Kompass – Zeitung für Piraten

Vorratsdaten: Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen – Piratenpartei ruft zum Widerstand auf

Angela Merkel 2015 Foto-Bundesregierung-Kugler
Angela Merkel bringt nach 25 Jahren Pause die Stasi zurück

Da kann sich die SPD nicht herausreden: schließlich hat sie im vollen geistigen Bewußtsein per Koalitionsvertrag der Einführung einer Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Heute hat das Kabinett also den von CDU-Sicherheitsfreaks ersehnten Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung  durchgewunken. Nun bleiben sechs Wochen, bis der Bundestag das Gesetz verabschiedet. Vor der Sommerpause soll die massenhafte, grundlose Speicherung persönlicher Daten von Telefon-, Internet- und E-Mail-Verkehr über Deutschland hereinbrechen. So grotesk, wie es zu Stasi- und Gestapo-Zeiten noch nie war, wird die Bevölkerung überwacht.

Die ganze Datensammlung für zig Behörden bequem per Mausklick über das vorhandene Abfragesystem der „Bestandsdatenauskunft“, viel zu freizügig, und dazu der vor Doppelmoral nur so triefende Zusatzbonus – ein neuer Straftatbestand „Datenhehlerei“ – mit dem künftige Edward Snowdens, BND-, NSA- und NSU-Whistleblower und auch freie Journalisten kriminalisiert und mit Gefängnisstrafe bedroht werden. Staatsdiener, die Datenhehlerei anwenden, kriegen von der Merkel-Regierung dagegen die Straffreiheit noch gesetzlich garantiert. Ein Problem nicht nur für kritische Juristen.

Wasserschaden für Bürgerdaten

Und was da erst klein anfängt, wird sich dramatisch ausweiten. Wie bei der Telefonüberwachung, wie bei der Kontenabfrage und bei der jüngsten Schnüffelei „Bestandsdatenabfrage“ wird auch die Vorratsdatendatei immer mehr gern genutzte Behörden-Routine zwecks Bürgerüberwachung und -belästigung.

Angst und bange sollte jedem werden, wenn sensibelste Daten für jeden Interessierten gespeichert vorliegen. Der Datenschutz ist nicht gegeben, auch wenn es dazu ein paar schöne Worte im Gesetz gibt. Denn hierzulande schaffen es höchste Sicherheits-Behörden nicht mal, ihre Wassernetze abzusichern.

Tausend Lügen jetzt gegen "Datenhehlerei" geschützt. Der Spiegel Anfang Mai 2015 über die Perversion der Merkel-Sicherheit
Tausend Lügen jetzt gegen „Datenhehlerei“ geschützt. Der Spiegel Anfang Mai 2015 über die Perversion der Merkel-Sicherheit

„Nach den vernichtenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs gegen entsprechende Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung sollte man eigentlich erwarten dürfen, dass die Regierung zur Besinnung kommt und dieses Überwachungswerkzeug auf der Müllhalde der Geschichte belässt,“ beklagt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. „Statt dessen vergreifen sich die Minister Maas und de Maizière mit Unterstützung von Frau Merkel in einem Akt unerträglicher Lernresistenz erneut an den Grundrechten der gesamten Bevölkerung.“

Stefan Körner, Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland, kritisiert den Schnellschluss der Großen Koalition:

Stefan Körner. Foto: be-him CC BY NC ND
Stefan Körner. Foto: be-him CC BY NC ND

„Mal wieder sollen Daten aller Bürger in Deutschland gesammelt und archiviert werden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 ein entsprechendes Gesetz gekippt hat, beharrt die Bundesregierung auf diesem Schritt in den Überwachungsstaat. Es bleiben nur noch sechs Wochen, um als Gesellschaft dieser Politik eine klare Absage zu erteilen. Das diffuse Gefühl, beobachtet zu werden, sorgt für eine ständige Selbstkontrolle, wie sie vor allem den Bewohnern totalitärer Staaten eigen ist – schließlich werden auch sensible Bereiche wie Seelsorge, medizinische und juristische Beratung und die freie Meinungsäußerung verletzt. Ein Leben in Freiheit sieht anders aus.“

Was kann man jetzt tun?

Die PIRATEN rufen zum Widerstand auf:

  • Nehmt an der Freiheit-statt-Angst-Tour in vielen Städten teil. Am Samstag, 30.5. in Frankfurt/Main zum Beispiel!
  • Schreibt oder redet direkt mit euren SPD-Abgeordneten
  • Schließt euch einer Organisation an, die die Einführung der Vorratsdatenspeicherung verhindern will. In dieser Liste aus der Wikipedia ist für jeden etwas dabei.

Letzte Hoffnung Karlsruhe

Kommt das Gesetz, bleibt nur die Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht dieser erneuten Beschneidung unserer Bürgerrechte auch jetzt wieder ein Ende machen wird, so die Piratenpartei in einer Presseerklärung. Das kann dauern. Die Klage gegen die Bestandsdatenauskunft aus 2013 ist von den Verfassungsrichtern immer noch unbearbeitet, wie wir vor kurzem berichteten.

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