Wie schon vermutet, übernimmt jetzt die erste Politikerriege die Aufgabe der Schadensbegrenzung. Nachdem eine reguläre Bundespressekonferenz noch gestern abend eiligst gecancelt wurde, verkündete Bundesjustizminister Maas (SPD) in Berlin nun seine Zweifel an den Ermittlungen des Bundesstaatsanwaltes.
Maas sieht in den Geheimpapier-Veröffentlichungen auf Netzpolitik.org keinen Schaden für die Bundesrepublik. Damit fällt ein wesentlicher Tatbestand in der Landesverrat-Strafnorm.
Generalbundesanwalt Range sagte im Anschluß, dass weitergehende Ermittlungen wie Hausdurchsuchungen oder Festnahmen erst einmal nicht stattfinden. Range machte diese weiteren Schritte vom Ergebnis eines Gutachtens abhängig. Externe Experten sollen für die Staatsanwaltschaft prüfen, ob ein Landesverrat vorliegt oder nicht.
Inzwischen kommen weitere Details zum juristischen Sommerspaß ans Licht. Die ursprüngliche Strafanzeige, so die FAZ, war nicht gegen konkrete Personen gerichtet, sondern gegen „unbekannt“. Ziel des Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen sei in erster Linie, dass die Weitergabe von Geheimdokumenten vereitelt werde. Nur dieses Vorhaben hatte die Billigung der Führung des Bundesinnenministeriums. Auch deshalb sei Innenminister Thomas de Maizière (CDU) von den Plänen nicht informiert worden.
Netzpolitik-Chefblogger Markus Beckedahl zeigte sich so nur halbwegs beruhigt. Bis zu einer offiziellen Einstellung der Ermittlungen gebe es für ihn keinerlei Entwarnung. „Wir sehen das weiterhin als massiven Einschüchterungsversuch, der nicht nur gegen uns, sondern gegen alle kritischen Journalisten und Blogger gerichtet ist, die Licht ins Dunkeln des Überwachungskomplexes bringen wollen.“
Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert die Netzpolitik.org-Verfolgung als „Angriff auf die Pressefreiheit“.
Die Piratenpartei veröffentlichte in den sozialen Netzwerken ein Fahndungsplakat mit den aktuellen Groko-Ministern.
„Erschreckend“, findet der politische Geschäftsführer der PIRATEN, Kristos Thingilouthis, in einem Statement vom heutigen Vormittag, „dass der Generalbundesanwalt offenbar nichts Besseres zu tun hat, als sich von der Regierung und ihren Geheimdiensten instrumentalisieren zu lassen.
Beinahe täglich werden Flüchtlingsheime angezündet; diese Taten haben einen klaren politischen Hintergrund. Die tätlichen Angriffe auf Einrichtungen von Parteien und Vereinen aus denselben Motiven häufen sich. Nicht zuletzt wird die gesamte Bevölkerung allumfassend von Geheimdiensten überwacht.
Hier überall müsste Herr Range ermitteln – aber gerade hier macht er seine Arbeit nicht. Dabei bedrohen diese Vorfälle unsere Gesellschaft. Ein Verfassungsschutzpräsident, der die Verfassung schützen will, indem er die Presse einschüchtert, ist selbst eine Gefahr.“
Bereits am heutigen Freitag fand eine Mahnwache von PIRATEN in Köln statt. Für den morgigen Samstag sind Mahnwachen und Demos in verschiedenen Städten angekündigt, unter anderem in Berlin und Frankfurt.
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