Auf Fragen wie „Wie sieht denn das Wirtschaftspolitische Programm der Piraten aus?“ oder „Warum sind die Piraten für xy?“ lässt sich meistens noch relativ leicht beantworten.
Dafür schauen wir einfach direkt ins Programm. Schwieriger wird es schnell bei Fragen, die wirklich „von außen“ kommen.
Zum Beispiel eben „Was sagen sie zum Vorhaben der Koalition, dies oder jenes zu tun?“ oder „Was sagen sie eigentlich zur aktuellen Krise in der Ukraine?“.
Koalitionsvertrag 2013 – 2017: Was drin steht und was Piraten dazu sagen
Wirtschaftspolitik
Wachstumspolitik
- Mögliche Frage: Die Koalition hält an der Vorstellung fest, dass eine starke Wirtschaft eine konsequente Wachstumspolitik braucht. Wie stehen Sie dazu? Stimmen Sie dem zu?
- Mögliche Antwort: Nein. Wirtschaftspolitik ist für uns nicht gleich Wachstumspolitik. Wenn wir uns nur an den auf den Märkten verkauften Gütern und Dienstleistungen orientieren, erhalten wir ein sehr unvollständiges und auch irreführendes Bild vom Wohlstand und der Lebensqualität in unserer Gesellschaft. Angesichts endlicher Ressourcen ist unbegrenztes Wachstum ohnehin unmöglich. Wir haben die Verantwortung, auch unseren Kinden eine funktionierende Erde zu hinterlassen. Wirtschaftspolitik darf sich deshalb nicht allein an traditionellen Steuerungsgrößen, wie etwa dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder der Wachstumsrate, ausrichten. Wenn wir eine nachhaltige Wirtschaftspolitik wollen, die sich am Wohl der Menschen orientiert, muss diese sich auch den individuellen Lebensentwürfen der Menschen gegenüber öffnen – unabhängig davon, wie stark diese ins Wirtschaftsgeschehen eingebunden sind. Neben materiellem Wohlstand strebt der Mensch zudem nach persönlicher Freiheit, nach transparenter Information über die politischen und gesellschaftlichen Vorgänge in seinem Lebensraum und einer gerechten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Eine gute Wirtschaftspolitik hat auch diese Bedürfnisse im Blick. Kurz: Wir Piraten stehen für eine freiheitliche und soziale Wirtschaftsordnung, deren Ziel die selbstbestimmte Entfaltung und das Wohlergehen aller Menschen ist.
- Position in Kurz: Wir sind gegen eine rein wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik. Steuerungsgrößen wie Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder Wachstumsraten sind kein ausreichender Indikator für Lebensqualität und Wohlstand. Für die persönliche Lebensqualität der Menschen zählt nicht allein der materielle Wohlstand, sondern auch das Maß an persönlicher Freiheit und Entfaltung, der Zugang zu Information und das Recht, an der Gesellschaft teilzuhaben.
Exportstärke und starke Binnennachfrage
- Mögliche Frage: Der Große Koalition schwört weiterhin auf den Export. Deutschland soll Exportnation bleiben. Doch soll neben den Export auch eine „starke Binnenwirtschaft und eine von Investitionen und Kaufkraft getragene Inlandsnachfrage“ treten. Experten werten das als wirtschaftspolitische Zäsur (http://www.zeit.de/wirtschaft/2013-12/koalitionsvertrag-wirtschaftskrise-europa). Wie sehen Sie das?
- Mögliche Antwort: Nun, das Wort „Export“ kommt im Koalitionsvertrag immer noch wesentlich häufiger als das Wort „Binnenmarkt“ vor; nämlich 22 mal gegenüber 9 Erwähnungen. Auch soll Deutschland, wie Sie schon sagen, Exportnation bleiben. Von daher ist es insgesamt eher eine schwache wirtschaftliche Zäsur. Aber immerhin: Der Binnenmarkt fällt nicht gänzlich unter den Tisch. Eine Stärkung der Binnennachfrage halten wir für sehr wichtig, da keine Nation auf Dauer Exportüberschüsse erzielen kann.
- Position in Kurz: Wir sind gegen eine zu starke Exportfokussierung und für stärkere Förderung der Binnennachfrage,da keine Nation auf Dauer Exportüberschüsse erzielen kann.
Mittelstandsförderung
- Mögliche Frage: Bis auf ein Bekenntnis zur Wichtigkeit des Mittelstands und einem Festhalten am Kammersystem bleibt der Koalitionsvertrag, was die Förderung des deutschen Mittelstands betrifft, sehr schwammig. Wie werten Sie die Vorhaben der Großen Koalition in diesem Bereich?
- Mögliche Antwort: Mittelstandsvereinigungen sehen ihre derzeit größten Probleme bei den Folgen des demographischen Wandels, den Kosten der Energiewende und Hemmnissen durch überbordende Bürokratie. Schaut man sich diese drei Bereiche an, hat die Große Koalition außer schwammigen Versprechungen tatsächlich nicht viel zu bieten. Für uns als Partei, die den digitalen Wandel gestalten möchte, sind natürlich die Sorgen des IT-Mittelstands von besonderem Interesse. Hier sehen wir besonders deutlich, dass es eine hohe Deckung zwischen unseren Grundrechtsforderungen und den Interessen des IT-Mittelstands gibt. So verwehrt die Streichung der ursprünglich geplanten einen Milliarde Euro für den Breitbandausbau nicht nur Bürgern auf dem Land den Zugang zum Netz, sondern gefährdet in hohem Maße auch die mittelständische IT-Industrie, die auf stabile Netzzugänge angewiesen ist, sowie auch kleine Unternehmen, Startups und Einzelunternehmer aus dem Bereich der Netz- und Kreativwirtschaft. Dass die Große Koalition lieber in ein nationales beziehungsweise Schengen-Routing und eine gesetzliche Meldepflicht bei IT-Sicherheitsvorfällen investiert, statt in gute und innovative Lösungen ohne Hintertüren, ist ein Tritt in den Hintern des deutschen und auch europäischen IT-Mittelstands. Auch der Plan, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, ist nicht nur ein massiver Verstoß gegen wesentliche Grundrechte, sondern auch für den IT-Mittelstand ein Schritt, der nicht mehr Sicherheit, dafür aber mehr Kosten und mehr unnötige Bürokratie mit sich bringt. Wir denken aber auch, dass Programmpunkte der Piraten wie Netzneutralität, die Abschaffung von Softwarepatenten, das Bereitstellen von OpenData und die Förderung von offeneren Standards der Förderung des Digitalen Sektors dienen und gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen zugute kommen. Wir begrüßen die Vorhaben der Großen Koalition, den IT-Fachkräftemangel zu reduzieren.
- Position in Kurz: Wir wollen den Mittelstand, insbesondere den IT-Mittelstand fördern, indem wir z.B. dafür sorgen wollen, dass staatliche Regulierungen kleineren Unternehmen nicht unnötig Steine in den Weg legen. Dafür ist beispielsweise Netzneutralität eine Voraussetzung, ebenso die Verwendung von offenen Standards – denn nur auf dieser Basis können die Produkte von Unternehmen kompatibel und unabhängig von einem Monopolisten agieren.
Existenzgründerförderung / Startups
- Mögliche Frage: Startups haben es in der IT nicht gerade leicht. Die Große Koalition möchte im Rahmen einer neue „Gründerzeit“ Startups fördern und neue Finanzierungsmöglichkeiten erschließen. Wie stehen Sie zu diesen Plänen?
- Mögliche Antwort: Wir haben uns über das Thema Existenzgründung, ehrlich gesagt, in gesonderter Form in der Partei noch nicht verständigt. Sicher tun wir aber an dieser Stelle nichts Falsches, wenn wir sagen, dass wir die Förderung und Erleichterung von Existenzgründungen begrüßen. Ob und wie eine finanzielle Förderung unserer Ansicht nach stattfinden soll, können wir zum jetzigen Zeitpunkt aus Parteisicht noch nichts sagen. Interessant ist für uns als netzaffine Partei, dass die Große Koalition das Crowdfunding als eine mögliche modernere Finanzierungsmethode entdeckt. Auch ist über die Senkung der rechtlichen und bürokratischen Hürden für Unternehmensgründungen nachzudenken. So sollte zum Beispiel endlich die Zwangsmitgliedschaft in Kammern und Verbänden wie der Industrie- und Handelskammer (IHK) abgeschafft werden. Die Pflichtmitgliedschaft in berufsständischen Vereinigungen ist nämlich nicht nur teuer, sondern auch ein Eingriff in das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
- Position in Kurz: Wir sind für eine wirksame Förderung von Start-Ups und Existenzgründern. Dafür müssen rechtliche und bürokratische Hürden gesenkt werden. Insbesondere ist die Zwangsmitgliedschaft in Kammern abzuschaffen, da sie einen Eingriff in das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellt.
Steuerdumping, Steueroasen und Steuerharmonisierung [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Vor dem Hintergrund eines angestrebten vollständigen europäischen Binnenmarkts möchte die Große Koalition „Steuerdumping verhindern, Steueroasen austrocknen und die Steuerharmonisierung voranbringen“. Weiter ausführen tut sie das nicht. Wie stehen Sie zu diesen Themen?
- Mögliche Antwort: Es ist mit der Idee eines vereinten Europa nicht vereinbar, dass Mitgliedsländer der Europäischen Union über niedrige Unternehmenssteuern hohe Steuerausfälle in anderen Ländern der europäischen Staatengemeinschaft verursachen. Dass ein Unternehmen in einem europäischen Mitgliedsland produziert und Werte schöpft, seine Gewinne aber in einem Nachbarland mit niedrigen Steuern versteuern lässt, schadet dem Gedanken eines europäischen Wirtschaftsraums ebenfalls. Wir setzen uns deshalb dafür ein, die Unternehmenssteuersätze anzunähern und einheitlichere Besteuerungsgrundlagen zu schaffen. Weiterhin ist es notwendig, dass alle europäischen Länder stärker zusammenarbeiten, um die Bedingungen für Unternehmer und Arbeitnehmer in allen Regionen Europas zu verbessern. Hierzu gehört zum Beispiel ein vollständiger und funktionierender europäischer Binnenmarkt. Ebenso brauchen wir eine technische Infrastruktur, die europaweit vernetzt ist sowie eine europaweit geltende Rechtssicherheit. Zudem muss gemeinsam stärker in Zukunftsfelder wie Bildung und Forschung investiert werden. Auch dafür setzen wir uns ein. Und einen Punkt, den wir nicht übersehen dürfen: Handelsabkommen dürfen keine Regelungen enthalten, die es den Handelspartnern verwehren, ungebührliche Spekulation zu beschränken und zu besteuern. Ansonsten werden alle oben genannten Vorhaben über den Umweg des Abkommens wieder ausgehebelt.
- Position in Kurz: Wir sind für eine Annäherung der Unternehmenssteuersätze und für einheitliche Besteuerungsgrundlagen (Steuerharmonisierung), um Steuerdumping und Steueroasen innerhalb der EU zu verhindern. Neben einer Angleichung der Steuersätze ist es aber auch wichtig, die Standortbedingungen für Unternehmen und Arbeitnehmer in allen Regionen Europas zu verbessern und anzugleichen. Stichworte sind hier z.B. ein gemeinsamer europäischer Binnenmarkt und eine besser vernetzte europäische Infrastruktur.
Freihandelsabkommen mit der USA [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte unbedingt am Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA festhalten und sich für einen schnellen Abschluss einsetzen? Wie stehen die Piraten zum Freihandelsabkommen TTIP/TAFTA?
- Mögliche Antwort: Wir lehnen das Freihandelsabkommen in der aktuellen Form ab. Zum einen ist es wieder mal ein Handelsabkommen, dass ohne Beteiligung der Bürger und auch der Parlamentarier von Regierungschefs und Industrievertretern im Hinterzimmer ausgehandelt wurde. Auch ist zu befürchten, dass durch das Handelsabkommen nationale Gesetzgebungen ausgehebelt werden können, die bisher einen verhältnismäßig guten Grundrechts- und Verbraucherschutz gewährleisten. Zudem verstoßen viele Inhalte des Abkommens, soweit sie bereits über Leaks und Whistleblower ans Licht gekommen sind, gegen wesentliche politische Grundsätze und Positionen der Piraten. Wir fordern deshalb die vollständige Offenlegung der bisherigen Verhandlungen. In den konkret verhandelten Punkten werden wir nicht von unseren hohen Standards abrücken (Arbeitsrecht, Verbraucherschutz, Datenschutz, Umweltschutz usw.). Klagerechte von Unternehmen gegen Staaten lehnen wir strikt ab, denn sie unterlaufen demokratische Prozesse. Anstelle eines Abkommens wie TTIP wollen wir eine internationale Handelspolitik, die allen Menschen zugute kommt – gerade auch denen in Entwicklungsländern. Das Versprechen von Arbeitsplätzen durch TTIP instrumentalisiert Existenzängste der Menschen, damit sie ihre Grundrechte aufgeben. Grundrechte sind jedoch nicht verhandelbar! TTIP ist leider kein Einzelfall. Es gibt sehr viele und immer wieder neue Handelsabkommen. Wir fordern deshalb ganz grundsätzlich, dass Handelsabkommen nur unter Einhaltung bestimmter Rahmenbedingungen und Prinzipien wie Transparenz, Information und Beteiligung der Bürger ausgehandelt werden dürfen. Weiterhin fordern wir, dass Handelsabkommen grundsätzlich politisch erkämpfte hohe Standards bei Verbraucherschutz, Arbeitsrecht, Datenschutz und Umweltschutz nicht außer Kraft setzen dürfen.
- Position in Kurz: Wir lehnen TTIP in der derzeitigen Form ab, weil es a) intransparent und ohne Beteiligung der Bürger oder der Parlamentarier ausgehandelt wird, b) wesentliche nationale Gesetzgebungen aushebelt/aushebeln kann, die Grund- und Verbraucherrechte gewährleisten und c) die bisher bekannt gewordenen Inhalte des Abkommens wesentlichen politischen Grundsätzen und Zielen der Piraten widersprechen.
Rüstungsexporte / Waffenexporte [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition erlaubt Rüstungsexporte grundsätzlich. Wie stehen Sie als Partei zu Waffenexporten?
- Mögliche Antwort: Wir lehnen Rüstungsexporte ab und setzen uns deshalb für ein Exportverbot von militärischen Rüstungsgütern in Länder außerhalb der EU ein. Kurzfristig muss der Weiterverkauf der aus Deutschland exportierten Waffen an Drittländer unterbunden werden. Bei bestehenden Rüstungsexporten fordern wir höhere Transparenz-Standards bei der Genehmigung. Wir fordern außerdem, keine staatlichen Bürgschaften für Rüstungsexportgeschäfte zu gewähren. Die Vergabe von Produktionslizenzen für Rüstungsgüter an Unternehmen in Staaten außerhalb der Europäischen Union ist generell zu verbieten. Es gibt keine realistische Gefahr eines militärischen Angriffs für die Länder der Europäischen Union. Daher soll die Europäische Union unserer Meinung nach mit deutlichen Abrüstungsschritten weltweit richtungsweisend werden. Im Übrigen setzen wir uns auch für ein Verbot von Überwachungstechnologie ein, die zur Unterdrückung der Bevölkerung genutzt werden kann.
- Position in Kurz: Wir setzen uns für ein allgemeines Exportverbot von Rüstungsgütern in Länder außerhalb der EU ein. Wir setzen uns weiterhin für ein Verbot von Überwachungstechnologie ein, die zur Unterdrückung der Bevölkerung genutzt werden kann.
Internet der Dinge / Industrie 4.0
- Mögliche Frage: Die Große Koalition setzt auf Industrie 4.0 und das sogenannte „Internet der Dinge“. Industrie 4.0 meint hier laut Heise Online eine neue Qualität von Automation und hoher Produktionsflexibilität mithilfe von cyber-physischen Systemen (CPS), bei der bislang starre Produktionsstrukturen aufgelöst und durch ITK-basierte Lösungen ersetzt werden, die einen hohen Vernetzungsgrad aller beteiligten Komponenten und Fertigungsebenen aufweisen (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Industrie-4-0-Grosse-Koalition-will-Digitalisierung-klassischer-Industrien-vorantreiben-2057936.html). Hinter dem „Internet der Dinge“ steht die Idee, sämtliche physischen Objekte mit digitaler Intelligenz miteinander zu vernetzen – und das nicht nur in der industriellen Produktion, sondern auch in anderen „soziotechnischen Bereichen“ wie Smart Cities, der Elektromobilität, Telematiknetzen zur Verkehrssteuerung, neuen elektronischen Gesundheits- und Medizinsystemen oder auch intelligenten Energienetzen. Wie sie das genau tun will, bleibt allerdings sehr schwammig. Wie sehen die Piraten das Thema?
