Ein Zeuge im NSA-Untersuchungsauschuss sorgte mit einer neuen Information für Unruhe. Protokolle zur Aufklärung der Kooperation des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit dem US-Abhörgeheimdienst (NSA) seien bei der Umstellung eines Computerprogrammes gelöscht worden.
Das läuft einer Vergatterung der deutschen Geheimen zuwider: zum Start des Untersuchungsausschusses gab es ein „Löschverbot“ für die Dauer der Ermittlungen. Zu den jetzt bekannt gewordenen Löschungen gehören auch Unterlagen, die die Selektorenlisten der NSA betreffen.
Kristos Thingilouthis, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland:
„Ich habe viele Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses besucht. Dort zeigte sich sehr deutlich, dass es möglichst um Aufklärungsverhinderung statt um Aufklärung geht.
Angesichts dessen sehe ich viele Fragezeichen in Bezug auf die ‚versehentliche‘ Löschung der Daten aufgrund der Umstellung eines Computerprogrammes.“
Seit Monaten verhindert die Bundesregierung, dass der NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag die sogenannte “NSA-Selektoren-Liste” direkt einsehen kann. Darin notiert: etwa 40.000 Suchbegriffe für den vom BND bereitgestellten Telekommunikationsverkehr. In der Selektoren-Liste standen Hightech-Firmen wie EADS und komplette Mitarbeiterstäbe von Behörden und Bundesministerien. Für viele Beobachter ein klarer Fall von Landesverrat und Wirtschaftsspionage durch die Merkel-Regierung und von ihr ernannte Beamte.
Frecher Schindler
Nach einer Periode der Verwirrung, öffentlicher Kritik und höchstpersönlicher Jobangst risikiert BND-Präsident Schindler – offensichtlich mit Rückendeckung aus dem Kanzleramt – nun wieder dicke Lippe.
Die „Bild“ – 150% transatlantisch seit 9/11– durfte ihn im neuen Berliner BND-Hightech-Spionagezentrum filmen. In dem 1,3-Gigaeuro-Hochsicherheitsgebäude wurden, peinlich für den Dienst, während der Bauphase Wasserhähne mit Wasser dran geklaut. Der Wasserschaden überflutete 2.000 Quadratmeter.
Jetzt auch noch ein Dachschaden?
Vor Großbildschirmen mit dem häßlichen Retro-Adler des BND tönte Jurist Schindler vor etwa 2 Wochen, Kritik am Nachrichtendienst wäre „völlig überzogen“. Der Vorwurf, der BND hätte deutsche Interessen verraten, sei sehr schwerwiegend und ungerechtfertigt.
PIRAT Thingilouthis weiter:
„Dies ist gegenüber Parlamentariern und Bevölkerung eine Respektlosigkeit, die uns fassungslos macht. Und dabei kommen zahlreiche Fragen auf: Wer hat das veranlasst? Wer ist dafür verantwortlich? Wer will die Affäre verschleiern?
Wir erwarten Antworten und vor allen Dingen endlich politische sowie strafrechtliche Konsequenzen! Der zuständige Minister ist seiner Aufgabe augenscheinlich nicht gewachsen.“
Auch Merkel hat noch einen Termin mit dem Untersuchungsausschuß offen. Vor der Sommerpause sagte die Kanzlerin, sie stehe als Zeugin zur Verfügung. Wie ernst sie dieses Date nimmt, wird sich noch zeigen. Ein Merkel-Showdown vor dem Ausschuß wurde bisher durch die erdrückende Regierungsmitgliedermehrheit verhindert.