Kompass – Zeitung für Piraten

BND-Selektoren: Affäre köchelt weiter, jetzt auch in der Regierungskoalition

Der Streit um die BND-Selektoren-Affäre setzt sich fort, in und ausserhalb der Regierung. Am Wochenende traten Mitglieder der Koalition mit ihren Statements vor die Presse. Das Kanzleramt bleibt weiter unter Druck.

Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses verlangen vom Kanzleramt Klarheit, welche Ziele der BND für die NSA observierte. Bis zur Sitzung diesen Donnerstag soll die Bundesregierung die Selektoren-Listen herausrücken. Doch die Regierung wartet noch auf Genehmigung der USA. (Spiegel Online)

Patrick Sensburg. Foto: Homepage
Patrick Sensburg aus dem Sauerland leitet den NSA-Untersuchungsausschuss. Foto: Homepage

Altbewährte Verzögerungstaktik bei der CDU: die Partei will schnelle Befragung von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausbremsen. NSA-Untersuchungsausschuss-Vorsitzender Patrick Sensburg (CDU) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, es solle bei der für die kommende Woche vereinbarten Zeugenbefragung bleiben. Das sind Leute aus der Praxis: vier Mitarbeiter des BND auf Referats- und Unterabteilungsleiterebene, die sich im Umgang mit den Selektoren auskennen. (FAZ)

Rücktrittsforderungen gegen Merkel hört man aus dem Lager des Koalitionspartners SPD. Die Vorsitzende der JUSOs, Johanna Uekermann, sagte zur „Welt am Sonntag“: „Angela Merkel sollte personelle Konsequenzen ziehen, de Maizière ist bei diesen Vorwürfen als Innenminister nicht einen Tag länger tragbar.“ (Focus)

SPD-Parteivize Ralf Stegner verlangt die rasche Aussage der verantwortlichen Minister vor dem NSA-Ausschuss. „Für die Bundeskanzlerin funktioniert das Spiel nicht mehr, die aktuellen Erkenntnisse von sich fernzuhalten und zu sagen, damit habe ich nichts zu tun“, sagte Stegner der „Süddeutschen Zeitung“.

Acht Fails der Kanzlerin

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Flashback 2013: Als im Vorwahlkampf zum Bundestag die NSA-Enthüllungen von Edward Snowden bekannt wurden, veröffentlichte Angela Merkel ein 8-Punkte-Programm „zum besseren Schutz der Privatsphäre“. Originalzitat von der Webseite der Bundesregierung:

„Deutschland ist kein Überwachungsstaat“, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz. Zu den Berichten über die Tätigkeit der US-Nachrichtendienste sagte sie: „Bei uns in Deutschland und in Europa gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts.“

Auf deutschem Boden habe man sich an deutsches Recht zu halten. Die Bundeskanzlerin fügte hinzu, dass bei Daten-Überwachungen nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden dürften. „Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Nicht alles, was technisch machbar ist, darf auch gemacht werden.“

Offensichtlich wohl doch. Weil es so schön ist, die Regierungspropaganda zum Punkt 2:

2) Gespräche mit den USA auf Expertenebene

Die Bundeskanzlerin sagte, die Gespräche mit Amerika auf Expertenebene „über eventuelle Abschöpfungen von Daten in Deutschland“ würden fortgesetzt, „in Deutschland wie in den USA“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (die mit dem NSU -Red.) habe eine Arbeitseinheit „NSA-Überwachung“ eingesetzt. Deren Ergebnisse würden „natürlich auch – wie alles andere – dem Parlamentarischen Kontrollgremium berichtet“.

Was den „ganz konkreten Fragenkatalog“ an die USA angehe, mache die Bundesregierung „schon den möglichen Druck“. Sie glaube daher, dass es mit jedem Tag auch in den USA deutlich werde, „dass es uns wichtig ist“, so die Kanzlerin.

Wenn sie es für geeignet halte, werde sie auch ein weiteres Mal mit Präsident Obama über die Aktivitäten des NSA in Deutschland sprechen, sagte Merkel. Derzeit aber habe es „keinen Sinn“. Die Fragen lägen vor, „die Erwartungshaltung ist klar“.

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