Kompass – Zeitung für Piraten

FLAGGENSTREIT & PIRATEN – Für klare Abgrenzung / Gastbeitrag von Mitkrieger / Teil II.

FLAGGENSTREIT-MITKRIEGER
FLAGGENSTREIT-MITKRIEGER

Hintergrund des Artikels ist der Flaggenstreit aus Bochum, wo ein Mitglied bei einer Parteiveranstaltung der PIRATEN, Flaggen der Antifaschistischen Aktion und des Anarchosydikalismus aufhängte. Die Frage ist, sollten Piraten es möglich machen, dass Leute über Erkennungszeichen, Namen, und Symbole, die sie auf öffentliche Piratenveranstaltungen mitbringen, für politische Positionen oder andere Meinungen werben?

Was, wenn sich dahinter unklare oder verdeckte Forderungen verbergen? Dies würde ein schlechtes Bild auf die PIRATEN werfen.

Ein Beispiel:


Die Piratenpartei NRW will gemäß ihrem Wahlprogramm zurück zur sozialen Marktwirtschaft und erklärt dort genau, was sie damit meint. Wenn jemand eine Werbetafel mit einer ‘Initiative für neue soziale Marktwirtschaft’ aufstellen würde, schiene dies legitim. Ein informierter Betrachter wird allerdings glauben, die Piraten seien für eine großkonzernfreundliche, marktkonforme Politik. [1] Weil die wenigsten Piraten gleichzeitig Vertreter von Unternehmerverbänden sind, ist das ja auch noch nicht passiert.

Dennoch sind manche Piraten verständlicherweise eher unzufrieden mit dem Begriff in diesem Wahlprogramm, weil sie nur allzu gut wissen, das der Begriff ‘soziale Marktwirtschaft’ ein schlechtes Image bekommen hat, auch weil obige Initiative mit jährlichen Millionenbudgets, versucht, den Begriff in ihrem Sinne umzuprägen. Piraten haben wenig in der Hand, dem Begriff eine Bedeutung zu geben.

Genau so ist das mit dem Begriff ‘antifaschistisch’. Die Begriffsinhalte sind nicht klar ersichtlich.[2] Der Begriff selbst lässt im Unklaren, was genau darunter zu fassen ist. Er wertet auf, stellt das edle Ziel der Verhinderung von Faschismus in den Vordergrund.

Er mildert die Gesamtforderung ab. Er verhüllt, tarnt und vertuscht. Er ist politisch motivierte sprachliche Tarnung. Damit erfüllt er alle Funktionen eines Beschönigungsbegriffs, eines Euphemismus.[3] ‘Antifaschistisch’ ist Doublespeak par excellence.

Vor allem aber haben nicht Piraten in der Hand, was der ‘Antifaschismus’-Begriff bedeutet und was die Symbole, die selbsternannte ‘Antifaschisten’ benutzen, bedeuten und als was diese erkannt werden.

Personen, die mit Symbolen und Flaggen der Antifaschistischen Aktion und des Anarchosydikalismus bei Piraten in Bochum warben, stellten sich nicht nur an die Seite der Piratenpartei und verkünden eine Meinungsäußerung. Sie platzieren die Forderungen des ‘Antifaschismus’ und Anarchosydikalismus in die Außendarstellung der Partei. In Bochum ins Zentrum des entscheidenden Organs der Partei, den Bundesparteitag.

Leute, die meinen, das sei doch nur ein Nebenschauplatz und wir sollen um politische Inhalte diskutieren, liegen damit voll daneben.

Wähler, Journalisten, Wissenschaftler und Interessierte, die sich mit den Piraten beschäftigen, werden entweder denken, dass die Piratenpartei Deutschland das wirklich alles will wofür auch die Flaggen stehen: Eigentum, Staat und Demokratie abschaffen, Anarchie und “Alles für alle”. Oder sie werden die Piraten für hoffnungslos naiv halten. In beiden Fällen wäre die Piratenpartei Deutschland als politische Partei automatisch mehr oder umso mehr unwählbar.

Piraten sollten sich nicht an die Seite von Anti*Forderungen stellen und keinen Platz für den Begriff ‘antifaschistisch’ in der Partei bieten. Diesen Nicht-Partei Forderungen sollten sie keine weitere Plattform bieten.

Die Piratenpartei darf es nicht weiter zulassen, dass selbsternannte ‘Anti*’ und Anarchisten aus ihren Reihen auf Parteiveranstaltungen mit Anti*-Erkennungszeichen für Anti-*-ismen werben.

