Kompass – Zeitung für Piraten

Der KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill – Stefan Körner

Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2015

Kandidateninterviews

PIRATEN - BUNDESVORSTAND - STEFAN KOERNER - FOTO be-him CC BY NC 

KOMPASS – BuVo – Kandidatengrill 2015:

 

KOMPASS:

Am Samstag, den 25. Juli und Sonntag, den 26. Juli 2015 findet der Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland in Würzburg statt.

Auf dem Programm stehen die Neuwahlen zum Bundesvorstand, sowie erste Beratungen und Programmschwerpunkte zur Bundestagswahl 2017.

 

Der KOMPASS möchte nun, wie auch in den letzten Jahren, den Mitgliedern der Piratenpartei, die Kandidaten für den Bundesvorstand vorstellen.

Wir werden allen Vorstandskandidaten die gleichen Fragen stellen, unabhängig davon, für welchen Posten sie kandidieren, da wir davon aus gehen, dass es in der Piratenpartei keine „prinzipiell“ unpolitischen Bundesvorstands-Ämter gibt.

 

Sie alle kandidieren für die Arbeit in einem gemeinsamen Vorstand, in dem sie, wenn gewählt, eine funktionierende Einheit bilden sollen. 

 

KOMPASS:

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.

 

Stefan Körner:

 

2009 kam ich zu den Piraten, um gegen die Stoppschilder, die Frau von der Leyen im Internet aufstellen wollte, aktiv zu werden.

Ich war zunächst ein Jahr Stellvertretender Bezirksvorsitzender der Oberpfalz, dann drei Jahre lang Landesvorsitzender in Bayern und bin seit einem Jahr Bundesvorsitzender der Piratenpartei.

Ich lebe in Bayern, arbeite freiberuflich als Softwareentwickler und bin Vater von zwei Töchtern.

  

KOMPASS:      Kommen wir nun zum Fragenkatalog:

 

Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?

 

Stefan Körner:

 

Ich kandidiere für den Vorsitz.

 

Aus welchem Grund kandidierst Du?

 

Stefan Körner:

 

Ich würde gerne die Arbeit des letzten Jahres fortsetzen.

 

Was sind Deine politischen Ziele?

 

Stefan Körner:

 

Wir brauchen eine Partei, die die Aufgaben und Herausforderungen, die sich durch den Digitalen Wandel ergeben – Die Freiheit, die Bürger- und Menschenrechte, aber auch die Anforderungen durch die sich verändernde Arbeitswelt, in die Politik bringt.

Wir haben eine Regierung, die unserer Welt als #Neuland bezeichnet. Wir haben Politiker in den Parlamenten, die eine Vorratsdatenspeicherung als brauchbares Mittel sehen ohne zu erkennen, dass sie damit eine anlasslose Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung installieren und die Freiheit der Menschen töten.

Ich bin davon überzeugt, dass wir Piraten nach dem Hype und dem Absturz eine gute Chance auf eine Rückkehr als politisches Gewicht in unserem Land haben, wenn wir es schaffen, uns ein erkennbares Profil zu geben. Das bedeutet nicht, dass wir uns nur noch um bestimmte Themen kümmern – ganz im Gegenteil, wir sind eine Partei, wir müssen den Anspruch haben, in allen politischen Themenfeldern Expertise zu haben und Antworten auf Fragen formulieren zu können.

Aber wir haben das Problem, dass zu viele Menschen außerhalb unserer Filterblase überrascht sind, dass wir noch da sind, wenn sie uns sehen und dann rätseln, wofür wir eigentlich stehen.

Ich werde dafür kämpfen, dass wir unsere Sichtbarkeit wieder herstellen. Die Menschen müssen wissen, dass es die Piraten noch gibt. Und ich werde dafür kämpfen, dass wir als die Partei des Digitalen Wandels wahrgenommen werden. Wir haben in der Umfrage unter allen Mitgliedern der Piratenpartei die Antwort erhalten, dass über 90% die Themen „Privatsphäre und Datenschutz“, „Transparenz und Open Data“ und „Demokratie und Mitbestimmung“ für die kommenden Wahlkämpfe in den Mittelpunkt stellen wollen. Das sehe ich als Arbeitsauftrag, so werde ich es umsetzen.

Und wie bereits geschrieben, bedeutet das nicht, dass irgend ein andere Thema weniger wichtig wäre oder gar nicht bearbeitet werden soll – wir waren die Partei mit den Fragen, inzwischen sind wir die Partei mit den Antworten!

 

Welche Eigenschaften machen Dich zu einem geeigneten Kandidaten für den Vorstand?

 

Stefan Körner:

 

Ich habe in den vergangenen Jahren gezeigt, dass ich zuverlässig und ruhig ein Vorstandsamt führe und auch die Energie habe, um eine Amtszeit durch zu halten. Ich bin in der Lage, im Team zu arbeiten, scheue mich nicht davor, Entscheidungen zu treffen und bin in Diskussionen guten Argumenten durchaus zugänglich.

 

Warum sollten die PIRATEN Dich in Würzburg wählen?