- Mögliche Antwort: Die Individualisierung und Flexibilisierung der Industrieproduktion durch verstärkten Einsatz hochmoderner Informationstechnik ist begrüßenswert. Nehmen wir zum Beispiel den 3D-Druck. Der 3D-Druck ist in unseren Augen eine der wichtigsten Industrierevolutionen, die direkt vor uns liegt. Der 3D-Druck ist quasi Industrie 4.0 in Reinform: Die komplette Dezentralisierung führt zu einer Demokratisierung der Produktion und öffnet völlig neuen Geschäftsmodellen die Tür. Er ist ein „Empowerment“ der Konsumenten, die unabhängiger von Herstellern werden. Gleichzeitig können Rohstoff- und Produkttransporte reduziert, Abfälle vermindert werden und völlig neue Produkte entstehen. Bei der Nutzung neuer und vor allem intelligenter Technologien sind allerdings auf jeden Fall auch die neuen Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit zu berücksichtigen. Daten mit Personenbezug dürfen von intelligenten Objekten nicht ohne Zustimmung der Benutzer gesammelt oder weitergegeben werden. Der Benutzer muss vollständigen Überblick und Kontrolle über diese Daten haben. Die Grundsätze der Datensparsamkeit sowie ein explizites Opt-in der Datensammlung und -Verwendung müssen auch hier gelten. [Anm.: Antwort noch nicht wirklich gut. Hinweise gern gesehen]
Transparenz bei „Managergehältern“ (AKA Vorstandsgehältern)
- Mögliche Frage: Um Transparenz bei der Feststellung von Managergehältern herzustellen, will die Große Koalition, dass in Zukunft die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats über die Vorstandsvergütung entscheidet. Die SPD konnte sich damit nicht durchsetzen, die Managergehälter in börsennotierten Unternehmen zu begrenzen. Was stehen die Piraten zu diesem Thema?
- Mögliche Antwort: Wenn es tatsächlich allein um mehr Transparenz geht, ist diese Regelung eigentlich überflüssig. Börsennotierte Unternehmen sind bereits seit Jahren dazu verpflichtet, die Bezüge der Vorstände namentlich in der Bilanz zu veröffentlichen (§ 285 Nr. 9 HGB). Die Höhe und die Wahrung des Augenmaßes bei der Bestimmung der Gehälter, sind eine ganz andere Frage. Hierzu haben wir uns als Partei aber noch nicht verständigt. Bei der Frage, ob die Entscheidungskompetenz vom Aufsichtsrat in die Hauptversammlung verlagert werden soll, sind auf jeden Fall alle Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Grundsätzlich, und da sagen wir sicher auch nicht zu viel, sollte das Verhältnis zwischen der Vorstandsvergütung und der Vergütung der Belegschaft verhältnismäßig sein.
- Position in Kurz: Für mehr Transparenz braucht es keine Übertragung von Entscheidungskompetenzen von Aufsichtsrat auf Hauptversammlung, da Veröffentlichung der Gehälter in börsennotierten Unternehmen seit Jahren gesetzlich geregelt ist. Wenn es allerdings um die Höhe der Gehälter geht, sind bei der Entscheidung über die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Aufsichtsrat in die Hauptversammlung alle Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.
Bildung & Forschung
Exzellenzinitiative, Hochschulpakt und Pakt für Forschung & Innovation für Förderung
- Mögliche Frage: Die Große Koalition wertet Exzellenzinitiative, Hochschulpaket und Pakt für Forschung & Innovationen, den „Pakt der Pakte“, als erfolgreich und möchte diese Form der finanziellen Wissenschafts- und Hochschulförderung fortführen. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir sehen das kritisch. Eine solide Grundfinanzierung der Hochschulen zu vernachlässigen und dafür einzelne Forschungsfelder z.B. aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu bevorzugen, wie das bei der Exzellenzinitiative geschieht, gefährdet eine freie und vielfältige Wissenschaft. Innovation findet auch in den Bereichen statt, die nicht im Fokus des medialen (und ökonomischen) Interesses stehen. Was wir brauchen, ist zuerst einmal eine bessere langfristige Sockelfinanzierung der Hochschulen. Dann kann man sich auch um Spezialförderungen kümmern.
- Position in Kurz: Wir sehen eine Fokussierung auf Finanzierungsmodelle wie die Exzellenzinitiative kritisch, da sie nur selektiv fördern. Wir setzen uns zuerst einmal für eine bessere Sockelfinanzierung der Hochschulen insgesamt ein. Wenn das gegeben ist, können wir auch über Spezialförderungen sprechen.
Wissenschaftszeitvertragsgesetz
- Mögliche Frage: Die GroKo möchte wissenschaftliche Karrieren planbarer gestalten und dafür das Wissenschaftszeitvertragsgesetz novellieren. Insbesondere sollen die Laufzeiten der Anstellungsverträge „angemessen“ sein. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wissenschaftskarrieren planbarer zu machen und dafür das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu novellieren, ist erst einmal eine gute Sache. Doch reicht es für eine ausreichende und langfristig wirkende Reform nicht, die Befristungen „angemessen zu erweitern“. Wir gehen da weiter: Wir wollen, dass Maximalbeschäftigungsgrenzen grundsätzlich entfallen. Es muss möglich sein, befristete Verträge mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch mit nach oben hin offener Laufzeit aus Haushalts- und Drittmittelstellen abschließen zu können.
- Position in Kurz: Wir brauchen planbare Karrieren in der Wissenschaft. Dafür muss das Wissenschaftszeitvertragsgesetz novelliert werden. Doch statt einer neuen Maximalbeschäftigungsgrenze brauchen wir eine grundsätzlich freie und nach oben hin offene Festlegung der Befristung.
Frauenquote im Wissenschaftssystem
- Mögliche Frage: Frauen sind im deutschen Wissenschaftssystem noch immer strukturell benachteiligt. Um mehr Gleichstellung zu erreichen, wird die GroKo unter anderem auch Zielquoten für die Besetzung von Führungsposition einführen. Wie stehen Sie zu dem Thema Quote im Wissenschaftsbetrieb?
- Mögliche Antwort: Die Gleichstellung von Menschen unterschiedlichen Geschlechtes ist für uns ein sehr wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel. Dennoch haben wir zur Frauenquote selbst noch keinen Beschluss. Es wird in der Partei noch rege diskutiert, ob diese ein notwendiges und wirksames Mittel ist, bestehende Defizite hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter wirksam zu beheben. Grundsätzlich braucht es, da sind wir uns als Partei einig, einen breiten gesellschaftlichen Wandel: Geschlechterstereotype müssen abgebaut werden. Nur dann kann es grundsätzliche Verbesserung geben.
- Position in Kurz: Wir sind für die Gleichstellung von Menschen unterschiedlichen Geschlechts. Allerdings wird innerhalb der Piratenpartei noch diskutiert, ob und wann die Frauenquote eine wirksame Maßnahme gegen fehlende Gleichstellung ist.
Deutschlandstipendium
- Mögliche Frage: Die große Koalition will das Deutschlandstipendium „mit der Zielmarke von 2 Prozent der Studierenden“ fortführen. Die SPD wollte das Stipendienprogramm lieber auslaufen lassen und die Gelder in eine BAföG-Reform stecken, wodurch Studierende aus finanzschwächeren Haushalten besser erreicht werden. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir haben ehrlich gesagt zum konkreten Projekt Deutschlandstudium noch keine Position. Grundsätzlich fordern wir aber die gerechte Teilhabe an Bildung. Und wenn wir von gerechter Teilhabe sprechen, dann geht es uns zuallererst einmal darum, auch den Menschen eine gute Bildung zu ermöglichen, denen es aufgrund ihrer Herkunft aus einer „bildungsfernen“ Familie oder einer schlechten wirtschaftichen Situation sonst nicht möglich wäre. Von daher denken wir, dass die Gelder, die aktuell in das Deutschlandstipendium fließen, besser investiert wären, würden sie in eine BAföG-Reform und eine Erhöhung der BAföG-Sätze fließen. Denn das BAföG dient genau dazu: jungen Menschen aus finanziell schwächeren Haushalten eine fundierte Ausbildung zu ermöglichen. Langfristig setzen wir uns für ein Bildungsgrundeinkommen ein.
- Position in Kurz: Auch wenn wir zum Deutschlandstipendium noch keine Position entwickelt haben, lässt sich aus unserem Programm ableiten, dass die geplante Maßname unserem Grundsatz des allgemeinen Rechts auf Teilhabe an Bildung widerspricht oder zumindest ungenügend nachkommt. Eine BAföG-Reform und eine Erhöhung der BAföG-Sätze ist das bessere Mittel, das Ziel der Teilhabe an Bildung zu erreichen. Langfristig setzen wir uns für ein Bildungsgrundeinkommen ein.
Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern
- Mögliche Frage: Schulen bleiben laut Koalitionsvertrag ausschließlich Ländersache. Eine Einschränkung des Kooperationsverbots, wie es die SPD gewünscht hat, wird nicht in Aussicht gestellt. Wie stehen eigentlich die Piraten zum Kooperationsverbot?
- Mögliche Antwort: Bildung ist nicht nur Ländersache, sondern Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Wir setzen uns deshalb definitiv für die Aufhebung des Kooperationsverbots ein. Der Bund muss öffentliche Bildungseinrichtungen finanzieren dürfen. Forderungen anderer Parteien, das Kooperationsverbot partiell zur Bevorzugung ausgewählter Bereiche wie Exzellenz-Universitäten zu lockern, lehnen wir allerdings ab. Wir bestehen auf einer Besserstellung des gesamten Bildungssystems.
- Position in Kurz: Wir sind für eine Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Land, da Bildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und der Bund öffentliche Bildungseinrichtungen finanziell fördern können muss. Eine partielle Aufhebung des Kooperationsverbots zur selektiven Förderung einzelner Bereiche wie Exzellenz-Universitäten lehnen wir allerdings ab.
MINT-Fächer stärken
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte insbesondere die digitale Kompetenz der Schüler*innen und die Bildung in den Fächern Mathematik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) stärken. Dazu sollen vor allem meist schon vorhandene Projekte und Stiftungen oder Wettbewerbe, die teilweise auch in Kindergärten und Schulen stattfinden, genutzt werden. Wie stehen Sie zu einer gezielten Förderung dieser Art?
- Mögliche Antwort: So sehr wir die Förderung digitaler Kompetenzen sowie der mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Bildung befürworten, ist das Interesse der Industrie unübersehbar. Hier geht es ganz klar um den Abbau des Fachkräftemangels im technischen Bereich. Auch das ist per se natürlich nicht schlecht. Doch möchten wir betonen, dass insbesondere in einer immer technischer werdenden und sich immer mehr digitalisierenden Welt die kulturelle Bildung, die Geisteswissenschaften und die Philosophie genau so wichtig sind. Denn parallel zu jedem technischen Fortschritt ist es immer wieder wichtig, zu reflektieren und zu verstehen, was mit uns und unserer Umwelt geschieht. Nur so können wir die Auswirkungen und Konsequenzen der Technisierung und Digitalisierung auf unser Leben und Zusammenleben begreifen. Durch den technischen Fortschritt ergeben sich schließlich ethische Fragen, deren Beantwortung für eine lebenswerte Zukunft essentiell sind.
- Position in Kurz: Wir sind durchaus für eine Förderung vernachlässigter Bereiche, wo dies der Fall ist. Doch dürfen bei der Frage nach der Förderung der Bildungsbereiche nicht allein pragmatische und wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen.
IT- und Medienkompetenz fördern
- Mögliche Frage: Die große Koalition möchte die allgemeine IT- und Medienkompetenz Heranwachsender fördern, macht aber keine konkreten Vorschläge. Was denken Sie zu dem Thema?
- Mögliche Antwort: Kinder wachsen heute quasi von Geburt an mit digitalen Geräten in ihrem Umfeld auf. Digitale Medien und Geräte bestimmen auch zunehmend unser Arbeits- und Lebensumfeld und die Art, wie wir Wissen und Informationen aufnehmen und verarbeiten. Über das Internet werden bereits Kindern potentiell unterschiedlichste Informationen zugänglich. Es ist deshalb auf jeden Fall dringend nötig, Kinder so früh wie möglich an den produktiven und konstruktiven Umgang mit digitalen Medien, den damit verbundenen Arbeitsweisen und der darüber zugänglichen Vielfalt an Informationen heranzuführen. Kinder müssen heutzutage früh lernen, wie, wie oft und wofür sie digitale Medien nutzen wollen und können. Sie müssen früh ein mediensouveränes Verhalten erlernen – natürlich auch, um sich auch vor den negativen Seiten und Risiken des Netzes wie z. B. Cybermobbing oder Stalking zu schützen. Deshalb muss Medienerziehung nicht nur im Elternhaus, sondern auch in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen, der Schule und auch noch der Hochschule auf dem Plan stehen. Eine besondere Sensibilität gilt insbesondere den persönlichen Daten. Das Internet ist seit jeher nicht nur eine Quelle für Konsum, sondern ein interaktives Medium. Es erlaubt den Nutzern, eigene Daten auf Webseiten und in Anwendungen einzugeben. Viele Anbieter verlangen sogar eine Anmeldung mit persönlichen Daten, um die jeweiligen Services nutzen zu können. Insbesondere soziale Netzwerke wie Facebook oder GooglePlus animieren immer mehr Menschen dazu, privateste Informationen über sich im Netz preiszugeben. Insbesondere Kinder sollten frühstmöglich für einen bewussten und kontrollierten Umgang mit ihren persönlichen Daten sensibilisiert und geschult werden. Bei all diesen Anforderungen darf man nicht vergessen, dass auch die Medienkompetenz der Eltern, Lehrer und Betreuer gefördert werden muss.
- Position in Kurz: Heranwachsende müssen heute so früh wie möglich an eine konstruktive, produktive und sichere Nutzung digitaler Geräte herangeführt werden. Insbesondere dem informierten und überlegten Umgang mit persönliche Daten im Netz ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Hier müssen Elternhaus, frühkindliche Bildungseinrichtungen und Schule zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen.
Digital frei zugängliche Lehrmittel (Open Educational Ressources)
- Mögliche Frage: Unter dem übergeordneten Ziel, MINT-Bildung zu fördern, möchte die Große Koalition Lehrmittel digital frei zugänglich machen. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir finden das einen sehr guten und wichtigen Schritt. Es ist ja auch eine unserer Kernforderungen, die Entwicklung und den Einsatz freier und offener Lehr- und Lernmaterialien (OER) zu fördern. Spannend wird natürlich, ob sich die Große Koalition der Konsequenzen und der Reichweite ihrer Aussagen an dieser Stelle bewusst ist, und am Ende alles doch nicht mehr ist als ein Lippenbekenntnis. Um freie Lehrmaterialien zu entwickeln, müssen Schulbuchverlage hochqualitatives Lern- und Lehrmaterial auch erst einmal teilen. Wir gehen zudem noch über die Vorhaben der Großen Koalition hinaus und wollen auch im Hochschulbereich verstärkt freie Lehrmaterialien einsetzen. Die UNESCO-Richtlinien für Hochschulbildung geben hier bereits Eckpunkte vor, die eine Zusammenarbeit bei OER nicht nur zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen und Bundesländern, sondern auch international im akademischen Bereich erleichtern.
- Position in Kurz: Wir sind für eine Förderung der Entwicklung und den Einsatz freier und offener Lehr- und Lernmaterialien (OER) in der Schule und Hochschule.
Horizon 2020 / Forschungsprogramm IT-Sicherheit [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition will das europäische Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ unterstützen und ausbauen, differenziert die Teilnahme aber nicht weiter. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
- Mögliche Antwort: [Noch offen; folgt]
Fachkräftemangel / Fachkräftesicherung
- Mögliche Frage: In der IT sind nach Angaben des Branchenverbands BitKom über 40.000 Stellen offen, die aufgrund des Fachkräftemangels nicht besetzt werden können. Die Große Koalition räumt dem Abbau des Fachkräftemangels einen verhältnismäßig hohen Stellenwert ein. Wie wollen Sie den Fachkräftemangel abbauen?
