Kommentar zum SPD-Parteikonvent
Ausgerechnet die Partei, die aus Kaiserzeit und Nazi-Diktatur wissen müsste, wie es ist, als „andersdenkend“ abgestempelt und verfolgt zu werden, sagte heute „Ja“ zur massenhaften Bevölkerungsbespitzelung in Form der neu eingebrachten Vorratsdatenspeicherung für Telefon- und Internet-Aktivitäten.
Auf ihrem kleinen Parteitag in Berlin machten die etwa 200 Delegierten den letzten Weg frei. Allerdings mit einem recht knappen Ergebnis: 58% Zustimmung, bei 124 Ja- zu 88 Nein-Stimmen. Unter Einbeziehung der Enthaltungen liegt das Ergebnis bei nur noch 56,6 Prozent, so eine dpa-Meldung.
Das zeigt: die Sozialdemokraten sind in dieser Sache gespalten. In der SPD brodelt es. Der netzpolitische, SPD-nahe Verein D64 will vor das Verfassungsgericht ziehen. Das werden auch andere Organisationen, die weder Bundesregierung noch Justizminister stellen.
„Der Hydra Staat ist heute ein neuer Kopf gewachsen: die VDS. Wir werden vor das BVerfG ziehen und diesen Kopf wieder abschlagen!“ twittern die NRW-Piraten. „Klares Votum: Am Ende ist auch die SPD für Überwachung und gegen Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie!“ kommentiert PIRATEN-Bundesvorsitzender Stefan Körner.
Schade, dass Netzpolitik und Bürgerrechte in der SPD von heute offensichtlich nicht mehr so relevant sind, um diese Entscheidung pro Überwachungsstaat, Vorverdächtigung und geheimer Staatspolizei von vorneherein zu verhindern.
Mit ihrer gerne hervorgekramten, gegen-das-Nazi-Ermächtigungsgesetz-Tradition können sie keinen Demokraten und Bürgerrechtler von heute mehr beeindrucken. Die SPD von heute hätte damals mal eher, zusammen mit den Bürgerlichen, fröhlich mitgestimmt.
Der „VDS-Spitzelstaat“ ist leider nicht gegen den aufrechten Widerstand deutscher Sozialdemokraten eingeführt worden, die SPD hat ihn abgenickt. Offenbar tut „Groko“ dieser Partei nicht gut, man stellt sich mit den Konservativen zwar auch nicht auf eine Stufe, dieselbe Treppe ist es aber.