Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2015
Kandidateninterviews
KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2015:
KOMPASS:
Am Samstag, den 25. Juli und Sonntag, den 26. Juli 2015 findet der Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland in Würzburg statt.
Auf dem Programm stehen die Neuwahlen zum Bundesvorstand, sowie erste Beratungen und Programmschwerpunkte zur Bundestagswahl 2017.
Der KOMPASS möchte nun, wie auch in den letzten Jahren, den Mitgliedern der Piratenpartei, die Kandidaten für den Bundesvorstand vorstellen.
Wir werden allen Vorstandskandidaten die gleichen Fragen stellen, unabhängig davon, für welchen Posten sie kandidieren, da wir davon aus gehen, dass es in der Piratenpartei keine „prinzipiell“ unpolitischen Bundesvorstands-Ämter gibt.
Sie alle kandidieren für die Arbeit in einem gemeinsamen Vorstand, in dem sie, wenn gewählt, eine funktionierende Einheit bilden sollen.
Kristos Thingilouthis:
Mein Name ist Kristos Thingilouthis, ich bin 42 Jahre alt. Seit 2009 bin ich Pirat, seit 2011 habe ich verschiedene Vorstandsämter ausgeübt; erst in meinem Heimat-KV Waldeck-Frankenberg, dann im LV Hessen und aktuell im Bundesvorstand als PolGef.
Fähigkeiten, die man als Politischer Geschäftführer einer Partei benötigt, habe ich bereits in meinem bisherigen Berufsleben entwickeln können. Jetzt will ich die auch für Dinge einsetzen, die mir persönlich am Herzen liegen.
Es bereitet mir Freude, Menschen zu motivieren und ich habe, glaube ich, ein Händchen dafür, Leute zusammenzubringen, die sich gegenseitig in ihrer Arbeit befruchten. Mein Ziel ist, innerhalb der Partei tragfähige Strukturen aufzubauen und am Laufen zu halten und Lösungen für die dabei auftretenden Probleme zu finden.
Auf Grund meiner beruflichen Tätigkeit bin ich weitestgehend frei in meiner Zeiteinteilung und kann so auch kurzfristig auf Anfragen reagieren.
Kommen wir nun zum Fragenkatalog: Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?
Kristos Thingilouthis:
Ich kandidiere für das Amt des Politischen Geschäftsführers.
Aus welchem Grund kandidierst Du?
Kristos Thingilouthis:
Nach dem verpassten Einzug in den Bundestag bin ich bei der letzten Vorstandswahl angetreten, um unsere Kernthemen Freiheit, Transparenz und Datenschutz wieder stärker zu betonen. Das treibt mich auch jetzt an. Dazu möchte ich die begonnene Arbeit an den Partei-Strukturen fortsetzen, die meiner Ansicht nach grundlegend sind für eine erfolgreiche Umsetzung der Piratenideen. Außerdem macht mir das einfach Spaß!
Was sind Deine politischen Ziele?
Kristos Thingilouthis:
Die PIRATEN als starke Kraft in die Parlamente zu bringen. Denn nur so kann der Umbau in einen Überwachungsstaat verhindert und die Wahrung von Grundrechten sichergestellt werden.
Welche Eigenschaften machen Dich zu einem geeigneten Kandidaten für den Vorstand?
Kristos Thingilouthis:
Ich kann konstant engagiert arbeiten, bin konstruktiv, teamfähig und frustrationstolerant – alles Eigenschaften, die es meiner Erfahrung nach braucht, um einen Vorstandsjob gut auszufüllen. Hinzu kommt, wie gesagt, dass ich meine Zeit relativ frei einteilen kann.
Warum sollten die PIRATEN Dich in Würzburg wählen?
Kristos Thingilouthis:
Meine bisherige Arbeit sollte gute Argumente für eine Wiederwahl liefern. Ich habe im vergangenen Jahr noch einmal viel über das politische Geschäft dazugelernt. Im Falle einer Wiederwahl kann ich ohne „Anlernzeit“ die Arbeit des Politischen Geschäftsführers fortsetzen.
Mit wem besprichst Du Dich, und wer gibt Dir Ratschläge in politischen und organisatorischen Fragen?
Kristos Thingilouthis:
Es gibt viele Menschen, die ich nach ihrer Meinung frage, ich habe keinen bestimmten Ratgeber. Auch versuche ich, alle Strömungen in der Partei zu Themen zu erfassen und diesen Input zu berücksichtigen.
Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?
Kristos Thingilouthis:
Ich würde mich freuen, wenn das aktuelle Team wiedergewählt würde.
Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?
Kristos Thingilouthis:
Er sollte aus sieben Personen bestehen.
Siehst Du den BuVo als ein rein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?
Kristos Thingilouthis:
Für mich sind Vorstandsämter politische Ämter. Sicherlich kommt das beim Vorsitzenden und beim Politischen Geschäftsführer, deren Stellenbeschreibung ja bereits die Kommunikation der Inhalte nach Außen beinhaltet, stärker zum Tragen als zum Beispiel beim Schatzmeister oder Generalsekretär.
Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?
Kristos Thingilouthis:
Vorstände zu bezahlen ist nicht nur aufgrund der finanziellen Situation dieser Partei schwierig. Meine Priorität liegt zunächst auf der Bezahlung von Mitarbeiter, die die Infrastruktur aufrecht erhalten.
Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?
Kristos Thingilouthis:
Ja.
Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?
Kristos Thingilouthis:
Politischer Geschäftsführer im Bund
Vorsitzender im Landesverband Hessen
Stellvertretender Vorsitzender im Landesverband Hessen
Stellvertretender Vorsitzender im KV Waldeck-Frankenberg
Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits Mitglied einer anderen Partei gewesen?
Kristos Thingilouthis:
Ja, ich war von 2007 bis 2008 zahlendes Mitglied der FDP.
Bist Du aktives Mitglied oder Sympathisant von außerparlamentarischen Gruppen oder NGOs?
Kristos Thingilouthis:
Ich bin kein aktives Mitglied, aber ich sympathisiere mit dem AK Vorrat, Digital Courage, CCC, Greenpeace, Demokratie Direkt und ATTAC.
Wie verortest Du Dich politisch? / Welchem Flügel der Piratenpartei fühlst Du Dich zugehörig?
Kristos Thingilouthis:
Zunächst bin ich PIRAT, was für mich bedeutet, Teil einer humanistischen, liberalen und sozialen Partei zu sein. Als Amtsinhaber bin ich der Überzeugung, dass ich die Beschlüsse der Parteitage zu vertreten habe.
Wie stehst Du zum Gewaltmonopol des Staates?
Kristos Thingilouthis:
Das Gewaltmonopol des Staates ergibt sich aus der Tatsache, dass wir in einem Rechtsstaat leben. Daher halte ich es für richtig. Es zeigt sich leider jedoch auch, dass mit dieser Gewalt nicht immer verantwortlich umgegangen wird und daher eine bessere Kontrolle der Exekutive, beispielsweise der Polizei, benötigt wird.
Würdest Du persönlich an Aktionen teilnehmen, die dem Parteiprogramm oder dem allgemeinen Piratenkonsens widersprechen?
Kristos Thingilouthis:
Warum sollte ich?
Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?
Kristos Thingilouthis:
Getragen von einer grundlegenden Achtung, die ich in jedem Kontakt voraussetze, und vom Bemühen, einen gemeinsamen Weg zu finden.
Ein gelungenes Beispiel hierfür, ist unsere BuVo-Sprechstunde.
Wie willst Du persönlich die Entwicklung von SMV, BEO und Liquid Feedback fördern?
Kristos Thingilouthis:
Leider ergeben sich immer wieder Zweifel, inwieweit ein solches Tool gegen missbräuchliche Nutzung abgesichert werden kann und ob es unseren Ansprüchen in Bezug auf Datenschutz und Rechtssicherheit genügt.
Ich werde die Umsetzung jedenfalls nach Kräften unterstützen! Ich finde es gut, wenn Piraten mit neuen basisdemokratischen Formen experimentieren.
In Hessen gibt es das virtuelle Meinungsbild, das für uns bisher recht hilfreich war…
Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?
Kristos Thingilouthis:
Es ist wichtig, dass wir PIRATEN geschlossener auftreten. Dazu haben wir auf der letzten Marina ein Konzept vorgestellt, dass die Außendarstellung der Partei auf eine kleinere Gruppe von Repräsentanten konzentriert. Damit schaffen wir eine übersichtlichere Struktur und steigern so die Effizienz der Kommunikation mit den Medien.
Welche Themen sollte die Piratenpartei bis zur Bundestagswahl besetzen?