- Mögliche Antwort: Solange Arbeitsagenturen sich verweigern, Menschen für den IT-Bereich weiterzubilden, werden wir ungenutzte Potentiale auch ungenutzt lassen und den Fachkräftemangel auch nicht so schnell beheben können. Denn leider beraten Arbeitsagenturen heute immer noch am Markt vorbei. Ein Beispiel: Von der Arbeitsagentur Berlin wurden mehrfach Ausbildungen zu App-Entwicklern abgelehnt. Es gab hier sogar Unternehmen, die Bedarf an diesen Absolventen angemeldet haben. Die Begründung: Man wisse nicht, ob der Bedarf in einem Jahr noch da ist. Alternativ bot man den Bewerbern eine Weiterbildung bzw. Umschulung zur Reinigungskraft an, für die würde es immer Nachfrage geben. Solange Arbeitsämter so unzureichend beraten und „fördern“, haben wir in Deutschland ein Problem. Um das zu ändern, müssen Berater Zukunftsprognosen erhalten und stärker auf Nachfragesignale aus der Wirtschaft reagieren. Außerdem müssen sie besser sensibilisiert werden für Qualifikationen, die für einen Wissensstandort Deutschland relevant sind. Wir brauchen weiterhin mehr interdisziplinäre und praxisnahe Ausbildungsgänge und mehr Möglichkeiten des lebenslangen Lernens, um auch älteren Menschen eine Umorientierung oder eine Aktualisierung ihrer Qualifikation zu ermöglichen. Der deutsche Arbeitsmarkt muss sich zudem für Fachkräfte aus dem Ausland öffnen. Auch die Potenziale von Frauen dürfen wir in der IT nicht länger vernachlässigen. Hier brauchen wir ein noch stärkeres Engagement, um Frauen für berufliche Perspektiven in der IT zu gewinnen – nicht nur in der Berufsausbildung sondern auch als Quereinsteigerinnen. Viele Länder zeigen, dass es besser geht als bei uns. Es gibt Länder mit Parität der Geschlechter selbst bei Informatikstudiengängen. Ein Girls‘ Day ist zwar ein Anfang, aber bei Weitem nicht genug. Wir müssen gesellschaftliche Stereotype überwinden, die technische Berufe nach wie vor mit dem männlichen Geschlecht zuordnen.
- Position in Kurz: Wenn der Fachkräftemangel effektiv behoben werden soll, muss man sich dem Thema auch ernsthaft stellen und konsequente Schritte tun: Neben MINT-Förderung in Schulen und Hochschulen müssen auch Arbeitsagenturen verstärkt auf den IT-Bereich umschulen. Wir brauchen weiterhin mehr interdisziplinäre und praxisnahe Ausbildungsgänge und mehr Möglichkeiten des lebenslangen Lernens, um auch älteren Menschen eine Umorientierung oder eine Aktualisierung ihrer Qualifikation zu ermöglichen. Der deutsche Arbeitsmarkt muss sich zudem für Fachkräfte aus dem Ausland öffnen. Auch die Potenziale von Frauen dürfen wir in der IT nicht länger vernachlässigen.
[Add On = Nicht im Vertrag]: BaFöG-Reform / Bildungsgrundeinkommen
- Mögliche Frage: Im Koalitionsvertrag steht nichts von einer BAföG-Reform. CDU-Bildungsministerin Wanka sagt allerdings, es wird eine geben. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir brauchen unbedingt eine BAföG-Reform! Moderne Bildungsbiografien sind inzwischen sehr vielfältig. Das alte BAföG-Modell mit seinen festen Altersgrenzen und Bedingungen ist für die Finanzierung moderner Bildungskarrieren viel zu starr. Langfristig wollen wir statt vieler komplizierter BAföG-Regelungen ein Bildungsgrundeinkommen. Das Bildungsgrundeinkommen soll jedem zustehen, der sich in einer Ausbildung, im Studium oder einer Weiterbildung befindet. Jeder soll das Bildungseinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung erhalten. Die Vergabe wird vereinfacht und das System gerecht und verständlicher gestaltet. Außerdem erhalten bisher ausgeschlossene Personenkreise – wie Menschen über 35 Jahre oder mit einer abgeschlossenen Erstausbildung – den Zugang zu einer Bildungsfinanzierung. Wie hoch das Bildungseinkommen ausfallen wird soll, soll von einer Expertenrunde – einer sogenannten Enquetekommission – festgelegt werden. In jedem Fall wäre es mehr als der jetzige BAföG-Satz, den wir für zu niedrig halten und der schon zu lange nicht mehr erhöht wurde.
- Position in Kurz: Wir brauchen eine BAföG-Reform, da das heutige BAföG-Modell mit seinen festen Altersgrenzen und Bedingungen zu starr ist für die Finanzierung moderner Bildungskarrieren. Langfristig brauchen wir statt komplizierter BAföG-Regelungen ein Bildungsgrundeinkommen.
[Add On = Nicht im Vertrag]: Bologna-Reform
- Mögliche Frage: Die Bologna-Reform wird im Koalitionsvertrag nicht explizit erwähnt. Zwar soll die Mobilität der Studenten über die Ländergrenzen hinweg erhöht werden, doch konnte sich die SPD grundsätzlich nicht mit einer Studienreform durchsetzen. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir sind definitiv für eine kritische Revision des Bologna-Prozesses und damit für eine Reform der Reform. Denn nach über einem Jahrzehnt Bologna-Prozess sehen wir, dass dieser im Wesentlichen eben nicht die gewünschte internationale Vergleichbarkeit der Hochschulabschlüsse, sondern hauptsächlich einen Einbruch bei der Qualität der Hochschulbildung gebracht hat. Natürlich gibt es auch positive Effekte der Reform: So sind Bildungserfolge durch eine stärkere Formalisierung des Studiums nicht mehr so stark abhängig von sozialen und kulturellen Habituskonstrukten (Akademikerkind/Arbeiterkind). Auch lässt sich das Studium durch die Modularisierung der Studiengänge wesentlich leichter planen. Doch überwiegen bei weitem die negativen Effekte. So wurde das universitäre Lernen nicht nur verkürzt, sondern auch verschult. Wissen wird nur noch oberflächlich erworben. Die ursprünglich nur als Orientierung gedachte Angabe einer „Regelstudienzeit“ ist über die vergangenen Jahre zu einer Bringschuld der Studierenden mutiert, um die Verweildauer an der Hochschule so weit wie nur möglich zu verkürzen. Gleichzeitig bricht eine nicht hinnehmbare Zahl von Studierenden das Studium ab. Da muss sich definitiv eine Menge ändern.
- Position in Kurz: Die Bologna-Reform hat neben der wünschenswerten Internationalisierung zu einer grundlegenden Verschlechterung der Ausbildungssituation geführt. Wir streben deshalb eine kritische Revision des Bologna-Prozesses an.
- Mögliche Frage: Das Thema Ganztagsschulen findet im Koalitionsvertrag keine Erwähnung und kann damit als gescheitert betrachtet werden. Wie stehen die Piraten zum Projekt Ganztagsschule?
- Mögliche Antwort: Ganztagsschulen sind in den neuen Bundesländern bereits Gang und Gäbe und eigentlich nur noch in den alten Bundesländern ein Aufregerthema. Auch wenn wir Ganztagsschulen in unserem Programm noch nicht gezielt thematisieren, stimmen sie prinzipiell mit unserer Vorstellung von einem selbstbestimmten Lebensentwurf überein. Damit Familien ihr Leben ausreichend flexibel gestalten können, müssen ausreichend Betreuungsangebote vorhanden sein.
- Position in Kurz: Wir haben zwar im Programm keine explizite Position zum Thema Ganztagsschulen, doch setzen wir uns grundsätzlich in der Familienpolitik für ausreichende Betreuungsangebote ein. Diese sind eine wesentliche Voraussetzung für einen selbstbestimmten Lebensentwurf. Daraus abgeleitet können wir sagen, dass wir Ganztagsschulen eher befürworten als ablehnen.
Verkehr & Digitale Infrastruktur
Bürgerbeteiligung bei Verkehrsinfrastrukturprojekten
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte eine stärkere Bürgerbeteiligung bei Verkehrsinfrastrukturprojekten fördern. Konkrete Ideen, wie ihr das gelingen möchte, formuliert sie nicht. Wie stehen die Piraten zum Thema Bürgerbeteiligung?
- Mögliche Antwort: Wir befürworten eine stärkere Bürgerbeteiligung bei Verkehrsinfrastrukturprojekten sehr und hoffen, dass die formulierten Ziele keine reinen Lippenbekenntnisse sind. Wir setzen uns ebenfalls sehr für eine breite Mitgestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeit der Bürger bei der Stadt- und Regionalplanung ein. Dazu gehört auch die Verkehrsinfrastruktur. Wichtig wäre jedoch, zu wissen, wie und in welcher Form die Bundesregierung die angestrebte Bürgerbeteiligung umsetzen will. Es muss schließlich gewährleistet werden, dass sowohl eine umfassende Information der Betroffenen und Interessierten (Transparenz) als auch echte Mitsprachemöglichkeiten über die gesamte Dauer eines Projekts gegeben sind. Sinnvollerweise sollten dabei nicht nur die Befürchtungen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger sondern auch ihre Ideen und Wünsche Eingang finden. Schlussendlich sind Transparenz und Mitspracherecht nicht nur bei der baulichen Realisierung sondern auch bei Fragen der Vertragsgestaltung und Finanzierung notwendig. Public-Private-Partnership-Projekte, die das öffentliche, durch Steuern finanzierte Eigentum an Wirtschaftsunternehmen übereignen – schlimmstenfalls noch auf Kosten von Verfügbarkeit und Sicherheit – lehnen die Piraten ab.
- Position in Kurz: Wir sind für eine stärkere Einbindung der Bürger in Infrastrukturprojekte. Wir setzen uns deshalb für mehr Transparenz und breite Mitgestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger ein – und zwar nicht nur bei Fragen der baulichen Realisierung, sondern auch bei Fragen der Vertragsgestaltung und Finanzierung. Public-Private-Partnership-Projekte lehnen wir ab.
LKW-Maut
- Mögliche Frage: Die GroKo möchte die LKW-Maut ausweiten. Die Einnahmen aus der Nutzerfinanzierung sollen ohne Abstriche in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden. Wie stehen die Piraten zur LKW-Maut?
- Mögliche Antwort: Auch wenn wir uns in unserem Programm noch nicht explizit zum Thema LKW-Maut äußern, schließen wir bei der Frage nach der Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturvorhaben die Verwendung von „Einnahmen aus Nutzungsentgelten“ und damit auch die LKW-Maut nicht aus. Ganz explizit sprechen wir uns auf europäischer Ebene für eine gerechte Kostenverteilung des Verkehrs für alle Verkehrsträger gemäß des Verursacherprinzips aus. Dies kann als grundsätzliches Ja zur LKW-Maut gewertet werden. Unternehmen, die Waren transportieren, müssen auf jeden Fall als Verursacher von Umweltverschmutzung, Lärm und Abnutzungen an den Kosten für die Instandhaltung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur beteiligt werden. Kritisch sehen wir allerdings das in Deutschland eingesetzte Mautsystem von TollCollect. Zur Erfassung der LKWs und zur Zahlung der Mautgebühren werden die Fahrzeuge mittels eines Geräts (Board Unit) an ein digitales Kommunikationsnetz angeschlossen. Ein solches Datenerfassungsnetz weckt immer Begehrlichkeiten und kann auch leicht zweckentfremdet und Überwachungssystem umfunktioniert werden. Demnach gibt es entsprechende Vorstöße von konservativen Innenpolitikern auch in regelmässigen Abständen. Zweckentfremdungen dieser Art sind unbedingt zu verhindern.
- Position in Kurz: Wir sind für die Nutzung von Einnahmen aus Nutzungsentgelten bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten. Wir haben noch keine Position entwickelt Einigkeit, ob wir auch Gebühren für die Nutzung von öffentlichen Straßen erheben wollen. Das in Deutschland eingesetzte Mautsystem sehen wir aus Gründen des Datenschutzes und dem Recht der Menschen auf eine überwachungsfreie Gesellschaft kritisch.
PKW-Maut für Ausländer (Vignette) [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Koalition möchte eine PKW-Maut für „Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben“. Wie steht die Piratenpartei zur Einführung einer solchen Maut?
- Mögliche Antwort: Von ausländischen Autofahrern Geld zu nehmen und deutsche Autofahrer gleichzeitig von der Zahlung der Vignette auszunehmen, verstößt gegen die Antidiskriminierungsgrundsätze der EU – und ist damit entgegen der Aussagen im Koalitionsvertrag eben nicht „EU-rechtskonform“. Wir wünschen uns ein Europa ohne Grenzen. Eine PKW-Maut, die Europäer abhängig von ihrem Herkunftsland bevormundet oder benachteiligt, widerspricht einer gerechten und gleichberechtigten Beziehung, die Voraussetzung für ein Europa ohne Grenzen ist. Zudem hat die Einführung der LKW-Maut mit großer Verzögerung und Milliardenverlusten für die öffentliche Hand gezeigt, dass eine Umsetzung sehr problematisch sein kann. Im Hinblick auf große datenschutzrechtliche Probleme sehen wir eine Einführung einer PKW-Maut, orientiert am jetzigen Erfassungsmodell für LKWs, als äußerst problematisch an.
- Position in Kurz: Wir sind gegen eine PKW-Maut für Ausländer, da diese gegen die Antidiskriminierungsgrundsätze der EU verstößt. PKW-Halter dürfen nicht abhängig von ihrem Herkunftsland bevormundet oder benachteiligt werden. Weiterhin sehen wir datenschutzrechtliche Probleme, wenn ein ähnliches System wie zur Erfassung der LKW-Maut eingesetzt wird.
Verkehrstelematik
- Mögliche Frage: Die GroKo möchte Telematik und Verkehrsmanagementsysteme fördern. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Telematik-Systeme, ob infrastrukturseitig oder fahrzeugbasiert, bieten eine Reihe von Möglichkeiten, Verkehrsflüsse zu optimieren, Fahrzeiten zu verkürzen, Emissionen zu reduzieren und auch die Unfallhäufigkeit zu senken. Forschung und Entwicklung im Bereich der Verkehrstelematik erachten wir deshalb als sinnvoll und richtig. Auch im Bereich Lärmschutz kann eine clevere Verkehrssteuerung positive Effekte erzielen. Wir regen zudem an, die Entwicklung auch über die Grenzen klassischer Verkehrstelematik hinaus fortzusetzen: So kann nicht nur die Verkehrsführung elektronisch optimiert werden, sondern auch das bestehende Verkehrsangebot verbessert, indem bestehende Kapazitäten (sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in alternativen, teilweise privaten Angeboten) besser nutzbar gemacht werden. Wichtig ist, dass die für eine effektive Verkehrssteuerung zu erhebenden und zu übermittelnden Daten strengen Datenschutzmaßstäben unterworfen werden. Es darf nicht sein, dass solcherlei Daten dazu missbraucht werden können, Bewegungsprofile von einzelnen Fahrzeugen zu erstellen oder Fahrzeugkommunikation abzuhören.
- Position in Kurz: Wir unterstützen die Erforschung und Anwendung ergänzender Ansätze wie den Einsatz moderner Telematik-Systeme und die Entwicklung alternativer Verkehrskonzepte. Datenschutzbelange müssen allerdings in einem hohen Maße berücksichtigt und die Nutzung der anfallenden Daten strengen Datenschutzmaßstäben unterworfen sein.
Lärmschutz
- Mögliche Frage: In der Verkehrspolitik der GroKo spielt auch ein verbesserter Lärmschutz eine große Rolle. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Verkehrs- und Industrielärm ist definitiv eine Belastung für die Umwelt und ein Gesundheitsrisiko. Das Recht der Bevölkerung auf Schutz vor Verkehrs- und Industrielärm sehen wir zudem als Teil des Grundrechtes auf körperliche Unversehrtheit an. Deshalb ist ein besserer Lärmschutz unbedingt ein sehr wichtiges Thema für Politik. Wichtig ist uns dabei, Lärm – dort, wo es möglich ist – gleich an der Quelle zu vermeiden (aktiver Schutz), statt später aufwändig in Lärmschutz vor Ort, bei den Betroffenen (passiver Schutz) investieren zu müssen. Besonders schützenswert ist natürlich die nächtliche Ruhezeit. Um Menschen aber effektiv vor Lärm schützen zu können, brauchen wir zunächst eine valide Informationsbasis über bestehende Lärmbelästigungen. Deshalb wollen wir alle Industrie- und Verkehrslärmemissionen durch Kartierung auf OpenData-Basis erfassen. Alle vorhandenen Daten sollen nach dem OpenData-Prinzip transparent und maschinenlesbar im Internet veröffentlicht werden, um eine dynamische, idealerweise webbasierte Darstellung der Einzel- und Gesamtbelastungen zu ermöglichen. Betroffene haben so die Möglichkeit, ihre individuellen Belastungen schnell und unkompliziert einzusehen. Weiterhin wollen wir, dass Betroffene auf unkomplizierten Weg Lärmmessungen beantragen können, um bestehende Lärmemissionsberechnungen zu validieren. Außerdem soll ein Lärmlabel eingeführt wird, mit dem Lärmquellen aller Art einfach und bürgerfreundlich gekennzeichnet werden können.
