Kompass – Zeitung für Piraten

Europa der Überwachung: Zensur, VDS, Krypto-Verbot – UK, DE, PT, HU

piratenpartei-europawahl-bayern-bild-100~_h-360_v-image853_w-640_-32550a25a71f9ea6a28488357c9b82d34bc5cc66Die neuesten Fehlentwicklungen im digitalen Europa: Überwachungswahn, Zensur und Bürgerbespitzeln in neuesten Gesetzen und Gesetzesentwürfen.

grossbritannien-flaggeGroßbritannien: Es geht immer noch etwas mehr: die neue, konservative Regierung will mit dem „Investigatory Powers Bill“ Webklicks speichern und starkes Crypto verbieten. Ganz genaues weiß man nicht, denn der Gesetzestext ist noch nicht veröffentlicht. „Human Rights Chaos“ nennt das die Pirate Party UK. „Die Vision der Tories ist ein hinterhältiges, kleinkariertes Mini-Britannien,“ ätzt der kommissarische Chef der UK-Piraten, George Walkden. Der Inselstaat war immer schon das überwachteste Land des Westens. Videoüberwachung, „CCTV“ gelabelt, gibt es überall. Die Briten haben keine Verfassung, die das stoppt. Jetzt gibt es sogar erste Bestrebungen, aus der Europäischen Menschenrechtekonvention auszutreten.

deutschland-flaggeDeutschland: die von CDU und SPD im Koalitionsvertrag vorgesehene Neo-Vorratsdatenspeicherung (VDS) wird ohne Rücksicht auf Demokratie und Grundrechte durchgedrückt. Auch sonst hat Privatsphäre und Datenschutz keinen hohen Stellenwert. So lädt die CDU die „eigene“, da von ihr ins Amt gehievte Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff aus der öffentlichen Anhörung zur Verfassungsschutz-„Reform“ aus. Denn Voßhoff hält die Reform nach Informationen von „Spiegel Online“ für verfassungswidrig. Was kein besonders genialer Einwurf ist: so ziemlich alle Überwachungsideen der letzten zehn Jahre fielen vor den Verfassungsrichtern schließlich durch. Nach der VDS droht schon die nächste Attacke: Jugendschützer wollen die gescheiterte Alterskennzeichnung für Webseiten in einem neuen Staatsvertrag sehen.

portugal-flaggePortugal: Freie Meinung ist nicht erwünscht bei den regierenden Parlamentsparteien. Besonders wenn es um politische Medienberichte geht. Daher die Idee: Zensur! Machen wir doch ein Gesetz, welches Medien zur Vorlage kritischer Wahl- und Politik-Berichte bei einer Kommission verpflichtet, und zwar begrenzt auf vier Wochen vor Wahlen. Ende April einigten sich die beiden konservativen Regierungsparteien PSD und CDS „in einer Nacht- und Nebelaktion“ (El Pais) und „unbekannter Schnelligkeit“ mit der sozialdemokratischen Opposition auf Vorabzensur per Gesetz. Nach großen Protesten der Medien wurde der Entwurf zwar hastig zurückgezogen, fragt sich aber, ob das nicht lediglich ein taktisches Manöver war.

ungarn-flaggeUngarn: das Schlußlicht der Presse- und Meinungsfreiheit in Europa. Premier Viktor Orban räumte Ende Mai, nach fünf Jahren an der Regierung, diverse Fehler ein, berichtet Standard.at. Detail am Rande: regierungskritische Medien waren aus „Platzmangel“ bei seinem Geständnis nicht im Raum. Die ungarische Internetsteuer, die Orban 2014 nach heftigen Protesten zurückzog, sowie die seit 2010 existierende Zensurbehörde NMHH (besetzt ausschließlich mit Leuten der Regierungspartei) drangsalieren freie Berichte über Misstände. Weder Informantenschutz, noch Redaktionsgeheimnis schützen kritische Journalisten vor NMHH-Inquisitionen. Die Realität heute ist Selbstzensur, wie der Spiegel herausfand: ein TV-Journalist sagte: „Wir machen nichts Eigenständiges mehr, was anschließend zensiert werden müsste. Sämtliche Entscheidungen über Inhalte werden oben getroffen. Eigene Ideen, eigene Kreativität sind nicht mehr erwünscht.“

Fortsetzung folgt … leider!

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