Kristos Thingilouthis:
Wir müssen die vorhandene Expertise im Bereich unserer Kernthemen besser zur Geltung bringen und die Deutungshoheit darüber zurückerobern.
Diesen Rahmen sollten wir um Themen erweitern, für die in der Partei ausreichende Kompetenz vorhanden ist. Ich denke da zum Beispiel an das Thema Teilhabe oder Energiepolitik.
Welche Themen möchtest Du selbst gegenüber der Öffentlichkeit vertreten?
Kristos Thingilouthis:
Schutz vor Überwachung und ein transparenter Staat sind für mich persönlich wichtige Themen. Im letzten Jahr habe ich regelmäßig die Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses besucht und daraus berichtet. Als Grieche bin ich natürlich auch mit den aktuellen Geschehnissen in Griechenland befasst und habe mich unter diesem Aspekt bereits zur Europapolitik äußert. Diese Themen würde ich auch weiterhin vertreten wollen.
Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?
Kristos Thingilouthis:
Freiheit. Demokratie. Humanismus.
Inwieweit sollte die Piratenpartei sich auch zum Beispiel den sozialen Themen zuwenden? Digitaler Wandel auf dem Arbeitsmarkt kann auch zu Arbeitslosigkeit und sozialen Ängsten führen. Welche Antwort geben wir darauf?
Kristos Thingilouthis:
Ein bedeutendes Thema bei den PIRATEN ist Teilhabe. Unter diesen Begriff fallen letztendlich alle sozialen Themen. Durch die Sicherstellung der Teilhabe Aller am gesellschaftlichen und politischen Leben würden die Ängste vor dem digitalen Wandel als Grund für Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg gegenstandslos und viel positive Energie frei. Wir werden deshalb Konzepte entwickeln, die die Teilhabe Aller ermöglichen.
Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?
Kristos Thingilouthis:
So wie die industrielle Revolution verändert auch die digitale Revolution die Lebens- und Arbeitswelt stark. Wir müssen völlig neue Konzepte entwickeln, um auf diese Veränderungen und die daraus resultierenden Folgen sinnvoll reagieren zu können. Unsere Konzepte müssen sorgfältig ausgearbeitet und tragfähig sein und jedes unserer Vorhaben in diesem Bereich ist auch im europäischen Kontext zu beleuchten.
Der Beschluss, im Bundestag eine Enquete-Kommission zum BGE zu fordern, ist gut. Ich unterstütze ihn. Mit dem Versprechen eines BGE in den Wahlkampf, halte ich Stand heute für verfrüht.
Welche sind Deine drei wichtigsten politischen Ziele der Piratenpartei?
Kristos Thingilouthis:
Mein wichtigstes Ziel ist es, der Gesellschaft die Chancen der Digitalisierung zu vermitteln und gleichzeitig die Gefahren durch eine allumfassende Überwachung abzuwehren. Dann gilt es, der Demokratie neues Leben einzuhauchen und die Entfremdung zwischen Bürgern und Politik rückgängig zu machen. Im Mittelpunkt muss bei all dem der freie Mensch stehen. Dafür streite ich innerhalb und außerhalb der Piratenpartei.
Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?
Kristos Thingilouthis:
Einige von uns haben vielleicht vergessen, welche Kraft in der Piraten-Bewegung steckt. Wir brauchen wieder etwas mehr Selbstbewusstsein, Leichtigkeit und Spaß, dann, können wir diese Gesellschaft verändern!
richtig:
- Wir nehmen uns der Themen der Zukunft an.
- Wir halten trotz aller Mühe, die es uns bereitet, am Ideal der Basisbeteiligung fest.
- Wir betreiben Sachpolitik über Parteigrenzen hinweg.
falsch:
- Wir arbeiten Themen nicht kontinuierlich ab, versäumen es, Ergebnisse zu dokumentieren. Überhaupt fehlt ein funktionierendes Archiv, so dass das Rad immer wieder neu erfunden werden muss.
- Wir stecken zuviel Energie in fruchtlose Selbstbeschäftigung.
Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?
Kristos Thingilouthis:
Strukturell gut aufgestellt, motiviert und bereit für einen arschtretenden Wahlkampf! Klar machen zum Ändern!
Interview mit Kristos Thingilouthis zur Kandidatur BuVo 2015
Kompass: Kristos Thingilouthis, vielen Dank für das Gespräch.
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