- Position in Kurz: Wir betrachten es als einen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, wenn Menschen ungeschützt hohem Verkehrs- und Industrielärm ausgesetzt sind und setzen uns für einen effektiven aktiven und passiven Lärmschutz ein. Für die Feststellung der Lärmschutzbelastungen sollen alle Industrie- und Verkehrslärmemissionen auf OpenData-Basis kartiert werden. Weiterhin fordern wir die Möglichkeit einfacher Durchführung von Lärmmessungen sowie die Einführung eines Lärmlabels.
Deutsche Bahn [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte, dass im Bahnverkehr die Anschlüsse besser aufeinander abgestimmt werden und sich die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bahn erhöht. Vorstandsboni sollen ebenfalls klar an diesen Zielen ausgerichtet sein. Gewinne sollen direkt in den Netzausbau zurückfließen. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Das ist richtig. Es ist ein Missstand, dass Reisende heute immer noch zu oft ihre Anschlüsse verpassen. Der Bahnbetrieb muss dringend attraktiver und wettbewerbsfähiger werden – insbesondere auch in Hinblick auf eine gemeinsame europäische Zukunft. Wenn wir für einen nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Verkehr den Güter-und Warentransport in Zukunft europaweit stärker auf die Schiene verlagern wollen, brauchen wir dafür eine funktionierende Infrastruktur, nicht nur in Deutschland, sondern eben auch europaweit. Was die Reinvestition von Gewinnen in den Netzausbau betrifft: Ja, selbstverständlich muss und soll die Deutsche Bahn die eingefahrenen Gewinne in den Netzausbau reinvestieren. Schließlich wird die Bahn jährlich mit mehreren Milliarden Euro für diesen Netzausbau subventioniert. Damit resultieren die Gewinne der Bahn in einem beträchtlichen Maße aus öffentlichen Zuschüssen. Doch wenn investiert wird, sollte das Geld nicht nur in die Infrastruktur, sondern auch in rollendes Material und in Personal fließen. Wir gehen sogar so weit, zu sagen, dass wir Netz und Betrieb in Zukunft vollständig voneinander trennen wollen. Auch auf europäischer Ebene soll die Verantwortung für die Schieneninfrastruktur zukünftig in der öffentlichen Hand liegen. So kann der Netzausbau weiterhin bezuschusst werden, ohne das dies gleichzeitig eine Subventionierung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens darstellt. Die Deutsche Bahn kümmert sich dann ausschließlich um die eigene Unternehmung inklusive Wagen und Personal und zahlt dafür, wie alle anderen Anbieter von Verkehrsdienstleistungen auf der Schiene, Nutzungsentgelte. Das würde die Netzzugangsbedingungen für alle Anbieter vergleichbar machen und den Wettbewerb zu Gunsten der Verbraucher stärken. Natürlich muss dann nicht nur bei der Bahn, sondern auch bei den anderen Wettbewerbern das rechtzeitige Erreichen der Anschlüsse sichergestellt sein. Auch sollten die Bahnanbindungen besser an andere Verkehrsmittel angebunden werden. Eine Zusammenarbeit mit dem örtlichen öffentlichen Personennahverkehr, Car-Sharing-Projekten, Fahrrad-Mietstationen und ähnlichen Services ist von unserer Seite her wünschenswert. Ob Vorstandsboni an Kennwerte wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit geknüpft werden sollten, wurde bei uns noch nicht diskutiert, klingt aber grundsätzlich sinnvoll.
- Position in Kurz: Der Bahnbetrieb muss dringend attraktiver und wettbewerbsfähiger werden – insbesondere auch in Hinblick auf eine gemeinsame europäische Zukunft. Wenn wir für einen nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Verkehr den Güter-und Warentransport in Zukunft europaweit stärker auf die Schiene verlagern wollen, brauchen wir dafür eine funktionierende Infrastruktur, nicht nur in Deutschland, sondern eben auch europaweit.
Öffentlich-private Partnerschaften bei Verkehrsinfrastrukturprojekten
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte die Möglichkeit von Öffentlich-privaten Partnerschaften – sprich die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Geldgebern oder Infrastrukturgesellschaften – als zusätzliche Beschaffungsvariante im Bereich Verkehr erhalten. Was denken die Piraten über ÖPPs?
- Mögliche Antwort: Public Private Partnership-Projekte, wie sie heute durchgängig praktiziert werden, übereignen öffentliches, durch Steuern finanziertes Eigentum an Wirtschaftsunternehmen. Schlimmstenfalls geht dies auf Kosten der Verfügbarkeit und der Sicherheit für die allgemeine Bevölkerung. Deshalb lehnen wir Piraten Public Private Partnerships zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten ab. Wichtige Infrastrukturen müssen in der öffentlichen Hand bleiben. Nur so können gleiche Zugangsbedingungen für alle Nutzer gewährleistet sichergestellt werden, dass Einnahmen aus Nutzungsentgelten in den Erhalt und gegebenenfalls in den Ausbau der Infrastruktur investiert werden.
- Position in Kurz: Wir lehnen das Modell öffentlich-private-Partnerschaft (Public Private Partnership) für Infrastruktur-Projekte ab. Wichtige Infrastrukturen müssen in der öffentlichen Hand bleiben, um gleiche Zugangsbedingungen für alle Nutzer zu gewährleisten.
Biokraftstoffe
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte Biokraftstoffe zulassen. Diese müssen sich aber am Prinzip der Nachhaltigkeit orientieren. Was denken die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Salopp gesagt: Wenn jemand Biokraftstoffe herstellen möchte, muss er sicherstellen, dass dadurch niemandem Nahrung entzogen wird, die Menge des gewonnenen Produkts in einem guten Verhältnis zu den verbrauchten Ressourcen steht und auch die Umwelt und die Landwirtschaft nicht belastet werden. Das Prinzip der Nachhaltigkeit muss auf jeden Fall gewährleistet sein. Insbesondere darf die Produktion von Biokraftstoffen nicht zur „Vermaisung“ von Landschaften und der Entstehung von Monokulturen führen. Auch ist es für uns aus Gründen der Nachhaltigkeit keine Lösung, Erdöl durch Bio-Kraftstoffe zu ersetzen.
- Position in Kurz: Die Produktion von Biokraftstoffen muss den Grundsätzen der Nachhaltigkeit folgen und darf nicht in Konkurrenz zu anderen Zielen wie der Ernährung oder Ressourcenschonung stehen.
Elektromobilität
- Mögliche Frage: Die Große Koalition hat ihr bisheriges Regierungsziel bekräftigt, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die deutschen Straßen gebracht zu haben. Um dies zu erreichen, sollen nutzerorientierte Anreize gesetzt werden (statt Kaufprämien). Weiterhin will die Bundesregierung mit Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein Programm mit zinsgünstigen Krediten zur Anschaffung von umweltfreundlichen Fahrzeugen auflegen und damit insbesondere Elektrofahrzeuge fördern. Was halten Sie von diesen Plänen?
- Mögliche Antwort: Wir begrüßen grundsätzlich jede Initiative, die Elektromobilität fördern will. Der Umstieg auf Elektrofahrzeuge senkt nicht nur den Verbrauch fossiler Brennstoffe, sondern auch die allgemeine Lärmbelastung. Insbesondere in Innenstädten und Ballungszentren ist Verkehrslärm bekanntlich ein großes Problem. Weiterhin fördern Elektrofahrzeuge auch den Umstieg auf die Nutzung alternativer Energieerzeugungsmodelle. Dabei müssen es nicht immer Elektroautos sein, was der gerade der boomende Absatz von E-Bikes zeigt.
- Position in Kurz: Wir begrüßen grundsätzlich jede Initiative, die Elektromobilität fördert, da dies hilft, den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu senken und die Lärmbelastung insbesondere in Innenstädten und Ballungszentren zu senken. Elektromobilität erleichtert zudem den Umstieg auf alternative Energieerzeugungsmodelle.
Digitale Mobilitätsdienste
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte Datenplattformen auf OpenData-Basis fördern, die über Mobilitätsangebote informieren. Was halten die Piraten von den Plänen?
- Mögliche Antwort: Die Piratenpartei spricht sich grundsätzlich dafür aus, öffentliche Datenbestände zur freien Nutzung verfügbar zu machen – zum Beispiel für Mobilitätsangebote. Andere Länder wie England (London) haben bereits bewiesen, dass es möglich ist, stabile, verbraucherfreundliche Informationssysteme auf Basis offener Daten zu implementieren. Auch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) arbeitet bereits an entsprechenden Systemen und Angeboten.
- Position in Kurz: Die Piratenpartei spricht sich grundsätzlich dafür aus, öffentliche Datenbestände zur freien Nutzung und Weiterverbreitung verfügbar zu machen – zum Beispiel für Mobilitätsangebote.
Elektronisches Ticket
- Mögliche Frage: Die Große Koalition unterstützt die bundesweite Einführung des Elektronischen Tickets und ein verbessertes bundesweites Fahrgastinformationssystem. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir haben uns zwar bisher auf programmatischer Ebene noch nicht direkt zum Thema eTicket geäußert, doch lassen sich viele unserer Kritikpunkte an der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), was den Datenschutz betrifft, auch auf das elektronische Ticket übertragen. So erfüllt das derzeitige eTicket in keiner Weise unsere Anforderungen an den Datenschutz. Die Nutzung von eTickets ermöglicht die Erstellung von Bewegungsprofilen. Hier müssen klare Datenschutzregelungen geschaffen werden, die eine zweckentfremdete Nutzung der Daten untersagt. Stattdessen sprechen sich die Piraten für einen ticketlosen, umlagefinanzierten ÖPNV aus.
- Position in Kurz: Wir haben uns zwar bisher auf programmatischer Ebene noch nicht direkt zum Thema eTicket geäußert, doch lassen sich viele unserer Kritikpunkte an der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), was den Datenschutz betrifft, auch auf das elektronische Ticket übertragen.
Alternative ÖPNV auf dem Land
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte über alternative Beförderungsmöglichkeiten auf dem Land nachdenken, wie z.B. den verstärkten Einsatz von Rufbürgerbussen. Kommunen sollen Carsharing-Parkplätze anbieten. Wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir setzen uns ganz klar für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ein. Dafür befürworten wir auch die Entwicklung alternativer Mobilitätskonzepte. Insbesondere für ländliche, schwach besiedelte Gebiete oder auch für randstädtische Gegenden müssen Alternativen zum klassischen Bus-und-Bahn-System entwickelt werden, um verbraucherorientiert und rentabel zu fahren. Rufbürgerbusse sind eine Möglichkeit. Eine andere wären Taxen, die Fahrten zum ÖPNV-Tarif anbieten und die Differenz zum Normalpreis von staatlicher Seite erstattet bekommen, was sich zum Beispiel in Skandinavien bereits bewährt hat. Auch die Förderung von Carsharhing oder auch eMobility-Angeboten ist denkbar.
- Position in Kurz: Wir setzen uns ganz klar für den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ein. Dafür befürworten wir auch die Entwicklung alternativer Mobilitätskonzepte – insbesondere für ländliche, schwach besiedelte Gebiete.
BER Flughafen
- Mögliche Frage: Der Bund bekennt sich zum Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg BER“, heißt es ganz kurz und knapp im Koalitionsvertrag. Bekennen sich die Piraten auch zum Flughafen BER?
- Mögliche Antwort: Aktuell versucht der BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses Berlin, dem mit Martin Delius auch ein Vertreter der Piratenpartei vorsitzt, immer noch Licht ins Dunkel der bisherigen Planungen zu bringen. Derzeit lässt sich weder eine genaue Aussage zu den noch anstehenden Kosten, noch zur benötigten Restbauzeit bis zur Eröffnung machen. Angesichts dieser Situation wäre es fahrlässig, ein Bekenntnis für oder gegen einen konkreten Standort und ein konkretes Bauprojekt abzulegen. Was sich allerdings sagen lässt: Der BER wird vielleicht irgendwann mal ein funktionierender Flughafen, aber kein Großflughafen. Dazu reicht der Platz einfach nicht aus. Das weiß man bereits heute schon. Wenn für Berlin wir einen Großflughafen gewünscht wird, müssen wir einen neuen Standort finden. Dafür soll unserer Ansicht nach der bereits damals von unabhängigen Experten präferierte Standort in Sperenberg, 50 Kilometer außerhalb Berlins, noch einmal neu geprüft werden. Dafür müsste ein Raumordnungsverfahren gestartet werden, um die aktuellen Bedingungen zu erheben. In den 20 Jahren seit dem letzten Raumordnungsverfahren 1993/94 hat sich sicher einiges geändert. Martin Delius hat diesen Vorschlag bereits gemacht. Doch für die praktische Umsetzung dieser Alternative braucht es mehr als ein paar Piraten in einem Landesparlament, sondern eine parlamentarische Mehrheit, den Mut und die visionäre Kraft, gedanklich neue Wege zu gehen.
- Position in Kurz: Angesichts der unklaren Kosten- und Planungssituation wäre es zum jetzigen Zeitpunkt fahrlässig, ein Bekenntnis für oder gegen das Bauprojekt BER abzulegen. Auf jeden Fall wird dieser Flughafen kein Großflughafen. Wenn ein Großflughafen gewünscht ist, müssen alternative Standhorte, z.B. eh noch einmal Sperenberg neu geprüft werden.
Einheitlicher Europäischer Luftraum [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte sich auf europäischer Ebene für die Umsetzung des Einheitlichen Europäischen Luftraumes (Single European Sky) einsetzen. Was bedeutet heißt das, und wie stehen Sie dazu?
- Mögliche Antwort: Wir befürworten das Vorhaben sehr. Aktuell gleicht der Luftraum über Europa rechtlich noch einem Flickenteppich, da er sich immer noch an den nationalen Grenzen orientiert. Wegen dieser Zerstückelung können Flugzeuge oft nicht die direkte Route nehmen und müssen im Schnitt eine 42 Kilometer längere Strecke weiter fliegen. Das bedeutet mehr Zeit, mehr Kerosinverbrauch und eine stärkere Umweltbelastung. Brüssel beziffert die zusätzlichen Kosten auf 5 Mrd. Euro. Wir befürworten die Einführung eines einheitlichen Europäischen Luftraums deshalb sehr, da so das Flugmanagement effizienter und kostengünstiger gestaltet werden kann. Der Einheitliche Europäische Luftraum ist auch unterteilt, aber nur in neun große, sogenannte Funktionale Luftraumblöcke. Darin sollen die Flugsicherungsdienste verschiedener Staaten zusammenarbeiten und sich statt an Landesgrenzen an Verkehrsflüssen orientieren. Aktuell kommt die Große Koalition auch in Zugzwang und muss zeigen, wie ernst es ihr mit der Zusage ist. Denn erst im April 2014 hat die EU-Kommission Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg gerügt, den Vorgaben zur Schaffung des Einheitlichen Europäischen Luftraums nicht nachgekommen zu sein. Die Aufforderung ist der erste Schritt in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren.
- Position in Kurz: Die Piratenpartei fordert eine Vereinheitlichung des europäischen Luftraumes zur Steigerung der Sicherheit und Effizienz sowie zur Ermöglichung von innovativen Routenführungen.
Führerschein
- Mögliche Frage: In der Ausbildung der Fahranfänger wollen Union und SPD ein „Mehrphasenmodell“ mit Fahrsicherheitstrainings entwickeln. Ein halbes Jahr nach dem regulären Führerscheinerwerb soll ein eintägiges Fahrsicherheitstraining mit Test und Feedback folgen. Vorbild für das im Koalitionsvertragsentwurf erwähnte Modell scheint Österreich zu sein: Dort wurde die Mehrphasenausbildung schon vor zehn Jahren eingeführt und hat zu einer weiteren Reduzierung der Unfallzahlen geführt. Wie stehen Sie zu diesen Ideen?