Das Oxymoron “Antifaschistischer Pirat”

Es kann auch keine Pir-Antifa als Teil der Piratenpartei geben, jedenfalls keine, die irgendetwas direkt mit der Piratenpartei zu tun hat und auch nicht parteinah. Pir-Antifa Werbung auf einer Parteiveranstaltung wäre das gleiche. Genauso, wie eine Nuklearia nicht in offizieller Mission der PIRATEN handeln darf, kann auch eine Pir-Antifa nicht mit der Partei im Rücken und in ihrem Namen handeln. Für außenstehende bleibt es weiterhin ein Piraten=Antifa, ein andersfarbiges Signet tut da nichts zur Sache, ikonographisch bliebe die gleiche politische Aussage.
Einen Beschluss, Pir-Antifa als offizielles Medium der PIRATEN zu betrachten, wie zum Beispiel die Flaschenpost, wäre politischer Selbstmord. Wo Antifa drauf steht, ist Antifa drin, wo ‘antifaschistisch’ draufsteht, sind ‘antifaschistische’ Forderungen drin. Auch wenn ein Pir- davor steht und auch bei farblich angepassten Gestaltungselementen.
Wie soll sich eigentlich Pir-Antifa von Antifa unterscheiden? Durch Gewaltverzicht? Wie sollte man sowas kenntlich machen? Ein Pir-Antifa Anhänger ist also ein nicht gewalttätiger, linksradikaler, antikapitalistischer, undemokratischer, intoleranter Pirat, der gegen Faschismus ist? What’s next? Pir-Quaida oder Piraten-Wiki-Jugend?

Die Piratenpartei Deutschland braucht keine Nicht-Partei-Flügel, oder Gegen-Parteien-Flügel innerhalb der Partei.

Zusammengefasst, für den Anfang war Bochum eine tolle Werbung für Antifa, schädigend für die Piratenpartei Deutschland. Aber wie soll es weiter gehen. Antifa kann nicht innerhalb einer politischen Partei ihre eigentlichen Forderungen aufstellen. Mit flauschigen orangenen Piraten will sie im Zweifelsfall gar nicht gesehen werden. Piraten können ja mal den Test machen und Mitglieder, die irgendwo in einer Bank oder im Krankenhaus arbeiten, im blauen Anzug, Schwarzen Kostüm oder weißen Kittel und Pir-Antifaflagge zusammen mit den Polizisten aus der Partei auf die richtige Demo schicken. So wird das nicht funktionieren, ‘gemeinsam im Autonomen Block ordentlich Stimmung zu machen’.[4]

Wie kommen nun alle da mit einem Win-Win da raus? Indem sich die Organe der Piratenpartei und ihrer Gliederungen von Anti-*-ismen abgrenzen.

Allem Voran obliegt dies denen, die für die Außendarstellung der Partei verantwortlich sind. “Etwas kann nur sein, was es ist, indem es sich von allem unterscheidet, was es nicht ist.“[5] Draw a distinction, create a Universe. Denn auf ein halbwegs klares Profil ist letztendlich auch Antifa angewiesen.

Das gleiche gilt sinngemäß auch für den Anarchosyndikalismus. Der Begriff ist nicht so verschleiernd, wie der Antifaschismusbegriff aber mit den Zielen der PIRATEN unvereinbar. Er ist gegen Verbesserung der bestehenden Verhältnisse, fordert eine Revolution und die Abschaffung des Staatswesens, anstelle von Verbesserungen durch Reformation.

Die Begriffe ‘antifaschistisch’ und ‘anarchosyndikalistisch’ kollidieren mit dem PIRATEN-Programm. Die Piratenpartei sollte Personen, die sich als ‘antifaschistisch’ bezeichnen und damit meinen, gegen rechtsradikales, totalitäres, rassistisches, diskriminierendes Verhalten anderer zu sein, aufklären und bitten, die Begrifflichkeiten und Symbole, die sie nutzen, zu ändern. Die, die sich zu ‘antifaschistischen’ oder ‘anarchosyndikalistischen’ Forderungen bekennen, können das nicht im Rahmen und als Piratenpartei Deutschland tun.

Im 3. Teil: “WENN NICHT ANTI*, WAS DANN?”

