Wie steht es weltweit um die Freiheit im Internet? Nicht so pralle: die Welt schießt sich immer raffinierter auf das Netz ein. So sieht es Freedom House. Die US-Nichtregierungsorganisation mit viel Spendengeld aus der US-Regierung legte am Donnerstag ihren fünften Jahresbericht zur globalen Netzfreiheit vor.
„Freedom on the Net 2014“ (pdf) liefert eine digitale Landkarte, wie ausgefeilt die staatliche Überwachung rund 15 Jahre nach dem großen Durchbruch WWW, dem Internet zum Anklicken, daherkommt.
Germany
Deutschland ist auf dem Freedom Hose-Netzfreiheitsindex nach wie vor auf Platz 17. Wie lange noch, ist die Frage. Denn in Form des staatlichen Jugendschutzes kommen wieder Zugangsbeschränkungen in die Diskussion (siehe PDF auf Seite 344). Dass Deutschland noch so gut dasteht, ist vor allem dem Wirken der Piraten und Netzbewegung zu verdanken. Der laute öffentliche Protest verhinderte diverse Zensurmaßnahmen.
In der deutschen Politik ist das Netzthema also angekommen. Nach den Bundestagswahlen 2013 gibt es immerhin einen Minister für Digitale Infrastruktur (kümmert sich zur Zeit um die Auto-Maut und passende Überwachungstechnik) sowie Gespräche über eine digitale Tagesordnung (aka „Digitale Agenda“)
Als wichtige Entwicklungen von Mai 2013 – Mai 2014 nennt der Bericht:
- Trotz Billigung sowohl von der neu gewählten Regierung und dem Europäischen Parlament ist der Grundsatz der Netzneutralität nicht ganz gesichert. Bundeskanzlerin Merkel will jetzt wie die Telcos ein ungleiches Netz für „Spezialdienste“.
- Das neu erlassene Leistungsschutzrecht für Presseverlage erregte Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Kommunikations- und der Informationsfreiheit im Internet). Es könnte den Zugang zu Informationen erschweren, fürchten die Freiheitswächter, auch wenn bisher nur „minimal impact“ (im PDF Seite 337).
- Sonst sind beim Zensurieren in Deutschland die Urheberrechte-Verwertungsgesellschaften ganz vorne dabei: GEMA versus Youtube wird ausführlich gecovert.
Unter anderem geht der Bericht ein, wie die GEMA mehrere Ukraine-Protestvideos aus Youtube kickte, und wie sie das bestritten hat. Auch das Verteidigungsministerium bediente sich der Urheberrechtekeule gegenüber Zeitungsberichten zu Afghanistan (Fußnote 81). - Im August 2013 fällte der Bundesgerichtshof in Sachen „Alone in the Dark“ ein Urteil, das weitere Haftungsverschärfungen für die Sorte von Inhalteanbieter bringt, deren Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen erleichtert. Der deutschen „Stoererhaftung“ werden ein paar Zeilen auf Seite 344 gewidmet. Das jüngste EuGH-Urteil zum nun erlaubten Video-Einbetten wurde in diesem Bericht allerdings nicht mehr berücksichtigt.
- Die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Freelancers Edward Snowden zeigte die große Palette von Internet-Überwachung in Deutschland, sowohl von ausländischen als auch deutschen Geheimdienste.
Die Bundesregierung zog Kritik auf sich, da sie viel zu zögerlich auf die Enthüllungen reagiert. „No tangible, long-term solutions regarding online surveillance have been proposed as of yet“ bedauert der Bericht auf Seite 349. -
Auch die seit 2013 ausufernde Bestandsdatenauskunft wird kritisiert: die eigentlich vorgesehene richterliche Überwachung findet laut zwei Studien zu selten statt.
„Two members of the Pirate Party and a lawyer who had already filed the complaint against the data retention law in 2007 have filed a new constitutional complaint against the telecommunication act.“ Das war der sehr aktive Patrick Breyer.