Ärger aus Brüssel: Die EU-Kommission meldete sich bei der Bundesregierung und meint, die geplante deutsche Vorratsdatenspeicherung wäre unzulässig. Doch trotzdem soll es weitergehen mit dem Datenmonster.
Zunächst ist am 21. September eine Sachverständigen-Anhörung im Bundestag terminiert (wir berichteten).
Justizminister Heiko Maas (SPD) arbeitet nun eine Mängelliste der Kommission ab. Besonders krass: nicht die diversen Gerichtsurteile stören die Kommission, sondern eher die verpflichtende Datenspeicherung innerhalb Deutschland. Das diskriminiere EU-ausländische Firmen, wäre gegen die „Dienstleistungsfreiheit der Unternehmen“ gerichtet.
Das Abspeichern erledigen ja bekanntlich die Telekoms für den Staat und auf Kosten ihrer Nutzer.
Gnadenfrist: Deutschland unterliegt einer neuen „Stillhaltefrist“ bis zum 6. Oktober, innerhalb der die Bundesregierung das Schnüffelgesetz nicht auf den Weg bringen darf.
Die Regierung hat es eilig: Medien sind abgelenkt, berichten viel über Flüchtlinge und wenig über das ungeliebte Ausspäh-Gesetz, das wieder ein Stückchen Unfreiheit, Angst und Mißtrauen nach Deutschland bringt. So wie die hochgefahrenen Grenzkontrollen im Süden dieses Landes, weil Mutti Merkel planlos das ganze Ausland einlädt ohne den Tisch zu decken.
Gestern forderte der Datenschutzexperte der Piratenpartei Patrick Breyer, die Vorratsdaten insgesamt aufzugeben. „Wenn alle unsere Telefon- und Internetverbindungen samt unserer Bewegungsdaten im Ausland wie zum Beispiel in Großbritannien gespeichert werden können sollen, wie es die EU-Kommission nun fordert, wird unser Privat- und Intimleben ausländischen Spionagediensten auf dem Silbertablett präsentiert.“
Breyer hat lange gegen diese Vorhaben gekämpft. Zur Bestandsdatenauskunft, eine bereits scharfgeschaltete Vorratsdatenspeicherung light, ist seit über zwei Jahren Breyers Massen-Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe anhängig. Das Gericht hat bisher außer einer Eingangsbestätigung nichts unternommen.
Bekanntlich werden auch ohne Voratsdatengesetze internationale Telekommunikationsleitungen abgezapft. Das wissen wir seit Edward Snowden. Jegliche Zugriffsgrenzen im deutschen Gesetz sind von vornherein obsolet, wenn die hochsensiblen Daten den Geltungsbereich des Grundgesetzes verlassen. „Wenn eine Totalprotokollierung unserer Telekommunikation nur um den Preis ihrer Auslieferung an ausländische Geheimdienste zu haben ist, darf sie niemals Wirklichkeit werden“, warnt Breyer vor einem absehbaren Kompromiss gegenüber der EU-Kommission, nämlich das deutsche Vorratsdaten-Speichern im Ausland zuzulassen.
Der Bundestag kann nach Intervention der EU frühestens am 12. Oktober über den Gesetzentwurf abstimmen. Deshalb ruft die Piratenpartei zu lautem Protest bei der Demonstration „Freiheit statt Angst!“ in München am 10. Oktober auf.
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