Kompass – Zeitung für Piraten

Das politische Gespräch: Wahlaufbereitung Bundestagswahl 2013 / Wika

 

Timecodex CC-BY NC ND

WIKA - KOMPASS-FSA 2013
WIKA – KOMPASS-FSA 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten unser Ergebnis bei der Bundestagswahl zu deuten:

„Wir haben nicht so viele Wähler gewonnen, wie wir beabsichtigt hatten.“

„Man kann behaupten, dass dies die erfolgreichste Piratenpartei bei einer Bundestagswahl

in der Geschichte der Bundesrepublik war.“

Auch das ist richtig.

Die erreichten 2,2 % liegen exakt 0,2 % über den Ergebnissen der letzten Bundestagswahl, bei der die Piraten eine absolute Newcomer-Partei von lauter „Nobodies“ gestartet war.

Das liegt sogar unter der Zahl unseres Stammwählerpotentials.

Jetzt könnten wir uns an dieser Stelle damit beschäftigen, welche äußeren Einflüsse ein besseres Wahlergebnis verhindert haben.

Wir möchten in dieser Interviewserie aber eher die internen Gründe ansprechen mit der Zielrichtung, es für die Kommunal-, und Europawahlen besser zu machen.

KOMPASS: Komplex 1: Wahlprogramm

Da wir ein sehr umfangreiches Wahlprogramm erarbeitet hatten, mit Bürgerthemen wie dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE), hätten wir einen großen Themenkanon präsentieren können.

Haben wir zu sehr auf die falschen Themen (wie die NSA-Affäre) gesetzt?

Grafik: von http://demonstrare.de/termine/27-07-stopwatchingus-deutschlandweite-proteste-gegen-prism-und-tempora
Grafik: von http://demonstrare.de/termine/27-07-stopwatchingus-deutschlandweite-proteste-gegen-prism-und-tempora

 

Wika:

Unsere Themen waren gut. Schwierig war, dass die Presse uns nicht mehr interessant fand. Zur Landtagswahl NRW waren wir noch schick. Was dann allerdings interessierte waren Skandale und Sandälchen. Dass wir uns dann auch noch gegen Köpfe und für Themen entschieden haben, wurde uns von den Wählern sehr übel genommen. Sie liebten Marina.

Unsere Themen wollten dann die Presse höchstens unter dem Mäntelchen der großen Parteien kommunizieren. Von daher war es ein Erfolg. Unsere Themen Transparenz, Datenschutz und sind in aller Munde.

KOMPASS: Komplex 2: Kommunikation mit dem Wähler

Gab es Deiner Ansicht nach auch Schwächen in der Kommunikation unserer Themen?

Wären nicht weniger Flyer mit klarerer Sprache zielführender gewesen?

Hättest Du andere Schwerpunkte gesetzt?

Wika:

Kurz und prägnant, wäre manchmal besser gewesen. Einfache Sprache auch.

Schwerpunkte mehr auf das Hinterfragen alter Strukturen vor Ort.

Grätscht dazwischen, hörte ich immer wieder am Stand.

Und: Was haben die Piraten eigentlich getan?

Hier versagte die Kommunikation. Aber es braucht auch eine Presse, die das kommunizieren möchte.

Zänkereien werden abgestraft.

Nicht nur um sich selbst kreisen sondern sich lokal in Projekten engagieren und Positionieren. Wo das funktionierte, wurden auch gute Ergebnisse eingefahren.

KOMPASS: Komplex 3: Wahlplakate

War unsere Plakatserie Deiner Meinung nach treffend, oder hättest Du hier andere Schwerpunkte gesetzt?

Wika:

Never change a winning Team.

Die Plakate für die Landtagswahl waren Klasse. Prägnant, gut lesbar und coole Sprüche.

Das hat die Linke uns nun nachgemacht und wir wollten was Neues. Im Vorbeifahren konnte ich unsere Plakate nicht lesen.

Und wenn schon Köpfe, dann gehören meiner Meinung nach auch die Köpfe der Spitzenkandidaten auf die Plakate.

KOMPASS: Komplex 4: Allgemeine Strategie / „Themen statt Köpfe“

In einem Wahlkampf, der sehr stark auf Personen fixiert war:

Kann man sagen, dass diese Strategie beim Wähler nicht angekommen ist?

Hätte die Piratenpartei besser „Themen mit Köpfen“ in den Vordergrund stellen, oder gleich einen Spitzenkandidaten / ein Spitzenduo präsentieren sollen?

