Eine weitere Folge aus der Reihe: „Es kommt nicht darauf an, was sie antworten, sondern wie„: Ein Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel belehrt einen besorgten TTIP-Fragesteller mit allgemeinen Verhaltenstipps:
„Bei der Diskussion um das Transatlantische Handelsabkommen handelt es sich um eine enorm wichtige Debatte, bei der es die Möglichkeit geben muss, diese auch kontrovers zu führen. Viele Bürgerinnen und Bürger verbinden Vorbehalte und Sorgen mit dem Abkommen. Diese Fragen sachlich, ehrlich und offen miteinander zu diskutieren, ist wichtig. Der Abgeordnete Sigmar Gabriel ist an diesem Diskurs intensiv beteiligt und zudem selbst informiert. Er sieht deshalb von einer Beantwortung Ihrer formulierten Fragen ab.“
Die Piratenpartei hatte Anfang 2015 zu Anfragen an Gabriel und andere Abgeordnete aufgerufen.
Blut und Boden
Sachlicher TTIP-Diskurs ist für Gabriel offensichtlich Kriegspropaganda in der Bildzeitung: unter seiner Schlagzeile „5 Gründe, warum TTIP gut für uns ist“ tönte er gestern:
Auf einmal ist der Krieg zurück in Europa. Die Ukraine ist nur eineinhalb Flugstunden von uns entfernt. Und die Terroristen aus dem Irak oder Libyen sind nur durch ein paar Seemeilen von uns getrennt. Was können wir also tun, um stark und sicher zu bleiben?
Was? Na klar, TTIP.
Und das ist gut für deutsches Blut auf deutschem Boden: „Deutschland und Europa (wird mit TTIP) auch für unsere Kinder und Enkel eine gute, weltoffene und sichere Heimat bieten.“
Wer das nicht so sieht, ist jedenfalls nicht mutig, selbstbewußt – vielleicht undeutsch. Dass man so etwas in 2015 von einem führenden Sozialdemokraten lesen muss, ist …………………. (bitte passendes Wort einsetzen).
Zur nichtssagenden Bürger-Antwort aus dem Gabriel-Büro erklärt Bruno Kramm, Beauftragter für TTIP der Piratenpartei:
„Wir wollten als Piratenpartei und als Bürger wissen, was Sigmar Gabriel als direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Salzgitter – Wolfenbüttel über TTIP denkt. Das war keine Wissensfrage an Herrn Gabriel, sondern eine ernst gemeinte Bürgeranfrage!
Wir können das nur so interpretieren, dass es Herrn Gabriel mit der Bürgernähe doch nicht so ernst ist. Auf jeden Fall sieht er sich ganz offensichtlich ja nicht in der Informationspflicht.
Auch glänzt Herr Gabriel im besonderen Umfang mit Verschleierungstaktik in Sachen TTIP: Insgeheim das Abkommen eigentlich schon bestätigt, ohne es je vollumfänglich gesehen zu haben, heuchelt Gabriel allen Ortens das Interesse an demokratischer Beteiligung vor. Gleichzeitig versucht er hinter verschlossenen Türen jedweden Widerstand, auch aus den eigenen Reihen, aus dem Weg zu schaffen.“
Geheimsache TTIP
Die Piratenpartei wird, so kündigte sie heute in einer Pressemeldung an, in den kommenden Wochen weitere Antworten anderer Abgeordneter veröffentlichen. Das ganze ist natürlich eine mediale Showveranstaltung, denn kein normaler Bundestagsabgeordneter verfügt über fundiertes TTIP-Wissen. Alles rund um die Verhandlungen ist streng geheim, Abgeordneten nur unter äußerst restriktiven Bedingungen zugänglich, die im Lauf der Zeit auch nur minimalst gelockert wurden. Von Gabriel allerdings, immerhin Vizekanzler, wäre jedoch eine fundiertere Auskunft wünschenswert.
Dass er sich gegenüber seinen Wählern in Salzgitter gegenüber versteckt, ist bemerkenswert. TTIP betrifft nähmlich auch sehr viele Kommunen: Stichwort Daseinsvorsorge, Dienstleistungen und vieles mehr. Auch die katholischen Bischöfe haben eine lange Denkschrift dazu herausgegeben. Den Kommunen wurde jedoch aus dem Reichstag ein TTIP-Redeverbot herbeischwadroniert.
Ermächtigungen und Gesetze
Auch dazu hätte Gabriel gerne klärende Worte an seinen Wahlkreis richten können. Immerhin hat er da nicht nur ein, sondern gleich dicke drei Wahlkreisbüros. Doch wie eh und je nur heiße Luft, Unterstellungen und Polemik. Keine Seltenheit bei den Sozialdemokraten, die in den letzten Jahren bereits oft 180 Grad gegen ihre Reichstags-Wir-stimmen-Ermächtigungsgesetzen-nicht-zu-Tradition verstießen.
Am 23. März sind es 82 Jahre vergessene Vergangenheit. Kein Wunder, dass den Sozen massiv Mitglieder wegbrechen. Denn die oben in den Links hinterlegte Liste ist kein bedauerlicher Einzelfall, sondern ein flächendeckender Totalausfall: Wir haben bereits eine Antwort einer SPD-Abgeordneten für den Wahlkreis Augsburg publiziert.