[1]https://lobbypedia.de/wiki/Initiative_neue_soziale_Marktwirtschaft
[2]http://www.mitkriegen.de/index.php/antifarce-fuer-klare-begriffsinhalte/2014/01/23/
[3]http://de.wikipedia.org/wiki/Euphemismus
[4]http://de.squat.net/2013/11/27/antifa-supports-rote-flora/
[5]http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezension-sachbuch-george-spencer-brown-und-der-feine-unterschied-11312642-p2.html

 

Teil III. in Kürze im KOMPASS-Blog.

9 Kommentare

  1. das darf doch nicht wahr sein. was soll so ein
    relativiermist hier? und dazu noch dieses irgendjemand darf xyz
    nicht im namen der partei. wenn sie für faschismus wechseln sie
    doch einfach die partei. rechts von den piraten ist noch viel
    platz. *kotz*

  2. Ich lese das richtig? Eine Abgrenzung zum Antifaschismus –
    Am Gedenktag für die Opfer des Faschismus und der Befreiung von
    Auschwitz? Wie viel Feingefühl habt ihr eigentlich? An diesem Datum
    sich vom Antifaschismus zu distanzieren ist ein noch größerer
    Reinfall, als der unsinnige Streit über die Flaggen an sich. Ihr
    solltet euch schämen, dass eure Redaktion so etwas nicht im Blick
    habt. Das ist einfach nur hochnotpeinlich, unprofessionell und ein
    blanker Hohn für die Opfer des (damaligen) Faschismus, sowie die
    Opfer und deren Umfeld aktueller faschistischer Gewalt. In einer
    Zeit wo täglich die Zahlen der durch Neonazis ermordeten geprüft
    und nach oben korrigiert werden. Ich schäme mich wirklich zutiefst
    für euch. Uwe

  3. Der Kompass ist kein offizielles Organ der Piratenpartei,
    erweckt aber durch das Signet den Eindruck. Bevor Ihr die Pirantifa
    kritisiert, wäre etwas Selbstreflektion angebracht. Und etwas
    Reflektion zur Rolle des Antifaschismus und der Geschichte der
    Anarchosyndikalisten, gerade am Gedenktag der Befreiung von
    Auschwitz.

    1. Die nicht weiter belegte Vermutung, der Verfasser habe sich nicht mit der Pirantifa oder Anarchosyndikalismus zu tun, wirkt auf mich arrogant. Die Befreiung von Auschwitz hat nichts mit einer Flagge auf meinem Bundesparteitag zu tun und ich bin froh, dass das Signet meiner Partei für die Sache der Flaschenpost genutzt wird.

  4. Endlich schreibt es mal jemand. Danke. „Antifaschismus“
    bedeutet eben längst nicht nur gegen Faschismus zu sein, sondern
    eben auch der freiheitlich demokratischen Grundordnung ablehnend
    gegenüber zu stehen. Ich empfehle das Lesen der jüngsten
    Verfassungsschutzberichte.

    1. Ähm….Verfassungsschutz?…Hmmmm…die Gutste meint wohl den Verfassungsschutz, welcher beim NSU bewusst versagt hat. Oder, den Verfassungsschutz, welcher Oskar Lafontaine beobachtet hat. Oder, den Verfassungsschutz, welcher Ronny Blaschke beobachtet hat. Oder, den Verfasschungssutz, welcher „Die Freiheit“ erst nach Druck beobachtet hat. Oder, den verfassungsschutz, welcher uns nie vor der NSA gewarnt hat.

      „Endlich schreibt es mal jemand“ , „Das darf man doch wohl sagen dürfen.“ oder „Ich bin nicht gegen die Ausländer, aber…“
      Das sind alles die gleichen Pharsen und immer aus einer Ecke.
      Meistens kommt sowas auch immer aus einer Ecke der Piraten. Meistens aus dem rechts konservativen Flügel, oder von bestimmten Personen aus Hessen, welchen die Diskussion über Zigeuner und N-Wort zuwieder ist.

      Frage mich was diese Personen, genauso wie der Verfasser des Artikels, bei bei den Piraten suchen. Es gibt doch genug rechte Parteien.

      Die Piraten sollten aufpassen, dass sie nicht von diesen Mitläufern unterwandert werden.

  5. Oh mein Gott …. Wenn man sonst nichts zu sagen hat,
    konstruiert man Zusammehänge, wo keine da sind? Wie erbärmlich muss
    man sein, um sich solcher Dinge zu bemächtigen?

Kommentare sind geschlossen.