Wika:

Papier ist geduldig. Menschen schaffen Vertrauen. Darauf hätten wir bauen sollen.

KOMPASS: Komplex 5 Wahlkampforganisation

Glaubst Du, dass es eine gute Entscheidung gewesen ist, eine Wahlkampfzentrale in Berlin und eine WK-Zentrale in NRW zu betreiben?

Wurden diese Zentralen, Deiner Ansicht nach, kontinuierlich und gut gemanagt:

Hatten Kandidaten und Presse den bestmöglichen Support?

Wika:

Zwei Wahlkampfzentralen halte ich für sinnvoll, um gut reagieren zu können, evtl. noch eine dritte in Bayern. Eine gute Vernetzung ohne Kompetenzgerangel gehört dazu.

Hier haben wir Handlungsbedarf. Das liegt nicht an den Piraten speziell, sondern an der Sache an sich. Wer in die Politik geht, möchte etwas bewegen, also machen. Und er braucht die Macht, die vom Wähler ausgeht. Das muss ständig ausbalanciert werden.

Ansonsten, besser geht immer. Wir sind am Lernen und die Presse muss uns auch bringen wollen.

KOMPASS: Komplex 6: Veränderungen / Verbesserungen

Was können / müssen wir für den Kommunalwahlkampf und die Europawahl im Mai besser machen?

Was schlägst Du für organisatorische Änderungen vor?

Welche inhaltlichen Themenschwerpunkte würdest Du setzen?

Welche Kommunikationsformen sollten wir wählen? Pressemitteilungen, Infostände, Kandidatentermine, Wahlplakate etc?

Wika:

Vernetzung von Länder-Wahlkampfzentralen

Analyse und Dokumentation der Erfolge, davon ausgehen, reproduzieren.

Nicht ständig was Neues versuchen.

Sich nicht einschüchtern lassen. Klare und direkte Sprache, Position beziehen.

Und vor allem: Intern für Geschlossenheit sorgen. Eine Fehlerkultur zulassen, die menschlich ist. Shitstorm schon in den Ansätzen stoppen. Twitter nicht als Piraten-Instrument zulassen. Vernetzung durchs Wiki verstärken. Die emotionale Ebene zugelassen wird. Emotionen erreichen Menschen.

Sich vor Ort um eine gute Beziehung zur Presse bemühen.

Durchaus interessante Meldungen schreiben, nicht nur trockene Pressemittteilungen.

An regelmäßige Infoständen das ganze Jahr über mit den Wählern zu sprechen. Sich dafür mit dem Wahlprogramm vertraut machen ebenso mit lokalen Themen.

Überall mit den Menschen sprechen, ständig.

Kandidatentermine und Wahlplakate sind unerlässlich um Präsenz zu zeigen.

KOMPASS:

Wika, vielen Dank für das Gespräch.

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Piratengrafik

 

KOMPASS- BLOG-Interview zur Nachbetrachtung der Bundestagswahl 2013

 

4 Kommentare

  1. Unsere Themen Transparenz und ganz besonders Datenschutz interessieren offenkundig nicht die Bohne. Auch das hier so gelobte Vollprogramm nicht. Es enthält an viel zu vielen Stellen langweiligen Konsens-Ballast, der keine Unterscheidungsmerkmale zum Geschwurbel nahezu beliebiger Altparteien bietet. Es sollte davon dringend entfrachtet und möglichst mit wirklich originellen Ideen angereichert werden.
    Man kann tatsächlich nicht übersehen, dass insbesondere kommerzielle Verlage und Medien in Privatbesitz die Piraten mit Nichtachtung gestraft haben; aber die Grundbedingung dafür, in den Medien stattzufinden, ist etwas mit Nachrichtenwert zu liefern. Da sind allenfalls vereinzelte, lokal zerfaserte Aktionen der Piraten aufgefallen wie die Kanaldeckel-Aktionen in Bochum und Herford. Nicht mal die waren untereinander abgesprochen oder vernetzt.
    Nicht einmal von den Fraktionen, die hier mit keinem Wort erwähnt werden, ist da groß was Berichtenswertes gekommen. Die hätten eigentlich einen unschätzbaren Vorteil im Bundestagswahlkampf bilden müssen.

  2. Hinweis: Den Briefkasten bei Privacybox gibt es nicht mehr.
    Privacybox wurde eingestellt Hinweis: Der zugehörige Blogpost-Link
    führt ins Daten-Nirwana

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