Sämtlicher Internetverkehr in Deutschland wird für einige Tage zwischengespeichert und dann vom Bundesnachrichtendienst mit NSA-Technik gezielt durchsucht. Die Suchbegriffe finden sich in der sogenannten Selektorenliste.
Es gab Versuche der überwachungs-kontrollierenden G10-Kommission im Bundestag, an diese Liste zu kommen. Ihre Klage vor dem Verfassungsgericht war, wie sich nun herausstellt, erfolglos, denn sie als Kommission ist nicht in der Lage dazu, klagen zu dürfen.
Das Bundesverfassungsgericht teilte gestern mit:
Die G 10-Kommission ist im Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht nicht parteifähig. Sie ist weder oberstes Bundesorgan, noch ein durch das Grundgesetz oder durch die Geschäftsordnung mit eigenen Rechten ausgestatteter Teil des Bundestages. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden und damit im Organstreitverfahren gestellte Anträge der G 10-Kommission, die sogenannte NSA-Selektorenlisten herauszugeben oder zur Einsichtnahme bereit zu stellen, verworfen.
Die G10-Kommission entstand im Zuge einer Grundgesetzänderung in den späten 1960-er Jahren. Damals regierte die erste große Koalition aus CDU und SPD und fügte im Zuge von Kommunismuspanik die überaus geschwätzigen “Notstandsgesetze” ins Grundgesetz ein – gegen vielfältigen Protest auch in eigenen Reihen und außerhalb des Parlamentes.
Der Artikel 10 zum Fernmeldegeheimnis wurde um die Formulierung erweitert, dass staatliche Abhöropfer nicht benachrichtigt werden müssen, wenn höhere Interessen im Spiel sind, etwa Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Der Abgehörte kann sich nicht gerichtlich wehren, es bleibt ja alles geheim. Die Kontrolle erfolgt ausschließlich über die mit dem sogenannten “G10”-Gesetz eingerichtete G10-Kommission:
„Die G-10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene.“
Nur zu schade, wenn Dienste und Regierung die personenbezogenen Daten nicht herausrücken. Dann ist die Kommission als Bürger-Vertreter machtlos. Ein rechtsfreier Raum!
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