Kompass – Zeitung für Piraten

TTIP: E-Books sind zu „neuland“ fürs Altland

Ganz geheim ist das TTIP nur für die betroffenen Bürger.
Ganz geheim ist das TTIP nur für die betroffenen Bürger.

Die EU-Kommission will die Buchpreisbindung für gedruckte und elektronische Bücher im TTIP ausklammern. In den Verhandlungen mit den USA im Rahmen des sogenannten „Freihandels“-Abkommen soll der Punkt nicht zur Sprache kommen.

Im Ergebnis bedeutet das, der vom Anbieter festgesetze E/Book-Preis darf auch nach TTIP durch Händler nicht unterboten werden. Die Vereinigten Staaten kennen die Buch- und EBook-Preisbindung nicht, der Handel darf dort Preise setzen, wie er will. In elf europäischen Staaten gibt es jedoch Preisbindungen.

Ein kleiner Sieg für die Buchhändler-Lobby also. Wie der Börsenverein der Deutschen Buchhandels am Dienstag mitteilte, hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström die TTIP-Nichtverhandlung in einem Brief offiziell versichert.

Die Lobbyleute feiern das in einer Pressemeldung so:

„Demnach werden nationale Buchpreisbindungssysteme wie das sowohl für gedruckte wie für elektronische Bücher geltende deutsche Buchpreisbindungsgesetz durch das geplante Freihandelsabkommen TTIP in keiner Weise beeinträchtigt werden. Das bedeutet z.B., dass auch US-amerikanische E-Book-Plattformen beim Verkauf deutschsprachiger E-Books an Kunden mit Sitz in Deutschland dazu verpflichtet sind, den vom deutschen Verlag gebundenen Ladenpreis anzuwenden und Verstöße gegen diese Pflicht effektiv sanktioniert werden können.“

Offizielle Briefe zu TTIP-Details gab es bisher nur an die Wirtschaftslobby. Bürgerrechtler und andere Aktivisten können nur auf das eine oder andere Leak hoffen, das aus den TTIP-Verhandlungen durchsickert. Geld dafür ist auch im Spiel: Eine Pledge bei Wikileaks hat mittlerweile die 100.000 Dollar-Schallmauer geknackt.

STEFAN KÖRNER - PIRATEN BUNDESVORSITZENDER - FOTO - be-him CC B

Stefan Körner, Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland:

„Wir nehmen amüsiert zur Kenntnis, dass der Bundesregierung ausgerechnet bei der lächerlichen Buchpreisbindung für elektronische Bücher die Tragweite des von ihr selbst forcierten Freihandelsabkommens TTIP langsam bewusst wird. Wir fordern auch weiter, das intransparente Geschachere um das Abkommen abzubrechen. Mündige Bürger haben das Recht zu erfahren, was über ihre Köpfe hinweg für sie verhandelt wird und sicher auch ein Wort mitzureden.“

Mitte Oktober vom 14. bis 18.10. läuft mit der Buchmesse Frankfurt das nächste Lobbyspektakel, in deren Glitzer-Rahmen sich die Politik für ihr Entgegenkommen huldigen lassen darf.

Im TTIP geht es nicht nur um Handelsregeln für Preise, sondern auch um Klagemöglichkeiten für „entgangene Gewinne“ oder auch die verpflichtende Einbeziehung der Wirtschaftswelt in den Gesetzgebungsprozess. Damit, so Kritiker, wird wieder etwas mehr Macht von demokratisch gewählten Institutionen auf eine intransparente, mit quasi Ewigkeitsgarantien ausgestattete, undemokratische und nicht rechenschaftspflichtige „Exekutive“ verlagert.

Eine Großdemo am 10.10. in Berlin ruft auf, gegen die diversen Handelsabkommen laut zu protestieren.