute versuchen, rund um die Uhr viel mehr News in Zeitungsqualität zu machen“, so Hogenkamp weiter.

Extra-Rechte

Zugleich erwartet die schwächelnde Branche ein einseitiges Leistungsschutzrecht, das sich gegen alle Internetnutzer richtet und eine neue GEMA-Inkassogesellschaft einführen wird. „Ein solches Gesetz muss es geben, so steht es Koalitionsvertrag“, machte Dr. Rainer Esser, Geschäftsführer des Zeitverlages, deutlich.

Gleichzeitig wird ein relaxteres Pressefusions- und Kartellrecht gefordert, damit Großverlage noch größer werden können. Erfolgreiche ausländische Internetkonzerne wie Google und Facebook sollen dagegen stärker „reguliert“ werden. Eine Strategie, die einer verpeilten Branche immer dann einfällt, wenn sie meilenweit zurückliegt.

Uneinig sind sich die Experten über die künftige Bedeutung von Mobilgeräte-Apps im Rahmen ihrer Digital- Strategien. Während Esser hier beispielsweise größere Chancen sieht, warnt Hogenkamp vor überzogenen Erwartungen: „Die Leute verrennen sich, was das iPad angeht“. An seiner Stelle wäre ich vorsichtig. Apples neuer Zeitungskiosk in iOS 5 wird bereits gut angenommen.

Stattdessen ist weltfremd die Rede von „digitalen Kiosken“ auf der Straße, wo Mensch sich PDFs (oh je) gegen Bezahlung runterladen soll. Meine Vermutung: die Piraten-Kunstaktion „Kulturtankstelle“ und das Projekt „Deaddrop“ wird sich viel eher auf breiter Front durchsetzen als der PDF-Kiosk.