- Mögliche Antwort: Wir haben uns zu dem Thema auf programmatischer Ebene noch nicht geäußert. Ganz grundsätzlich befürworten wir aber Maßnahmen sehr, die helfen, die Zahl der Verkehrstoten weiter zu senken.
- Position in Kurz: Wir haben dazu keine Position, befürworten aber grundsätzlich Maßnahmen, die helfen, die Zahl der Unfalltoten zu senken.
Flächendeckender Breitbandausbau [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition gibt im Koalitionsvertrag ein großes Ziel aus: „Bis zum Jahr 2018 soll es in Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde geben.“ Grundsätzlich soll beim Ausbau des Internets die Technologieoffenheit sichergestellt und im Einvernehmen mit den Bundesländern freiwerdende DVB-T2 Frequenzen eingesetzt werden. Spannend wird es bei den rechtlichen Bedingungen: Die Große Koalition möchte „vor allem wettbewerbs- und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen im EU-Telekommunikationsrecht und im Telekommunikationsgesetz“ schaffen. Genauer wurden diese Plände bisher nicht erläutert. Zur Refinanzierung der Breitbandinfrastruktur soll es zudem die Möglichkeit geben, Verträge zwischen Netzbetreibern und Netznutzern mit verlängerten Vertragslaufzeiten von 3 bis 4 Jahren zuzulassen. Wie bewerten Sie die Vorschläge und Ideen?
- Mögliche Antwort: Wir befürworten die klare Ansage, bis 2018 eine flächendeckende Grundversorgung mit einem ausreichend schnellen Internetanschluss zu gewährleisten. Eine lückenlose Breitbandversorgung wollen auch wir – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Denn Breitband ist unbestritten inzwischen ein wesentlicher sozialer, ökonomischer und kultureller Faktor für jede Region. Von Schulkindern bis zu Rentnern und Unternehmen benötigt ein Großteil der Menschen das Netz, um miteinander zu kommunizieren, Informationen auszutauschen oder einzukaufen. Für uns ist es daher besonders wichtig, Breitband auch in strukturschwachen Gebieten auszubauen, um die Lebensqualität der Menschen zu steigern und zu verhindern, dass Regionen wegen schlechter Infrastruktur für Unternehmen unattraktiv sind. Kurz: Ein freier und gleichberechtigter Zugang zum Internet ist längst Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe geworden. Die Nutzung von DVBT2-Lizenzen kann nur ein Anfang sein. Für sich allein genommen sind sie nicht ausreichend. Die Ankündigung, das EU-Telekommunikationsrecht und das Telekommunikationsgesetz „investitionsfreundlich“ zu gestalten, beunruhigt uns dagegen sehr – insbesondere weil genauere Ausführungen ausbleiben. Auf jeden Fall werden wir uns widersetzen, wenn Kommunikationsstrukturen mit dem Ausbau weiter monopolisiert werden sollen. Wir stehen für dauerhafte Investitionsanreize (in Infrastruktur), einen fairen Wettbewerb und eine Gleichbehandlung der Akteure im digitalen Raum, weshalb wir uns auch für eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität einsetzen. Diese wird derzeit gerade in Hinsicht auf die Finanzierung des Netzausbaus in Frage gestellt. Wir setzen beim Breitbandausbau eher auf effizientes Vorgehen und eine Beteiligung der Bürger. So lassen sich die Erschließungskosten mit einem verpflichtenden, öffentlichen Kataster für geplante Tiefbauarbeiten senken. Weiterhin müssen Bürgerinitiativen, die sich für ihre lokale Breitbandversorgung vernetzen, in ihrem Engagement unterstützt werden.
- Position in Kurz: Wir befürworten die klare Ansage, bis 2018 eine flächendeckende Grundversorgung mit einem ausreichend schnellen Internetanschluss zu gewährleisten. Grundsätzlich ist jedoch darauf zu achten, dass mit dem Ausbau die Kommunikationsstrukturen nicht weiter monopolisiert werden. Vielmehr noch sollte die Bürgerbeteiligung am Breitbandausbau gestärkt werden, indem zum Beispiel Bürgerinitiativen, die sich für ihre lokale Breitbandversorgung vernetzen, unterstützt werden.
WLAN im öffentlichen Raum
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar machen und dafür die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) nutzen. Neben der Klärung rechtlicher Fragen (-> Störerhaftung) möchte sie die „Etablierung heterogener, frei vernetzter und lokaler Communities und ihrer Infrastrukturen forcieren“. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Der freie öffentliche Zugang für jeden zum Internet ist lange überfällig. Wir befürworten das Vorhaben deshalb sehr, auch wenn die Großen Koalition selbst wahrscheinlich dabei eher wirtschaftlichen und touristischen Motiven folgt und weniger dem viel grundlegenderen Grundrechtsanspruch eines jeden auf Zugang zu Information, Wissen und Bildung. In der Piratenpartei Deutschland finden sich aus diesem Grund Menschen in Arbeitsgruppen und Squads zusammen, um sogenannte „Freifunknetze“, eine Form der Bürgerdatennetze, zu organisieren und aufzubauen. Wenn die Große Koalition Projekte wie diese fördert, freut uns das sehr.
- Position in Kurz: Wir befürworten den Aufbau eines mobilen Internets im öffentlichen Raum sehr. Für uns ist dies allerdings weniger eine wirtschaftliche oder touristische Notwendigkeit, sondern ergibt sich direkt aus dem Grundrechtsanspruch eines jeden auf Zugang zu Information, Wissen und Bildung. Deshalb organisieren und bauen Piraten auch eigene Freifunknetze auf.
Störerhaftung
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte mobiles Internet über WLAN im öffentlichen Raum etablieren und dafür auch das Problem der Störerhaftung aus der Welt schaffen. Konkret sollen die Haftungsregelungen analog zu den Haftungsregelungen von Access Providern gestaltet werden. Was sagen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir befürworten das sehr. Die sogenannte „Störerhaftung“, also die Haftung des Anbieters z. B. eines freien WLAN-Hotspots für mögliche Rechtsverletzungen eines Nutzers des Angebots, ist ein unhaltbares Relikt aus einer analogen Zeit. Sie sorgt für große Rechtsunsicherheit bei Privatleuten und Unternehmen. Und sie blockiert derzeit den Aufbau und die Verbreitung freier öffentlicher WLAN-Netze und hier wichtige Innovationsmotoren wie die Freifunk-Bewegung, die ein dezentrales Netz in Nutzerhand etablieren will. Wir wollen die „Störerhaftung“ von Internetanbietern deshalb ebenfalls deutlich eindämmen. Anbieter von Internetzugängen (z. B. WLAN-Anbieter) und von Internet-Speicherdiensten sollen künftig nicht mehr verpflichtet sein, Rechtsverletzungen anderer Personen nach Art einer Privatpolizei präventiv zu verhüten. Eine Gesetzesänderung ist schnell und kostenfrei möglich.
- Position in Kurz: Wir wollen die „Störerhaftung“ von Internetanbietern deutlich eindämmen. Anbieter von Internetzugängen (z. B. WLAN-Anbieter) und von Internet-Speicherdiensten sollen künftig nicht mehr verpflichtet sein, Rechtsverletzungen anderer Personen nach Art einer Privatpolizei präventiv zu verhüten.
Routerzwang
- Mögliche Frage: Die Große Koalition lehnt den Routerzwang ab. Nutzer müssen auch weiterhin die freie Auswahl an verfügbaren Routern haben. Die zur Anmeldung der Router (TK- Endeinrichtungen) am Netz erforderlichen Zugangsdaten sind den Kundinnen und Kunden unaufgefordert mitzuteilen. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Auch wenn wir uns auf programmatischer Ebene zum Thema Routerzwang noch nicht im Detail geäußert haben, stehen wir für eine echte Wahlfreiheit bei der Nutzung des Internets. Das entspricht unserem Verständnis von einem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sowohl Wahlfreiheit als auch informationelle Selbstbestimmung sind allerdings nicht mehr gegeben, wenn Internet-Provider Kunden vorschreiben, welche Modem- und Routermodelle sie zu verwenden haben, und darüber hinaus auch die Einwahldaten für den DSL-Zugang nicht mehr an Kunden herausgeben, da diese mit dem Router „mitgeliefert“ werden. Weiterhin verletzt ein Routerzwang ein wichtiges Prinzip der Netzneutralität. So muss bei echter Netzneutralität sichergestellt sein, dass jeder Anwender nicht nur jeden Dienst und jedes Protokoll, sondern auch jedes Gerät verwenden darf. Genauso wie Anbieter bestimmte Dienste nicht verbieten können sollen, dürfen sie einem Anwender auch nicht vorschreiben, mit welchen Gerät er ins Netz geht. Darüber hinaus beeinträchtigt diese Rechtslage den Aufbau von Freifunk- und Bürgernetzen zur Internetversorgung von Gebieten, die von den Netzbetreibern nur unzureichend oder zu prohibitiven Kosten versorgt werden, da die hierfür notwendige Hardware im Zweifel nicht eingesetzt werden kann. Das zusammengenommen sind wichtige Gründe und Argumente, um uns auch ohne explizit ausformulierte programmatische Position für eine Abschaffung des Routerzwangs auszusprechen.
- Position in Kurz: Auch wenn wir uns auf programmatischer Ebene zum Thema Routerzwang noch nicht im Detail geäußert haben, stehen wir für eine echte Wahlfreiheit bei der Nutzung des Internets im Sinne des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Weiterhin stehen wir für eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität sowie für den Ausbau eines öffentlich frei verfügbaren Internets. Der Routerzwang schränkt sowohl Wahlfreiheit und informationelle Selbstbestimmung ein, setzt wesentliche Prinzipien der Netzneutralität außer Kraft und blockiert auch den Aufbau von Freifunknetzen. Wir können daraus den Schluss ziehen, dass wir den Routerzwang ablehnen, da er gegen wesentliche Prinzipien und Ziele unserer Politik verstößt.
Netzneutralität [Thema mit Europa-Perspektive]
- Mögliche Frage: Die Große Koalition spricht sich für eine verbindliche Verankerung der „Gewährleistung der Netzneutralität“ als „Regulierungsziel im Telekommunikationsgesetz“ aus. Die Überwachung dieser Regelungen soll die Bundesnetzagentur übernehmen. Auch will sie sich auf europäischer Ebene für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität einsetzen. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir begrüßen die Zusage, die Gewährleistung der Netzneutralität zum Regulierungsziel zu erklären, möchten aber betonen, dass die Netzneutralität damit in Deutschland keinesfalls gesetzlich verankert wird. Auch fehlt bisher eine genauere Definition, was die Partner der Großen Koalition unter Netzneutralität verstehen. Eine Umdeutung zugunsten der großen Telekommunikationskonzerne ist somit immer noch möglich. Und nicht zu vergessen: Auch der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP von 2009 enthielt bereits Zusagen zur Wahrung der Netzneutralität, die aber kaum etwas gebracht haben. Aufgrund dieser etwas zögerlichen Haltung, was eine nationale Regelung angeht, freuen wir umso mehr über die klare Ansage, die Netzneutralität auf europäischer Ebene gesetzlich zu verankern. Die Netzneutralität ist ein wesentliches Funktionsprinzip des Internets, das dafür sorgt, dass alle Datenpakete unabhängig von ihrem Inhalt gleich behandelt und damit diskriminierungsfrei transportiert werden. Die Netzneutralität ist deshalb die Basis für ein offenes und freies Internet, das Teilhabe, Meinungsvielfalt, Innovation und einen fairen Wettbewerb frei von Zensur und anderen Freiheitseinschränkungen ermöglicht. Das gilt es zu erhalten. Deshalb setzen sich auf die Piraten für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität ein – auf nationaler wie auf europäischer Ebene. Dementsprechend lehnen wir alle datendiskriminierenden Methoden und die entsprechenden Kategorisierungen, wie z.B. Güteklassen, Angebotseinschränkungen oder -bevorzugungen sowie Zugangserschwernisse ab. Eingriffe in die Vermittlungsschicht oder das Betrachten der Transportschicht der durchgeleiteten Daten müssen konsequent verboten werden. Weiterhin dürfen Zugangsprovider nicht von Ermittlungsbehörden als „Hilfsheriffs“ missbraucht werden.
- Position in Kurz: Wir fordern eine gesetzliche Verankerung der Netzneutralität auf nationaler und europäischer Ebene. Eingriffe in die Vermittlungsschicht oder das Betrachten der Transportschicht der durchgeleiteten Daten müssen konsequent verboten werden. Zugangsprovider dürfen nicht von Ermittlungsbehörden als „Hilfsheriffs“ missbraucht werden.
Deep Packet Inspection (DPI)
- Mögliche Frage: Die Große Koalition will die sogenannte Deep Packet Inspection (DPI) zur Diskriminierung von Diensten oder Überwachung der Nutzerinnen und Nutzer gesetzlich untersagen. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir sind absolut für ein Verbot von Datenanalyse- und Datenüberwachungsverfahren wie die Deep Packet Inspection (DPI). Die DPI ist – im übertragenen Sinne – der Nacktscanner für unsere Daten. So werden bei der DPI die versendeten Internet-Datenpakete komplett gelesen und analysiert, unter Umständen zeitlich zurückgehalten, einfach weggeworfen oder sogar inhaltlich verfälscht. Würde ein Postbote in der analogen Welt ein ähnliches Vorgehen bei Postpaketen an den Tag legen, würde er wegen eklatanter Verstöße gegen das Briefgeheimnis zur Rechenschaft gezogen werden. Die DPI wird zur Vorratsdatenspeicherung, zum Abhören und Sammeln von Informationen und zur Zensur im Internet eingesetzt. Aber auch bei Geschäftsmodellen, welche die Netzneutralität aufheben und bestimmte Services und Angebote bevorzugen wollen, ist eine Nutzung von DPI eigentlich unausweichlich, da sonst gar nicht erkannt werden kann, welches Datenpaket bevorzugt behandelt werden soll und welches nicht.
- Position in Kurz: Die Deep Packet Inspection (DPI) ist ein Netzwerkverfahren zur Überwachung und gezielter Selektion von Daten. Wir fordern deshalb ein Verbot des Einsatzes von DPI in öffentlichen Netzwerken durch Provider oder Behörden.
[Add On: Nicht im Koalitionsvertrag] Neues Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
- Mögliche Frage: Wozu dient Ihrer Meinung das neue Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur?
- Mögliche Antwort: Diese Frage werden wir sicher auch nach vier Jahren Großer Koalition nicht abschließend beantworten können. Der Zuschnitt des Ministeriums und auch die Aufteilung der netzpolitischen Kompetenzen auf andere Ministerien lassen allerdings vermuten, dass die Forderung nach einem stärkeren Fokus auf die Netzpolitik, wie sie nicht nur durch uns, sondern beispielsweise auch durch die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ gestellt wurde, auf das Thema „Datenautobahnen“ reduziert wird. Das ist insofern frustrierend, als der Ausbau flächendeckender Netzinfrastruktur zwar einen wichtigen, aber eben nur einen kleinen Teil einer sinnvollen und umfassenden Netzpolitik ausmacht. Themen wie Datenschutz und der Schutz vor Überwachung im Netz, Urheberrecht im digitalen Zeitalter, Cyberwar usw. fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des angeblichen „Internetministers“ Dobrindt. Dafür sind andere Ressorts zuständig. Der Bereich „Internet“ und seine Implikationen werden hier zu kurz gefasst und stiefmütterlich an das Ressort Verkehr angehängt. Wir sehen das Internet und die digitale Infrastruktur als eigenständigen Bereich, der ein eigenes Ressort braucht.
[Add On: Nicht im Koalitionsvertrag] Alexander Dobrindt als Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur
- Mögliche Frage: Ist Alexander Dobrindt für dieses Amt der geeignete Minister?
- Mögliche Antwort: Dobrindt ist so geeignet oder ungeeignet wie jede andere mögliche Personalie der Koalition. Er hat sich bisher nicht durch Äußerungen zur Netzpolitik oder zur Digitalen Agenda hervorgetan, hat aber zumindest auch noch keinen besonders großen Bullshit in dieser Richtung produziert, wie dies zum Beispiel seine Parteikollegen Hans-Peter Friedrich oder Hans-Peter Uhl taten. Schlussendlich ist nicht so sehr Dobrindt selbst interessant, sondern das, was seine Ministerialbeamten und vor allem Staatssekretärin Dorothee Bär in den kommenden Monaten und Jahren anzubieten haben.
Energie(Wende)
Energiewende
- Mögliche Frage: Die Große Koalition setzt bei der Energiewende auf Verlangsamung, Konsolidierung und Kosteneffizienz. Wie finden Sie das, und wie kann Ihrer Meinung nach die Energiewende gelingen?
