Kompass – Zeitung für Piraten

Leistungsschutzrecht für Presseverlage: EU will neue Lizenz zum Internet-Abkassieren

„Die EU-Kommission macht aus der europäischen Urheberrechtsreform ein neues ACTA“. Das schreibt PIRATEN-Europaabgeordnete Julia Reda in einer aktuellen Analyse zum neuen europäischen Leistungsschutzrecht der Presseverlage.

In diesen Tagen sind die neuesten Gedanken der europäischen Kommission zu einem europäischen Presseverleger-Leistungsschutz bekanntgeworden – und sie lassen schlimmstes befürchten.

Die IT-Newsseite Golem nennt es Google-Steuer, betroffen sind aber im Prinzip alle, die etwa im Internet Sätze von anderen zitieren oder auch Musikvideos auf Facebook einbinden.

Und das für volle 20 Jahre lang. Rechteinhaber sollen so auch noch Vergütung fordern können, wenn sie eine Nutzung verspätet bemerken – eine 20-fache Verlängerung gegenüber der aktuellen deutschen Regelung (ein Jahr Schutzfrist).

Reda kritisiert in ihrer Analyse drei Punkte:

  1. Das Internet wird zugunsten der Verlagsindustrie verkrüppelt
  2. EU-Startups werden zugunsten der Musikindustrie gekillt
  3. Es bleibt bei Geoblocking-Grenzzäunen für die Filmindustrie

Hintergrund

Die deutsche Merkel-Regierung schenkte den Verlagen vor rund drei Jahren ein neues Recht zum Internet-Abkassieren. „Presseverleger“ sollten für online übernommene, bisher im Rahmen der Beschränkungen im normalen Urheberrecht kostenlos nutzbare Textausschnitte eine Vergütung kassieren dürfen: daher bekamen sie ein speziell zugeschnittenes Leistungsschutzrecht „für Presseverlage“ (LSR) mit einer Schutzdauer von einem Jahr.

Google unterlief das LSR, indem es zuerst Verlagsangebote auslistete und sich in einem zweiten Schritt von Verlagen Vereinbarungen zur kostenlosen Nutzung unterzeichnen ließ. Gerichte bestätigten diese Vorgehensweise.

Aus einer aktuellen Stellungnahme der Verleger-Verwertungsgesellschaft Media wurde deutlich, dass die geringen LSR-Gelder nicht bei den Verlagen angekommen sind.

„Wovor alle Experten schon vor Jahren gewarnt haben, ist jetzt auch eingetreten: Das Leistungsschutzrecht ist nicht praktikabel und kennt nur Verlierer. Es darf deshalb jetzt auf keinen Fall als Blaupause für eine unnötige europäische Version dienen“, sagte Oliver Süme vom Internetprovider-Verband eco.

JULIA REDA - SENFICON - FOTO BARTJEZ CC - BY SA
JULIA REDA – SENFICON – FOTO BARTJEZ CC – BY SA

Julia Reda sagte Ende 2014: „Die Gesetze zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger in Deutschland und Spanien sind nicht deshalb gescheitert, weil sie auf der falschen Ebene eingeführt wurden, sondern weil sie das falsche Instrument sind.

LINK

Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL) — http://leistungsschutzrecht.info/

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