Die automatisierte Bestandsdatenauskunft liefert Sicherheitsbehörden die Info, wer welchen Telefonanschluß hat, und welche Internet-IP-Adresse eine Person vom Provider für welchen Zeitraum zugeteilt bekommt, um durch das Web zu surfen. Damit bekommt der Staat Passwörter für Mail, Handy und Adressbücher.
Besondere Aktualität erhält die Bestandsdatenauskunft durch den Neustart der Vorratsdatenspeicherung. Eine geheime Vereinbarung sieht vor, die Automatik-Bestandsdatenauskunft für den Zugriff auf Vorratsdaten zu benutzen. Diese Vereinbarung wurde geleakt, brachte die Bundesregierung in Erklärungsnot. In der Bundespressekonferenz wurde es laut netzpolitik.org so verkauft, dass diese geheime Vereinbarung existiert, aber keine geheime Nebenabrede sei, sondern eine nicht-öffentliche Nebenabrede.
Seit 2013 steht die Bestandsdatenauskunft im Telekommunikationsgesetz, und weicht Schritt für Schritt das Recht auf unbeobachtete Kommunikation auf.
Seit 2013 läuft eine Verfassungsbeschwerde von Pirat und Datenschützer Patrick Breyer. Über 5.800 Menschen klagten mit ihm vor dem Bundesverfassungsgericht.
Patrick Breyer sagte heute zum KOMPASS auf die Frage nach dem Stand: „Wir haben vom Verfassungsgericht eine Eingangsbestätigung bekommen, seither aber nichts mehr davon gehört.“
Leider ist es normal, dass solche Verfahren jahrelang liegen. Doch dann stehen sie plötzlich auf der Tagesordnung. Möglicherweise die nächste Zeitbombe für grenzenlose Vorratsdaten-Überwachungsphantasien aus dem Bundeskanzleramt?
Be-stands-da-ten?!
Das von CDU, CSU, FDP und SPD im März 2013 verabschiedete Bestandsdatengesetz war nötig, um ein Urteil des Verfassungsgerichtes zu erfüllen. Die Verschlimmbessserung geht trotzdem noch über die bisherige Rechtslage hinaus und baut Schutzvorschriften ab zugunsten eines Kontroll-, Polizei und Präventionsstaates im Aufwuchs.
Bestandsdaten sind: Name, Adresse, Bankkonto, Geburtsdatum, die vertrauliche PIN und PUK-Nummer fürs Handys, die Internet-IP-Adresse, die einen Nutzer im Internet eindeutig identifiziert, Klartext-Passwörter für Mailaccounts beim Provider und Zugangsdaten zu digitalen Adressbüchern.
Bestandsdaten sind nicht: Inhalte der Kommunikation, also Mails, besuchte Webseiten etc., wer mit wem telefoniert hat. Das wären Vorratsdaten: einige davon sollen in der neuen Vorratsdatenspeicherung/Mindestspeicherfrist den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen.
Die stetig steigende Bestandsdaten-Abfragezahl wird zum Problem:
- Der staatliche Zugriff auf Kommunikationsdaten ist Regelfall, nicht mehr seltene Ausnahme.
- Die elektronische Schnittstelle zu den Telekoms macht Sicherheitsbehörden das Bürgerdaten-Zusammenklicken leichter. Kein eingebauter Datenschutz per mühsamen Papierformular. Die Folge: Sie belästigen jetzt auch Bürger in Bagatellfällen mit Anrufen aufs Handy dank Bestandsdaten-„Telefonbuch“.
- Bundeskriminalamt, Zollkriminalamt erhalten in weitem Umfang Zugriff auf Kommunikationsdaten, wo Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis bisher nicht gestattet sind (z.B. als Zentralstelle, zum Personenschutz). Das heißt: hat etwa ein Rechtsterrorist gute Polizei- oder Verfassungs“schutz“-kontakte, kommt er via Bestandsdaten an die Adressen von Antifa-Aktivisten, auch wenn die auf den üblichen Wegen nicht zu haben sind.
- Es gibt keine Schranken wie etwa durchgängige Richter-Kontrolle, sondern es wird im Gesetz viel zu großzügig und freizügig Zugriff eingeräumt, selbst bei einem Hauch von Gefahr. Bürgerdaten sind Freiwild, und Sicherheitsbehörden machen quasi per Amt alles richtig.
Eine Reihe von Bundesländern genehmigt Landespolizei und Landesverfassungsschutz ebenfalls Zugriff. Das ist der gleiche Verfassungbruch wie im Bundesgesetz. Verantwortlich sind Länder-CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne.
Es gibt dank der Snowden-Leaks die begründete Annahme, dass US-amerikanische Geheimdienste Zugang zu der deutschen Bestandsdatenabfrage haben.
Kommentare sind geschlossen.