- Mögliche Antwort: Wir halten es für fahrlässig und gefährlich, wenn erneuerbare Energien allein zu einem Kostentreiber und Verursacher höherer Strompreise herabgesetzt und der Ausbau abgebremst werden soll. Es ist auch falsch und irreführend. Ein konsequenter und zügiger Ausbau der regenerativen Energie aus Wind, Sonne oder Wasser ist volkswirtschaftlich gesehen wesentlich nachhaltiger und langfristig auch günstiger als der Erhalt der Energieversorgung aus nicht regenerativen Energien. Natürlich sind die Anfangsinvestitionen in die erneuerbaren Energien erst einmal höher, doch fallen die Folgekosten über Jahrzehnte hinweg dann sehr niedrig aus. Bei sich verbrauchenden Ressourcen wie Öl, Gas und Kohle ist das Verhältnis genau andersherum: Sie sind erst einmal günstig zu haben, langfristig aber recht kostenintensiv. Auch ist die Energiewende aus umweltpolitischer Sicht von extrem hoher Wichtigkeit – vom Imagegewinn für den Standort Deutschland mal ganz abgesehen. Zudem kann die Politik sich jetzt nicht mit einer 180-Grad-Kehrtwende aus der Verantwortung ziehen: Wer jetzt alle Initiativen im Bereich Erneuerbare Energien drosselt oder gar durch Auflagen bestraft, stößt alle Unternehmen vor den Kopf, die in den letzten Jahren genau hier investiert haben. Weiterhin entwertet eine solche Politik das Engagement von Millionen von Bürgern, die mit Solaranlagen auf dem Hausdach oder Beteiligungen an Bürgerwindparks die Energiewende vorantreiben. Wir sagen deshalb: Das Tempo kann und muss beibehalten werden. Wichtig ist allerdings, dass die Verteilungsnetze und Energiespeicher adäquat und zügig ausgebaut werden. Gute Speichertechnologie fehlt wirklich. Wir setzen uns deshalb für ein Energiespeicherfördergesetz ähnlich dem EEG ein, um hier Investitionsanreize zu schaffen. Weiterhin setzen wir auf ein dezentrales und transparentes Versorungssystem in unabhängiger Hand ein, damit Energieversorgung bürger- und verbrauchernah und unabhängig von oligopolistischen Strukturen stattfinden kann. Auch dieser Schritt ist für den Endkunden am Ende automatisch effizienter und kostengünstiger.
- Position in kurz: Wer erneuerbare Energien nur noch als Kostentreiber und Verursacher höherer Strompreise sieht, führt Menschen in die Irre. Das Ausbautempo für regenerative Energien aus Wind, Sonne und Wasser muss beibehalten werden. Wichtig ist allerdings, das jetzt insbesondere die Verteilungsnetze und Energiespeicher ausgebaut werden. Deshalb wollen wir ein Energiespeicherfördergesetz ähnlich dem EEG, um Investitionsanreize zu schaffen. Weiterhin wollen wir eine dezentrale Energiegewinnung mit vielen Anbietern, um eine bürger- und verbrauchsnaheEnergieversorgung zu etablieren , die nicht von Mono- und Oligopolen beherrscht wird.
Ausbau Erneuerbarer Energien
- Mögliche Frage: Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag einen festen Ausbaukorridor definiert, der auch in einem reformierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gesetzlich festgelegt werden soll. Laut Großer Koalition soll der Anteil erneuerbarer Energien bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent steigen, bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent. Nicht näher definiert wird, ob sich dieser Anteil auf den Stromverbrauch oder auf den Gesamtenergieverbrauch bezieht. Wenn der definierte Anteil sich auf den Stromverbrauch bezieht, heißt das de facto, dass der Ökostromanteil im Stromnetz nur noch um 1,7 Prozent pro Jahr steigt und damit im Vergleich zum Wachstum der letzten Jahre fällt. Viele Verbände haben deshalb bereits kritisiert, dass die Große Koalition die Energiewende „verlangsamt“ oder sogar „ausbremst“. Befürworter des gewählten Weges wenden ein, dass das Ausbautempo von Ökostrom-Anlagen in den letzten Jahren viel zu schnell war und ein Abbremsen genau richtig ist. Weder der Netzausbau noch die Entwicklung von Speichertechnologien hätten mit dem Tempo Schritt halten können. Wie bewerten sie die Situation und das Vorgehen der Koalitionspartner?
- Mögliche Antwort: Ja, die Deckelung der Zubaumengen für Wind und Photovoltaik bremst die „Energiewende“ tatsächlich aus. Das geschieht aber weniger direkt, sondern vielmehr indirekt, da die beschlossenen Maßnahmen das Geschäftsmodell vieler nneu gegründeter Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien zerstören und sie in die Insolvenz treiben. Bereits jetzt ist wieder eine Zunahme der Kohleverstromung, das heißt der Stromerzeugung aus Kohle, erkennbar. Es stimmt natürlich bis zu einem gewissen Grad, dass der Netzausbau und die Entwicklung von Speichertechnologien nicht mit dem Ausbautempo für die Erneuerbaren Energien Schritt halten konnten. Allerdings sähe die Situation heute anders aus, wenn die jährlichen Steuergeschenke eben nicht in endliche Energieträger, sondern viel mehr in die Entwicklung von Energiespeichertechnologien geflossen wären. Das muss nachgeholt werden. Wir setzen uns deshalb für ein Energiespeicherfördergesetz ähnlich dem EEG ein, um hier Investitionsanreize zu schaffen.
- Position in kurz: Ja, die Deckelung der Zubaumengen für Wind und Photovoltaik bremst die „Energiewende“ tatsächlich aus, da sie Unternehmen das Geschäftsmodell entzieht. Ein Versäumnis beim Ausbau der Speichertechnologie kann nicht dazu führen, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien gebremst wird. Was wir brauchen, ist ein Ausbau der Speichertechnologieförderung. Wir setzen uns deshalb für ein Energiespeicherfördergesetz ähnlich dem EEG ein, um hier Investitionsanreize zu schaffen.
Emissionshandel, CO2-Zertifikate
- Mögliche Frage: Eines der wichtigsten Ziele der Klimapolitik ist die Reduzierung der emittierten Treibhausgasmengen. Dem stimmt so auch die Große Koalition so zu. Ein zentrales marktwirtschaftliches Instrument der EU-Klimapolitik, die Treibhausgasemissionen gemäß dem Kyoto-Protokoll zu senken, ist der Emissionshandel. Der Emissionshandel ist insofern sehr zentral, da jede zweite Tonne Kohlendioxid inzwischen durch ihn reguliert wird. Dafür legt die EU periodisch eine niedrigere Obergrenze für in Europa erzeugte Emissionen an Treibhausgasen fest und verteilt eine entsprechende Menge von Zertifikaten an die verursachenden Industrieunternehmen. CO2-verursachende Industrieunternehmen müssen diese Zertifikate vorweisen, wenn sie CO2 ausstoßen. Stoßen sie weniger CO2 aus als ihnen von der EU Zertifikate ausgegeben wurden, können sie diese verkaufen. Stoßen sie mehr CO2 aus, müssen sie Zertifikate nachkaufen. Der daraus entstehende Handel und ein entsprechend hoher Preis für die Zertifikate soll Unternehmen dazu animieren, doch lieber in klimafreundliche Anlagen zu investieren und damit allgemein die Emissionen zu senken. Nun ist der Zertifikatepreis jedoch durch die europäische Wirtschaftskrise auf nicht einmal viereinhalb Euro pro Tonne CO2 abgestürzt. Das Signal ist fatal: Denn damit wird klimaschädliches Verhalten wieder kostengünstiger als die Investition in klimafreundliche Anlagen. Wenn der Emissionshandel also weiter ein effektives klimapolitisches Werkzeug bleiben soll, muss der Zertifikatspreis wieder steigen. An dieser Stelle werden Union und SPD doch eher zurückhaltend im Koalitionsvertrag. Sie sprechen zwar von einem „wirksamen Emissionshandel“ und möchten die von der EU-Kommission bereits geplante Herausnahme von 900 Mio. Zertifikaten aus dem Handel (Backloading) unterstützen und gleichzeitig sicherstellen, dass es sich dabei nur um einen einmaligen Eingriff handelt. Was denken die Piraten darüber?
- Mögliche Antwort: Das, was die Große Koalition hier einen „wirksamen Emissionshandel“ nennt, ist eine klimapolitische Katastrophe. Eine EU-Vorgabe so minimal wie möglich zu erfüllen, ist keine Leistung und zeugt auch nicht von Engagement. Im Gegenteil: Man könnte mit gutem Recht behaupten, dass die Große Koalition hier durch politisches Nichthandeln Industrieunternehmen sogar verdeckt subventioniert, indem sie ihnen langfristig weiter die Möglichkeit gibt, sich mit billigen Schadstoffzertifikaten von Umweltsünden freizukaufen. Wir sehen es jedoch als essentiell an, dass Verursacher von gesellschaftlichen Kosten und Risiken auch den wahren Preis ihres Handelns zahlen. Der EU-weite Emissionszertifikatehandel scheitert derzeit tatsächlich an einem hohen Zertifikate-Überschuss und einem daraus resultierendem sehr geringem Preis. Er hat damit keine bzw. nur noch eine geringe Lenkungswirkung. Die von der EU-Kommission verordnete kurzfristige Herausnahme von 900 Mio. Zertifikaten aus dem Handel (Backloading) ist ein erster Schritt, aber für sich allein genommen, nicht ausreichend. Wenn wir den Emissionshandel weiterhin als Instrument einsetzen wollen, müssen die Verschmutzungsrechte nicht nur einmalig, sondern fortlaufend reduziert werden. Weiterhin fordern wir die Einführung einer Preisuntergrenze für CO2-Zertifikate. Um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, fordern wir neben einer Reform des Emissionshandels eine Erhöhung der Energieeffizienz, die Förderung erneuerbarer Energien, eine Überarbeitung der EU-Energiesteuerrichtlinie und eine stärkere Besteuerung von Brennstoffen. Insbesondere im europäischen Luftverkehr brauchen wir eine verbrauchsorientierte Luftverkehrsabgabe, die Ausweichverhalten minimiert.
- Position in kurz: Die Große Koalition glänzt beim derzeitigen Emissionshandel und damit bei einem der wichtigsten Werzeuge des Klimawandels mit Nichthandeln. Dabei besteht dringender Handlungsbedarf, da ein Zertifikateüberschuss die Preise drückt und damit die Lenkungswirkung des Mittels außer Kraft setzt. Wir brauchen eine Reform des Emissionshandels und in deren Rahmen nicht nur einen kurzfristigen Abbau des Zertifikateüberschusses, sondern eine langfristige Reduktion. Weiterhin setzen wir uns für die Einführung einer Preisuntergrenze für CO2-Zertifikate ein. Um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, sollen zusätzliche Maßnahmen wie eine Erhöhung der Energieeffizienz, die Förderung erneuerbarer Energien, eine Überarbeitung der EU-Energiesteuerrichtlinie und eine stärkere Besteuerung von Brennstoffen, insbesondere im europäischen Luftverkehr ergriffen werden.
Stromsparen / Energieeffizienz
- Mögliche Frage: Die Große Koalition will einen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz erarbeiten. Dieser enthält im Wesentlichen Energieberatungsangebote, z.B. für die energetische Gebäudesanierung, sowie Standards für energierelevante Produkte (Top-Runner-Prinzip). Mehr Geld, wie ursprünglich vorgesehen, gibt es allerdings nicht. Nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hat es die steuerliche Absetzbarkeit von Maßnahmen zur Gebäudesanierung. So sparen Bund und Länder zwar eine Milliarde Euro jährlich. Aber Investitionen in effizienteres Wärmen und Heizen werden nicht gefördert. Wie bewerten die Piraten das Verhandlungsergebnis?
- Mögliche Antwort: Das Einzige, was hier positiv erwähnt werden kann, ist, dass dem Thema Stromsparen überhaupt im Koalitionsvertrag Raum gegeben wird. Beratungsangebote gibt es allerdings nur sehr wenige, und diese erreichen zudem meist nur Menschen, die bereits für das Thema sensibilisiert sind. Auch wenn wir uns selbst auf programmatischer Ebene noch nicht detaillierter zu dem Thema geäußert haben, können wir sagen: Wenn wirklich zeitnah Investitionen in energieeffiziente Gebäude erwartet werden, muss auch über finanzielle Unterstützungen und/oder steuerliche Entlastungen der Verbraucher nachgedacht werden. So wäre es zum Beispiel denkbar, dass Unternehmen wie auch private Verbraucher von der EEG-Umlage befreit oder teilbefreit werden, wenn sie Maßnahmen zur Energieeffizienz durchgeführt haben. Was das Top-Runner-Prinzip für energierelevante Produkte betrifft: Standards für energierelevante Produkte werden bereits seit mehreren Jahren von der EU im Rahmen der Richtlinie 2009/125/EG gesetzt. Eine zusätzliche nationale Regelung wäre hier eher schädlich und nicht mit dem EU-Binnenmarkt vereinbar. Der angekündigte Top-Runner-Ansatz für Energieeffizienz von Geräten ist von der EU absichtlich nicht gewählt worden. Die EU differenziert hier deutlich stärker.
- Position in kurz: Energieeffizienz ist ein wesentlicher Baustein, wenn es darum geht, Treibhausemissionen zu reduzieren und damit für ein gutes Klima zu sorgen. Begleitende Beratungsangebote halten wir für einen Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz allerdings für nicht ausreichend. Auch wenn wir uns selbst auf programmatischer Ebene noch nicht detaillierter zu dem Thema geäußert haben, können wir sagen: Wenn wirklich zeitnah Investitionen in energieeffiziente Gebäude erwartet werden, muss über finanzielle Unterstützungen und/oder steuerliche Entlastungen der privaten als auch geschäftlichen Verbraucher nachgedacht werden. Was das Top-Runner-Prinzip für energierelevante Produkte betrifft: Energieeffizienzanforderungen werden bereits von der EU im Rahmen der Richtlinie 2009/125/EG gesetzt, ein nationaler Alleingang ist hier unsinnig.
EEG-Reform
- Mögliche Frage: Die Große Koalition strebt eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an und will bis Ostern 2014 ein Reformkonzept vorgelegt haben, das im Sommer 2014 verabschiedet wird. Das Fördersystem soll reformiert und Einspeisevergütungen zusammengestrichen werden. Die Vergütung von Windstrom an Land soll reduziert werden. Offshore-Windräder bekommen noch eine Übergangsregelung für höhere Vergütungssätze. Solaranlagenbesitzer müssen mit keinen weiteren Kürzungen rechnen. Die Ausbauziele werden mit einem festgelegten Ausbaukorridor zusammengestrichen. Altanlagen genießen Bestandsschutz. Wie bewerten Sie das Thema EEG und die von der Großen Koalition avisierte Reform?
- Mögliche Antwort: Das EEG hat seine grundsätzliche Aufgabe weitgehend erfüllt und sollte den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Von daher ist eine Reform der richtige Schritt. Das EEG wurde ursprünglich geschaffen, um alternative Stromerzeugungstechnologie voranzutreiben – so lange, bis diese ihre volkswirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erreicht hat. Dieses Ziel ist in einigen Anwendungen bereits erreicht, und eine volle Marktfähigkeit ist in Reichweite. Was jetzt gefördert werden muss, ist die Speichertechnologie und der flächendeckende Ausbau von Energiespeichern. Wir fordern deshalb ein Energiespeicherfördergesetz, um ähnlich dem EEG Investitionsanreize zum Aufbau von Stromspeichern zu schaffen. Mit dem Auslaufen der EEG-Förderung müssen gleichzeitig die großzügigen Subventionen, Beihilfen und Steuergeschenke für die fossile Energiegewinnung beendet werden. Weiterhin muss das Marktdesign transparent gestaltet werden.
- Position in kurz: Das EEG hat seine grundsätzliche Aufgabe erfüllt und sollte den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Was jetzt gefördert werden muss, ist die Speichertechnologie und der flächendeckende Ausbau von Energiespeichern. Wir fordern deshalb ein Energiespeicherfördergesetz, um ähnlich dem EEG Investitionsanreize zum Aufbau von Stromspeichern zu schaffen.
