Droht im NRW-Wahlkampf ein E-Mail-Skandal wie in den Vereinigten Staaten?
- Dort ist Präsidentenkandidatin Hillary Clinton wegen gelöschten Mails vom Privatserver unter Druck.
- Hier will die NRW-Landesregierung keine Mails und Telefonlisten an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben.
- Dieser ermittelt wegen Sex-Übergriffen in der Silvesternacht 2015. Die Landesregierung reagierte so richtig erst am 4. Januar 2016, da war das neue Jahr schon fast eine Woche alt.
Nun sollen interne Schriftverkehre und Telefonverbindungsdaten zwischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), Ministern und Polizeispitze belegen, wer zu welchem Zeitpunkt informiert war. Das berichtet die Rheinische Post (RP) in ihrer heutigen (27.10.2016) Ausgabe.
Doch Kraft hat – wie gewohnt – in Telekommunikationsdingen offensichtlich viel zu verbergen.
Lediglich zu vertraulicher Einsichtnahme von um die letzten drei Ziffern geschwärzten Telefonverbindungen zwischen Kraft und der Staatskanzlei besteht Bereitschaft, so die RP. Außen vor bleiben Privat-Handys, heißt das im Umkehrschluss. Natürlich ist so eine Staatskanzlei vielfältig vernetzt, und es ist nicht auszuschließen, dass Leute aus dem Polizeiapparat solche heiklen Dinge auf dem kleinen Dienstweg mitgeteilt haben.
Nach einem dpa-Bericht beruft sich Staatskanzleichef Franz Lersch-Mense auf rechtlich geschützte Kernbereiche des Regierungshandelns und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das gilt für Privatpersonen und auch für Amtsträger.
Schön, dass Sozialdemokraten wieder Grundrechte entdecken. Bei Kraft kann man da berechtigte Zweifel haben.
Hannelore Kraft war eine der engagiertesten Fürsprecherinnen für die „Vorratsdatenspeicherung“ von Telekommunikationsvorgängen: auf dem Parteikonvent 2015 der SPD brachte sie insbesondere die NRW-Delegierten in harten Einzelgesprächen auf Linie, der anlasslosen Bevölkerungsbespitzelung von 80 Millionen Menschen in Deutschland zuzustimmen. (LINK)
Ebenfalls im Raum steht der seit Freitag mit Sozialdemokraten im Bund legalisierte „full take“ von allen übers deutsche Internet fließenden Datenpaketen. Die werden mit NSA-Technik für ein paar Tage aufgehoben und in Ruhe nach Schlüsselworten durchsucht. Wie in den USA begehren neben den Geheimdiensten immer mehr Behörden Zugang zu diesem Datenschatz.
Kraft und Wahrheit
Und mit der Glaubwürdigkeit von Kraft in Telefondingen und allgemein ist das überhaupt so eine Sache.
Unter dem Stichwort „Handygate Kraft“ finden sich Berichte aus ihrem Sommer-Urlaub 2014. Hier erzählt Kraft über ihre telefonische Nichterreichbarkeit die Unwahrheit. In Wahrheit hatte Kraft in der Zeit mit Innenminister und Blitzer-Marathon-Mann Ralf Jäger telefoniert, wie sich später in Medienberichten herausstellte.
Kraft war mal Unternehmensberaterin bei einem Förderkohle-Verteilunternehmen, diesen Job löschte sie aus ihrem offiziellen Lebenslauf, als ein Finanzskandal ihres Ex-Arbeitgebers publik wurde.
Zur Betrügerin und Arbeitnehmer-Mobberin Petra Hinz, Ex-Bundestagsabgeordnete aus Essen, hielt sich Kraft als SPD-Landeschefin äußerst bedeckt, vielleicht deshalb, weil sie seinerzeit für entscheidenden Push und guten Listenplatz durch persönliche Fürsprache in gesorgt haben könnte, heißt es hier.
Wie und mit wem Kraft dieses Mal zwischen 31.21.2015 und 4.1.2016 telefonierte, ist zur Zeit noch ein offenes Geheimnis. Die Opposition im Untersuchungsausschuss zeigt sich offen für eine Auskunfts-Klage.
Landeslöschtage gehen weiter!MPin Kraft versprach #Silvester-Opfern Aufklärung.Datenlöschung aber exakt bis 2.Januar https://t.co/0dYSR7XUDY
— Armin Laschet (@ArminLaschet) July 12, 2016
LINK:
Blog von Simone Brand, für die Piraten im Silvester-Untersuchungsausschuss