Kompass – Zeitung für Piraten

Julia Reda nach Leak: EU-Digital-Strategie mutlos und lückenhaft

LOGO PPEU
LOGO PPEU

„Einen gemeinsamen digitalen Binnenmarkt verwirklicht die vorliegende Strategie nicht“: So kritisiert Julia Reda, die Europa­abgeordnete der Piraten­partei, einen Entwurf zur digi­talen Binnenmarkt­strategie der EU-Kommission. Das Papier wurde gestern im Netz geleakt. 

Julia Reda ist Berichterstatterin des EU-Parlaments für die Evaluierung der Urheberrichtslinie von 2001. Ihr Bericht dazu wird am 6. bis 7. Mai 2015 im Rechtsausschuss und voraussichtlich am 10. Juni im Plenum des Parlaments abgestimmt.

Der digitale Binnenmarkt gehört zu den zehn zentralen Vorhaben der EU-Kommission. Ziel ist es, nationale Silos im Urheberrecht aufzubrechen. Doch eben dieser Abbau findet nicht mehr statt.

Youtube-Sperren bleiben

Dem jetzt geleakten Entwurf zufolge wurde das im politischen Kuhhandel geopfert. Lückenhafte EU-Maßnahmen gegen das bei Netznutzern verhasste „Geoblocking“, also etwa in Deutschland gesperrte US-Videos auf Youtube, sollen offenbar mit verschärftem Einsatz gegen Urheberrechtsverstöße abgegolten werden. Geoblocking bleibt weiterhin erlaubt, wenn die Kosten für grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zu hoch wären.

„Die Praxis, Menschen innerhalb Europas je nach Herkunftsland von digitalen Inhalten auszusperren, muss ein Ende haben. Portabilität legal gekaufter Inhalte wird aber nichts daran ändern, dass diese Inhalte weiterhin „in deinem Land nicht verfügbar“ sind.„,

so Reda.

28 Urheberrechte

Julia Reda (Foto: EP,_Brusel,_Julia_Reda)
Julia Reda (Foto: EP,_Brusel,_Julia_Reda)

Bleibt es bei diesem Entwurf, gibt es wie jetzt auch 28 unterschiedlichst gestaltete Urheberrechte in der Union. Der Alltag im Netz wird weiterhin von Rechtsunsicherheit erschwert – etwa beim Teilen von Links oder heute üblichen Bild- und Videozitaten.

Urheberrechtsverstöße stehen in dem Papier gleichberechtigt neben Terror und Kinderpornos. Die Kommission will vermutlich Onlineplattformen zur aktiven Überwachung von Nutzerinhalten verpflichten, also privat Polizei zu spielen statt Informationen durchzuleiten.

Keine Marktregeln

„Um die Chance auf einen funktionierenden europäischen Binnenmarkt nicht zu verspielen, muss die EU-Kommission an dieser Strategie noch viel nachbessern.“ Hoffentlich, so Reda, ist der im Dokument enthaltene Vermerk „Hier werden noch Nachweise benötigt“ nicht Hinweis darauf, dass bis zur Präsentation am 6. Mai nur mehr an der Rechtfertigung der Pläne gearbeitet wird.

Links

Geleakte Dokumente: http://www.politico.eu/article/leaked-digital-single-market-strategy-evidence/ (in englischer Sprache)

Alle Informationen zum Urheberrechts-Evaluationsbericht: https://juliareda.eu/copyright-evaluation-report/ (in englischer Sprache)