Onshore-Windenergie-Förderung (Windenergie an Land)
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte die Fördersätze/Vergütungssätze für Windenergieanlagen an Land kürzen, um Überförderungen zu vermeiden. Im Binnenland sollen nur noch Windräder gefördert werden, die auf einen Windertrag von 75 bis 80 Prozent kommen. Weiterhin soll eine Länderöffnungsklausel im Baugesetz ermöglichen, dass jedes Bundesland eigene Regeln für Mindestabstände zur Wohnbebauung festlegen kann. Der baden-württembergischem Umweltminister Franz Untersteller hat hier bereits scharf kritisiert, dass damit in Baden-Württemberg nahezu kein Windrad mehr gefördert würde – obwohl Windräder an angeblich schwachen Standorten mit neuen Anlagekonzepten effizienter sind als Photovoltaikanlagen im Süden. Wie stehen die Piraten zu dem Vorhaben?
- Mögliche Antwort: Natürlich ist auch die Nutzung Erneuerbarer Energien nicht ohne Folgen für die Umwelt. Das heißt, auch bei Sonnen- und Windkraft ist auf einen flächenschonenden Ausbau zu achten. Allerdings brauchen wir gerade bei der Nutzung erneuerbarer Energien ein dezentrales Energieversorgungsnetz. Dafür sind wiederum auch Anlagen in weniger ertragreichen Lagen notwendig. Das von der Großen Koalition vorgeschlagene sogenannte „Referenzertragsmodell“, das Mindestwindertragswerte für eine Förderung festlegt, verhindert jedoch, dass in Lagen, die keine maximalen Ausbauten erlauben, auch nicht die modernen, für Schwachwind geeigneten Anlagen errichtet werden können. Damit entstehen große Lücken in der Versorgung, die nur durch massiven Netzausbau unter hohen Mehrkosten gefüllt werden können. Insbesondere in Bundesländern, die in den nächsten Jahren Atomkraftwerke abschalten, wird es durch den fehlenden Zubau an Windkraft gefährliche Lücken geben. Selbstverständlich gilt das Gesagte nur unter der Voraussetzung, dass die Anlagen langfristig auch ohne massive Förderung und Bezuschussung rentabel laufen können. Bezüglich der Abstandsregelung zur Wohnbebauung gilt: Was die Bevölkerung betrifft, sollte man schonend vorgehen. Wenn die Menschen vor Ort strikt gegen Windräder sind, sollte auf eine Errichtung verzichtet werden. Stattdessen sollte man für Windkraft werben. Durch die allgemeine Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien ist mittelfristig ein Umdenken oder die Entscheidung für eine adäquate Alternative zu erwarten.
- Position in kurz: Wir sind für einen möglichst dezentralen Ausbau der Energieversorgung. Dafür sind auch Anlagen in weniger ertragreichen Lagen notwendig. Mehrkosten für ertragsschwächere Anlagen werden durch den geringeren Aufwand beim Netzausbau kompensiert.
Offshore-Windenergie Förderung (Windenergiegewinnung auf See)
- Mögliche Frage: Während bei der Förderung der Windenergie an Land die Daumenschrauben angelegt werden, werden für den Ausbau der Offshore-Windenergie zahlreiche Ausnahmen geschaffen. So bekommen die Betreiber von Offshore-Windparks die hohe Förderung von 19 Cent je Kilowattstunde auch dann noch, wenn ihre Anlage erst 2019, statt wie bisher vorgeschrieben, spätestens 2017 ans Netz geht. Es wird deutlich klar, wo der Förderschwerpunkt liegt. Was sagen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Was zuerst einmal festzuhalten ist: Die Leistung der in der Nord- und Ostsee in Betrieb oder im Bau befindlichen bzw. genehmigten Offshore-Windparks beträgt schon heute ca. 10 Gigawatt (Stand März 2014)http://www.offshore-windenergie.net/). Im Koalitionsvertrag wurde ein Ausbau von 6,5 GW bis 2020 und danach von zwei Windparks pro Jahr mit jeweils 0,4 GW festgelegt. Das bedeutet, dass der Ausbau der Stromerzeugung mit Offshore-Windparks bereits jetzt bis in das Jahr 2025 festgeschrieben ist. Wir Piraten haben uns auf programmatischer Ebene noch nicht zum Thema Offshore-Energie geäußert. Wir fordern jedoch grundsätzlich eine umweltschonende, nachhaltige und vorrangig dezentrale Stromerzeugung mit Beteiligung aller Bürger. Dieser Forderung entspricht die Offshore-Windenergiegewinnung bestenfalls ungenügend. Es bedarf unserer Ansicht nach einer politische Diskussion, ob ein Ausbau über die Leistung von 10 GW hinaus sinnvoll ist. So Bisher wurde mit dem Aufbau der Stromerzeugung mit Windparks auf See ein technisch anspruchsvoller Industriebereich geschaffen, der viele Arbeitsplätze sichert, neue Arbeitsplätze schafft und Technologien entwickelt, die auch exportiert werden können. Diese Form der Energiegewinnung mit einer Förderung von 19ct/kWh unter Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Kosten ist aber doppelt so teuer wie die Stromerzeugung mit Windkraftanlagen an Land oder durch Photovoltaik – und auch teurer als die Stromerzeugung mit Braun- und Steinkohle oder durch Atomkraftwerke. Auch Selbst mit einem geplanten Ausbau von 15 GW bis zum Jahr 2030 läge der Anteil der Stromerzeugung mit Offshore-Windanlagen (ausgehend von der heutigen Strommenge) in Deutschland bei nur ca. 10 Prozent.
- Position in kurz: Wir fordern grundsätzlich eine umweltschonende, nachhaltige und vorrangig dezentrale Stromerzeugung unter Beteiligung der Bürger. Dem entspricht Offshore-Windenergiegewinnung keineswegs. Angesichts des schlechten Preis-Leistungs-Verhältnisses der Offshore-Energie ist darüber hinaus grundsätzlich die politische Diskussion notwendig, ob hier weitere Investitionen sinnvoll sind.
Energie aus Biomasse – Förderung
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte Biomasse-Anlagen nur noch fördern, wenn sie „überwiegend“ Abfall und Reststoffe verwerten. Wie sehen die Piraten das?
- Mögliche Antwort: Dem können wir so zustimmen. Wir Piraten wollen regenerative Energieträger – und dazu gehört Biomasse – nur dann nutzen, wenn die Energiegewinnung dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht und nicht in Konkurrenz zu anderen Zielen wie der Ernährung oder der Ressourcenschonung steht. Das ist bei der Konzentration auf Abfall- und Reststoffe durchaus gegeben. Grundsätzlich ist aber zu erwähnen, dass die Stromerzeugung aus Biomasse seit Jahren auf etwa dem gleichen Stand verharrt. Kosteneinsparungen gab es bisher nicht. Im Gegenteil: Die Substrate für die Biogasgewinnung verteuern sich. Kurz: Die momentane Praxis, Biogasanlagen als Grundlastkraftwerke zu betreiben, ist wenig sinnvoll, da sie so langfristig ohne Förderung kaum rentabel funktionieren werden. Mit einer entsprechenden Marktgestaltung, die den Biogasanlagen einen gesicherten Zugang zum Markt für Regelenergie erlaubt, wäre langfristig ein rentabler Betrieb auch ohne Förderung denkbar. Auch wenn wir uns dazu programmatisch noch nicht klar geäußert haben, wäre eine Förderung unter diesen Voraussetzungen für uns denkbar.
- Position in kurz: Grundsätzlich dafür. Wir Piraten wollen regenerative Energieträger – und dazu gehört Biomasse – nur dann nutzen, wenn die Energiegewinnung dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht und nicht in Konkurrenz zu anderen Zielen wie der Ernährung oder der Ressourcenschonung steht. Wenn die Energiegewinnung aus Abfall- und Reststoffen grundsätzlich rentabel ist, stehen wir auch einer Förderung offen gegenüber.
Kohlekraftwerke-Förderung
- Mögliche Frage: Die Große Koalition erklärt konventionelle Kraftwerke inklusive solcher, die mit Braunkohle befeuert werden, „auf absehbare Zeit unverzichtbar“. Deshalb werden sie weiter gefördert. Was sagen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir sind dagegen. Alte Kohlekraftwerke sind durch ihre relativ schlechte Regelbarkeit heute schon nachteilig für den Netzbetrieb und treiben die EEG- Umlage in die Höhe. Wir wollen die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen – und auch Atomkraft – so schnell wie möglich durch eine Energiegewinnung aus generativen und regenerativen Energiequellen ersetzen. Öffentliche Subventionen für z.B. fossile Energieträger wie Kohle untergraben diesen Wechsel. Wir fordern deshalb die Abschaffung jeglicher Subventionen und Beihilfen für die Förderung fossiler und atomarer Energien. Die Möglichkeit, Umwelt- oder andere gesellschaftliche Kosten auf die Gesellschaft abzuwälzen, fassen wir als indirekte Subvention auf. Auch das gehört muss unterbunden werden. Deshalb ist zum Beispiel auch eine Reform des Emissionshandels zwingend notwendig.
- Position in kurz: Wir sind dagegen. Kohlekraftwerke sind keine Brückentechnologie für die Energiewende. Wir setzen uns für eine zügige vollständige Umstellung der Energiegewinnung aus fossilen und atomaren Quellen auf eine Gewinnung aus erneuerbaren Energien ein. Subventionen und Beihilfen für die Energiegewinnung aus fossilen Trägern unterlaufen diesen Wechsel. Wir lehnen diese wie auch die indirekte Förderungen endlicher Energieträger deshalb grundsätzlich ab.
EEG-Umlage / Ökostromumlage
- Mögliche Frage: Ob Windparkbetreiber oder Privathaushalt mit Solarzellen auf dem Dach: Wer Strom aus erneuerbarer Energie produziert und ins Netz einspeist, wird finanziell gefördert. Diese festen Vergütungen werden über die sogenannte EEG-Umlage finanziert und von den Netzbetreibern an die Erzeuger ausbezahlt. Um Anreize für die Produktion erneuerbarer Energien zu schaffen, werden sie ab Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlagen für 20 Jahre garantiert. Die EEG-Umlage selbst wird aus der Differenz zwischen Vergütung (Einkaufspreis) und den erzielbaren Marktpreisen (Verkaufspreis) errechnet und auf private Verbraucher wie Unternehmen umgelegt. Für Verbraucher und KMU erhöht sich die zu zahlende EEG-Umlage noch einmal zusätzlich durch zahlreiche Ausnahmeregelungen. Die Große Koalition möchte deshalb jetzt die Ausnahmeregelungen reduzieren: Betriebe, die Strom für ihren Eigenverbrauch erzeugen, sollen künftig genauso herangezogen werden wie Unternehmen, die erneuerbare Energien gewinnen. Eine Ausnahme möchte die Koalition aber weiter bestehen lassen: die für die „energieintensive Industrie“. Wie stehen die Piraten zu diesen Plänen?
- Mögliche Antwort: Grundsätzlich befürworten wir eine Reduktion der Ausnahmen von der EEG-Umlage. Allerdings lehnen wir eine Ausnahme ausgerechnet für die „energieintensive“ Industrie ab. Wenn Ausnahmen gelten sollen, dann für Unternehmen, die existentiell auf niedrige Strompreise angewiesen sind. Allerdings müssten auch diese nachweisen, dass sie Maßnahmen zur Energieeffizienz und Lastflexibilisierung planen oder durchführen.
- Position in kurz: Wir sind ebenfalls für eine Reduktion der Ausnahmen bei der EEG-Umlage. Allerdings sollten Ausnahmen gerade nicht für „energieintensive“ Unternehmen gelten, sondern nur für Unternehmen, die existentiell von niedrigen Strompreisen abhängig sind.
Unternehmensrabatte: Befreiung energieintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage
- Mögliche Frage: Die Große Koalition will viele Ausnahmeregelungen für die EEG-Umlage streichen und sich beim Erhalt von Ausnahmeregelungen auf „stromintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb“ konzentrieren. Diese sollen weiterhin von der EEG-Umlage befreit bleiben. Begründet wird das mit der Notwendigkeit, die Unternehmen international wettbewerbsfähig zu halten. Die EU-Kommission hat gegen diese Regelung bereits 2013 ein EEG-Beihilfeverfahren eingeleitet, das im Frühjahr 2014 eröffnet wurde (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2014:037:FULL:DE:PDF). Geklärt werden soll, ob die Teilbefreiung von der EEG-Umlage mit dem EU-Wettbewerbsrecht im Einklang steht. Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die Rabatte nämlich gegen das Grundprinzip des fairen Wettbewerbs. Wie stehen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Ob ein Unternehmen „energieintensiv“ ist oder nicht, darf unserer Ansicht nach nicht das entscheidende Kriterium zur Gewährung oder Ablehnung einer Ausnahme von der EEG-Umlage sein. Wir wollen Ausnahmen nur noch dort gelten lassen, wo Unternehmen existentiell von niedrigen Strompreisen abhängig sind, um im internationalen Wettbewerb konkurrieren zu können. Und auch diese Unternehmen sollen nachweisen, dass sie Maßnahmen zur Energieeffizienz und Lastflexibilisierung durchführen bevor, sie in den Genuss des Privilegsder Umlagenbefreiung kommen. Für eventuelle Verletzungen von EU-Recht gilt: „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten.
- Position in kurz: Ob eine Ausnahme von der EEG-Umlage gewährt wird, darf nicht allein davon abhängen, ob ein Unternehmen „energieintensiv“ ist oder nicht, sondern davon, ob es existientiell von niedrigen Strompreisen abhängig ist, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Für eventuelle Verletzungen von EU-Recht gilt: Verträge sind einzuhalten.
Eigenstromprivileg (Ausnahmeregelung von der EEG-Umlage)
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte das Eigenstromprivileg laut Koalitionsvertrag in der jetzigen Form streichen. Alle neuen Eigenstromerzeuger sollen mit einer Mindestumlage zur Grundfinanzierung des EEG beitragen, wobei die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen und Kuppelgasnutzung gewahrt werden sollen. Für kleine Anlagen soll in Zukunft eine Bagatellgrenze gelten. Bisher war elektrische Energie, die in eigenen (oder gepachteten) Kraftwerken für den Eigenverbrauch erzeugt wurde, vollständig von der EEG-Umlage ausgenommen. Davon haben vor allem Betreiber von Industriekraftwerken und Betreiber von Photovoltaikanlagen profitiert. Wie stehen die Piraten zum Eigenstromprivileg?
- Mögliche Antwort: Wir wollen Ausnahmen vom EEG grundsätzlich reduzieren. Allerdings haben wir uns auf programmatischer Ebene noch nicht darüber verständigt, ob wir das Eigenstromprivileg erhalten oder streichen wollen. Wir sehen Argumente sowohl für als auch gegen das Eigenstromprivileg. Für das Eigenstromprivileg spricht, dass die Dezentralisierung der Energieversorgung durch lokale Anlagen gefördert, Netze entlastet und der somit notwendige Netzausbau reduziert wird. Weiterhin scheint es derzeit so, dass das Eigenstromprivileg für viele vor allem mittelständische Unternehmen eines der wichtigsten Motive ist, überhaupt in erneuerbare Energien zu investieren. Gegen das Eigenstromprivileg in der derzeitigen Form spricht die daraus resultierende enorme Mehrbelastung der Verbraucher. Denn derzeit fallen 20 Prozent des von der deutschen Industrie erzeugten Stroms unter diese EEG-Ausnahme. Verbraucher, die selbst nicht vom Eigenstromprivileg profitieren können, zahlen damit eine entsprechend höhere Umlage. Weiterhin schafft das Eigenstromprivileg derzeit den negativen Anreiz dazu, Konstruktionen zu schaffen, bei denen externe Anlagen zu eigenen umetikettiert werden, um so die EEG-Umlage zu sparen. Gleichzeitig bleiben nachhaltige Anlagen, die durch Subunternehmer (Contractors) betrieben werden, vom Eigenstromprivileg ausgeschlossen. Schaut man sich die Argumentationslage an, erscheint das Eigenstromprivileg an sich als ein gutes Steuerungsinstrument hin zu einer nachhaltigen Eigenversorgung. Allerdings ist eine Reform der Regelung unabdingbar, um bestehende Fehlstellungen und Fehlanreize zu beseitigen. Wie wir als Partei verfahren wollen, ist allerdings noch zu beschließen.
- Position in kurz: Wir wollen Ausnahmen vom EEG grundsätzlich reduzieren. Allerdings haben wir uns auf programmatischer Ebene noch nicht darüber verständigt, ob wir das Eigenstromprivileg erhalten oder streichen wollen. Wir sehen Argumente sowohl für als auch gegen das Eigenstromrpivileg. Schaut man sich die Argumentationslage an, erscheint das Eigenstromprivileg als ein gutes Steuerungsinstrument für die nachhaltige Eigenversorgung – vorausgesetzt, bestehende Fehlstellungen und Fehlanreize in der Regelung werden beseitigt.
Grünstromprivileg (Ausnahmeregelung von EEG-Umlage)
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte auch das sogenannte „Grünstromprivileg“ abschaffen. Mit dem „Grünstromprivileg“ werden alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen von der EEG-Umlage ausgenommen, die eine bestimmte Menge an Strom aus erneuerbaren Energien an Endverbraucher liefern, die den Strom direkt vermarkten (vom Produzenten direkt zum Händler oder Endkunden) und die selbst keine EEG-Einspeisevergütung beziehen. Wie stehen die Piraten zum Grünstromprivileg?
- Mögliche Antwort: Wir wollen Ausnahmen vom EEG grundsätzlich reduzieren. Allerdings haben wir uns auf programmatischer Ebene noch nicht detailliert über das Grünstromprivileg verständigt. Da wir allerdings eine möglichst schnelle Umstellung der Energieversorgung auf nachhaltige Quellen erreichen möchten, ist eine Privilegierung von Strom aus nachhaltiger Erzeugung durchaus in unserem Sinne. Dabei sollte die Regelsetzung aber jegliches Greenwashing ausschließen und das Privileg ausschließlich für EEG-Strom gelten.
- Position in kurz: Wir haben uns auf programmatischer Ebene noch nicht detailliert über das Grünstromprivileg verständigt. Da wir allerdings eine möglichst schnelle Umstellung der Energieversorgung auf nachhaltige Quellen erreichen möchten, ist eine Privilegierung von Strom aus nachhaltiger Erzeugung durchaus in unserem Sinne.
Gleitende Marktprämie für Direktvermarktung Erneuerbare Energien
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte Betreiber von Windparks oder Solaranlagen zwingen, ihren Strom selbst zu vermarkten. Das Grünstromprivileg als möglicher Weg der Direktvermarktung soll aber entfallen. Bleibt der Weg „einer verpflichtenden Direktvermarktung auf Basis der gleitenden Marktprämie“. Die Vermarktung erfolgt hier zwar über die Strombörse, allerdings meist unter Vermittlung eines Vermarkters – unter anderen der großen Stromkonzerne. Wie bewerten die Piraten das Vorhaben?
- Mögliche Antwort: Die Koalition versucht hier offensichtlich, die Anbieter erneuerbarer Energien in einen Markt zu zwingen, der sie von seiner Struktur her benachteiligt. Ohne gleichzeitig die direkten und indirekten Förderungen für fossile und nukleare Kraftwerke zu streichen oder dem Strom aus erneuerbaren Energien einen Verbrauchsvorrang einzuräumen, ist dies einfach nur ein weiterer Schachzug, um den Anteil von erneuerbaren Energien zu reduzieren. Da wir uns für einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und eine möglichst baldige Umstellung auf vollständige Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien einsetzen (also zu 100%), lehnen wir ein solches Vorgehen ab.
- Position in kurz: Die Koalition versucht hier offensichtlich, die Anbieter erneuerbarer Energien in einen Markt zu zwingen, der sie von seiner Struktur her benachteiligt. Da wir uns für einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und eine möglichst baldige Umstellung auf vollständige Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien einsetzen, lehnen wir ein solches Vorgehen ab.
Abgabe einer Einspeisegarantie von Erneuerbare-Energie-Erzeugern
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte „prüfen, ob große Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien einen Grundlastanteil ihrer Maximaleinspeisung garantieren müssen, um so einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten“. Dieser Satz hat es in sich. Von Experten wird er sogar als potentieller Ausschalter für die Energiewende gehandelt. Denn de facto sollen Betreiber von Wind- und Solarparks, deren Energiegewinnungsquote naturgemäß vom Wetter abhängig stark fluktuiert, dazu gezwungen werden, die Einspeisung der üblicherweise von ihren Anlagen gelieferten Kilowattstunden zu garantieren, und zwar unabhängig davon, ob der Wind weht oder ob die Sonne scheint. Der sogenannte „garantierte Grundlastanteil“ könne über Speicher, steuerbare erneuerbare Anlagen wie Biogas oder konventionelle Kraftwerksleistung erbracht werden. Was halten die Piraten davon?
- Mögliche Antwort: Wir halten davon überhaupt nichts. Von Erneuerbare-Energien-Anlagen eine Grundlastversorgung zu fordern, bedeutet eine klare Ansage, sie abschalten zu wollen. Grundlast bedeutet, dass die Leistung jederzeit zur Verfügung stehen muss. Technisch ist das in Kombination mit Speichern zwar möglich, aber beim aktuellen Stand der Speichertechnik nicht wirtschaftlich. Allerdings kann man von Erneuerbare-Energien-Anlagen Planbarkeit erwarten. Das ist sinnvoll und auch technisch und wirtschaftlich möglich. In der Kombination mit verhältnismäßig kleinen Speichern können EE-Anlagen mindestens 24-Stunden-Vorhersagen mit hoher Genauigkeit einhalten, sodass es den Netzbetreibern möglich ist, die Residuallast – also die verbleibende Restnachfrage – mit anderen Kraftwerken aufzufüllen.
- Position in kurz: Eine Einspeisegarantie von Erneuerbare-Energien-Anlagen zu verlangen, zielt klar darauf ab, Erneuerbare-Energien-Anlagen vom Markt zu verdrängen. Da wir eine Umstellung der Energieversorgung auf dezentrale, nachhaltige Strukturen verfolgen, lehnen wir diesen Vorschlag ab.
Versorgungssicherheit / Reservekraftwerke
- Mögliche Frage: Wegen des wachsenden Ökostromanteils und der bisher fehlenden Speichermöglichkeiten fürchtet die Große Koalition um die Versorgungssicherheit mit Energie. Damit mittelfristig nicht zu wenige Kraftwerke zur Verfügung stehen, die die Versorgung garantieren können, sollen Betreiber von Kraftwerken laut Koalitionsvertrag künftig eine Prämie dafür erhalten, dass sie die Anlagen nicht endgültig schließen, um sie bei akuten Engpässen hochfahren zu können. Union und SPD nennen das „Kapazitätsmechanismus“. Wie stehen die Piraten zu dieser Idee?
- Mögliche Antwort: Das hört sich für uns eher nach einem Geschäftsmodell für zur Erhaltung veralteter und eigentlich überflüssiger Kraftwerke an. Denn ginge es der Großen Koalition tatsächlich um eine nachhaltige Herstellung der Versorgungssicherheit mit Energie, dann würde sie an dieser Stelle den adäquaten Ausbau von Verteilungsnetzen und Energiespeichern vereinbaren. Dies wird auch durch einen breit gefächerten dezentralen Kraftwerkpark zur alternativen Stromerzeugung sichergestellt, den wir als Piraten anstreben.
- Position in kurz: Wir sehen Subventionen grundsätzlich kritisch. In diesem Fall soll einer Industrie per Gesetz ein Markt garantiert werden, der von den Stromverbrauchern bezahlt wird. Wir setzen beim Thema Versorgungssicherheit auf einen breit gefächerten dezentralen Kraftwerkpark zur alternativen Stromerzeugung.
Bürgerbeteiligung beim Netzausbau
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte die Bürgerbeteiligung am Netzausbau ausweiten. Neben einer früheren Information und der Möglichkeit der Konsultation denkt die Große Koalition auch über eine finanzielle Beteiligung der betroffenen Bürger an der Wertschöpfung und eine Überprüfung der derzeitigen Entschädigungspraxis nach. Was sagen die Piraten dazu?
- Mögliche Antwort: Wir Piraten sind grundsätzlich für mehr Bürgerbeteiligung. Aber was die Große Koalition hier vorschlägt, geht an einer sinnvollen Einbindung der betroffenen Bürger völlig vorbei. Wenn wir Piraten von Partizipation sprechen, sprechen meinen wir nicht, Menschen finanziell oder auf andere Weise abzuspeisen, um Protesten und Widerstand vorzubeugen. Wir wollen eine wirkliche Bürgerbeteiligung an Infrastrukturen – und zwar, indem die komplette Energieversorgung auf ein dezentrales und netzneutrales Versorgungssystem umgestellt wird. Das Stromnetz muss in Nutzerhand sein, das bedeutet, sie müssen kommunal oder genossenschaftlich betrieben werden: Nur so kann echte Bürgerbeteiligung realisiert werden.
- Position in kurz: Wir stehen für mehr Bürgerbeteiligung bei den Versorgungsinfrastrukturen. Eine wirkliche Partizipation der Bürger hört allerdings nicht bei der Information und einer finanziellen Beteiligung auf. Wirkliche Bürgerbeteiligung ist nur bei dezentralen und netzneutralen Stromnetzen im kommunalen oder genossenschaftlichen Betrieb gegeben. Deshalb auch bei Energie: Netze in Nutzerhand.
Intelligente Netze. Smart Grids. Smart Metering
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte noch 2014 verlässliche Rahmenbedingungen auf den Weg bringen, um für den Einsatz intelligenter Messsysteme unter anderem hohe Datensicherheit und Datenstandards zur gewährleisten. Wie stehen die Piraten zum Vorhaben?
- Mögliche Antwort: Wir sind sehr technologiefreundlich und fördern auch jede Technologie, die uns das Leben einfacher macht und uns voranbringt. Doch bei der flächendeckenden Einführung von Messsystemen, die große Mengen an Daten über das Nutzungsverhalten der Verbraucher erfassen können, muss man sehr kritisch sein. Smart Grids müssen deshalb auf jeden Fall datensparsam ausgelegt werden, nur die wirklich notwendigen Daten erfasst, diese dezentral auf ein Minimum reduziert und so weit wie möglich anonymisiert werden. Doch auch für die verbleibenden Daten braucht man allgemeine, funktionierende und sichere Lösung zu ihrem Schutz. Denkbar wäre ein „digitaler Briefumschlag“ oder eine Verschlüsselung der Daten per PGP. Weiterhin muss sichergestellt werden, dass die Einführung von Smart Meters nicht für eine Preiserhöhung missbraucht wird.
- Position in kurz: Netze und intelligente Lösungen finden wir gut, aber nur, wenn sie nicht dazu verwendet werden, Nutzerverhalten auszuspionieren. SmartMeters müssen datensparsam arbeiten. Die für das SmartMetering genutzten Daten müssen sicher geschützt werden. Hier müssen jeweils konkrete und sichere Lösungen gefunden werden.
Atomausstieg
- Mögliche Frage: SPD und Union halten am Zeitplan für den Atomausstieg fest: In Deutschland soll der letzte Meiler 2022 vom Netz gehen. Für die Kosten des Rückbaus sollen die Atomkonzerne verantwortlich sein. Was sagen die Piraten zum Thema Atomausstieg?
- Mögliche Antwort: Wir befürworten sehr, dass Union und SPD am Atomausstieg festhalten. Die Risiken der Technologie – z.B. bei Uranbergbau, Transport, Anreicherung, Betrieb, Wiederaufbereitung und Emissionen – sind einfach zu hoch und die Entsorgung des Atommülls bisher immer noch ungeklärt. Dazu kommt die Gefährdung durch Unfälle, potenzielle Katastrophen und Anschläge. Kernenergie ist volkswirtschaftlich daher auch die teuerste Form der Stromerzeugung. Was den veranschlagten Zeitraum für den Ausstieg betrifft, ist die Große Koalition allerdings nicht mutig genug. Wir halte es für durchaus realistisch, den vollständigen Atomausstieg in drei Jahren und nicht wie veranschlagt in 8 Jahren zu realisieren. Alle Kosten für den Rückbau und die Beseitigung des Atommülls sollen selbstverständlich nach dem Verursacherprinzip umgelegt werden.
- Position in kurz: Wir fordern ebenfalls den Atomausstieg, halten es aber für realistisch, diesen schon in 3 Jahren und nicht wie veranschlagt in 8 Jahren zu vollziehen. Alle mit dem Rückbau verbundenen Kosten sollen nach dem Verursacherprinzip umgelegt werden.
Atommüll-Endlager / Standortauswahlgesetz
- Mögliche Frage: Die Große Koalition möchte die „Endlagerfrage aus der Verantwortung der nachfolgenden Generation lösen“ und beschließt daher, das Endlager Morsleben zu schließen, das Endlager Konrad zu errichten und den Atommüll aus der Asse II rückzuholen. Bezüglich Gorleben soll gemeinsam mit Niedersachsen das weitere Vorgehen abgestimmt werden. Die Suche nach einem neuen Endlager auf Basis des zu verabschiedenden Standortauswahlgesetzes soll unter breiter Beteiligung der Bevölkerung stattfinden. Was halten die Piraten von den genannten Vorhaben?
- Mögliche Antwort: Eine Lösung für Generationen muss nach technischen und wissenschaftlichen Kriterien gesucht werden und darf keine politische Entscheidung sein. Gorleben hat bereits geologische Mängel offenbart, und wie das Beispiel Asse II zeigt, ist eine Rückholung aus einem Salzstock extrem problematisch. Wir fordern eine unvoreingenommene Suche nach einer Lagermöglichkeit für den radioaktiven Abfall und eine Einlagerung, die die Überwachung des Lagers und in Notfällen eine Rückholung erlaubt
- Position in kurz: Eine Lösung für Generationen muss nach technischen und wissenschaftlichen Kriterien gesucht werden und darf keine politische Entscheidung sein. Wir fordern eine unvoreingenommene Suche nach einer Lagermöglichkeit für den radioaktiven Abfall und eine Einlagerung, die die Überwachung des Lagers und in Notfällen eine Rückholung erlaubt.
Fracking
- Mögliche Frage: Die umstrittene, aber in den Vereinigten Staaten bereits angewendete Fördermethode „Fracking“ (Hydraulic Fracturing) soll, geht es nach der Großen Koalition, so lange verboten bleiben, bis Öl und Gas auf diese Art, aber ohne den Einsatz möglicherweise umweltschädigender Chemikalien gewonnen werden können. Grundsätzlich vom Tisch ist Fracking allerdings nicht. Wie stehen die Piraten zum Fracking?
- Mögliche Antwort: Wir sind absolut gegen Fracking – auch wenn keine giftigen Stoffe eingesetzt werden. Fracking ist eine Hochrisikotechnologie, die Wasser und Böden bedroht und zu unabsehbaren Ewigkeitsschäden führt – unabhängig davon, welche Substanzen zum Einsatz kommen. Zudem ist die Klimabilanz des durch Fracking geförderten Gases schlechter als die von Braunkohle. Und schlussendlich ist auch die Wirtschaftlichkeit von Fracking sehr fraglich. Wir fordern deshalb ein sofortiges, ausnahmsloses EU-weites Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger. Solange Fracking noch nicht verboten ist, fordern wir zudem ein generelles Verbot der Verpressung anfallender Flüssigkeiten, die stattdessen aufbereitet werden müssen. Denn auch bei der konventionellen Förderung wird Lagerstättenwasser, ein Nebenprodukt bei der Förderung, oder z.B. auch CO2 verpresst, um Öl aus dem Boden zu drücken. Wir fordern, dass für jede Einzelbohrung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wird, damit die Umweltrisiken transparent offengelegt werden und ein Einzelverbot ermöglicht wird. Weiterhin fordern wir, dass alle Betroffenen vor der Genehmigung zur Erkundung und auch bei allen weiteren Schritten beteiligt und eingebunden werden. Für die bereits durch Fracking entstandenen langfristigen Kosten und Ewigkeitsschäden müssen die Betreiber aufkommen. Die Beweislast im Schadensfall ist umzukehren. Wir fordern zudem ein generelles Import- und Handelsverbot für durch Fracking gewonnene fossile Energieträger. Weiterhin fordern wir, das Bergrecht abzuschaffen. Das Bergrecht ist weder umwelt- noch demokratiegerecht und ermöglicht erst solche grundrechtsaushebelnden Vorhaben wie Fracking. Notwendige Regelungen sollen stattdessen in ein zu schaffendes Bundesumweltgesetzbuch aufgenommen werden.
- Position in kurz: Wir sind absolut gegen Fracking – auch wenn keine giftigen Stoffe eingesetzt werden. Die Umwelt- und Klimakosten sind zu hoch und stehen in keinem Verhältnis zu anderen Zielen. Auch ist die Wirtschaftlichkeit von Fracking nicht gegeben. Wir fordern deshalb ein sofortiges ausnahmsloses EU-weites Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger.
[Es folgt in Kürze: Regeln für Finanzmärkte]
To be continued …….