 

Stefan Körner:

 

Wir haben als gut zusammenarbeitendes Team Entwicklungen in verschiedenen Bereichen angestoßen und ich würde mich freuen, wenn das Wahlergebnis in Würzburg uns die Möglichkeit gibt, daran anzuschließen und weiter zu machen. Außerdem glaube ich, dass uns Kontinuität im der Arbeit des Bundesvorstands sehr hilft, um wieder eine stabile Außenwahrnehmung zu erzeugen.

 

Mit wem besprichst Du Dich, und wer gibt Dir Ratschläge in politischen und organisatorischen Fragen?

 

Stefan Körner:

 

Mit meinen Vorstandskollegen, aber auch mit meiner Familie und mit ein paar wichtigen Freunden.

 

Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?

 

Stefan Körner:

 

Der jetzige Bundesvorstand hat sich größtenteils als hervorragendes Team gezeigt. Mir wäre es am liebsten, wir könnten die begonnene Arbeit für eine weitere Amtszeit gemeinsam fortsetzen.

 

Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?

 

Stefan Körner:

 

Größer als der jetzige Vorstand sollte er meiner Meinung nach nicht sein. Auf die beiden optionalen Posten „Stellvertretender PolGF“ und „2. Stellvertretender GenSek“ könnte man eventuell verzichten.

 

Siehst Du den BuVo als ein rein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?

 

Stefan Körner:

 

Wir sind eine Partei, ein Vorstandsamt ist da immer eine politisches Amt.

 

Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?

 

Stefan Körner:

 

Ich halte es für sehr sinnvoll, für Aufgaben, die erledigt werden müssen, bezahlte Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Diskussion darüber, Vorstände zu bezahlen, halte ich bei unserer derzeitigen finanziellen Situation für nicht sinnvoll.

 

 Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?

 

Stefan Körner:

 

Ja, wie bereits ausgeführt, habe ich inzwischen fünf Jahre in verschiedenen Vorständen innerhalb der Piratenpartei gearbeitet.

 

Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?

 

Stefan Körner:

 

Ich war Stellvertretender Bezirksvorsitzender eines neu gegründeten Verbands, ich hatte drei Jahre das Amt des Landesvorsitzenden in Bayern inne und bin seit einem Jahr Bundesvorsitzender.

 

Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits Mitglied einer anderen Partei gewesen?

 

Stefan Körner:

 

Nein, bin ich nicht.

 

Bist Du aktives Mitglied, oder Sympathisant von außerparlamentarischen Gruppen, oder NGOs?

 

Stefan Körner:

 

Ja, ich bin Mitglied bei Mehr Demokratie e.V.

 

Wie verortest Du Dich politisch? / Welchem Flügel der Piratenpartei fühlst Du Dich zugehörig?

 

Stefan Körner:

 

Als Vorsitzender der Partei sollte man sich nicht einem Flügel zugehörig fühlen.

 

Wie stehst Du zum Gewaltmonopol des Staates?

 

Stefan Körner:

 

Ich denke, dass das Gewaltmonopol des Staates ein Fundament eines funktionierenden Rechtsstaates ist.

 

Würdest Du persönlich an Aktionen teilnehmen, die dem Parteiprogramm oder dem allgemeinen Piratenkonsens widersprechen?

 

Stefan Körner:

 

Nein.

 

Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?

 

Stefan Körner:

 

Wir haben im vergangenen Jahr jeden Montagabend im Mumble das Gespräch angeboten und ich hatte durchaus das Gefühl, dass das angenommen wurde. Wir waren auf vielen Landesparteitagen, Landesmitgliederversammlungen und weiteren Veranstaltungen der Piraten um für Anregungen, Kritik und Fragen erreichbar zu sein. Aber trotzdem bin ich mir bewusst, dass das nicht ausreichend ist, um wirklich für alle Mitglieder ein erreichbarer BuVo zu sein. Wenn wir weitere Werkzeuge finden, um die innerparteiliche Kommunikation zu verbessern, bin ich dabei, um sie zu testen.

 

Wie willst Du persönlich die Entwicklung von SMV, BEO und Liquid Feedback fördern?

 

Stefan Körner:

 

Es war ziemlich enttäuschend für uns, dass der BEO durch ein Verfahren vor den Bundesschiedsgericht ausgebremst wurde. Das ist besonders ärgerlich für uns, da wir zu Beginn unserer Amtszeit sehr viel Zeit und Energie in die Ausarbeitung der Umsetzung des BEO investiert haben und dann zusehen mussten, dass wir einfach nicht weiter kamen. Wir werden wohl am BPT weitere Verifizierungen zum BEO anbieten, weil wir davon ausgehen, dass das System Basisentscheid früher oder später eben doch kommen wird – und wir dann zur Teilnahme verifizierte Mitglieder brauchen.

 

Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?

 

Stefan Körner:

 

Wir PIRATEN haben im Augenblick das Problem, dass wir für die Medien nur bedingt interessant sind. Im vergangenen Jahr kamen von Journalisten nur dann Fragen zur Meinung der Piraten, wenn es um die Themen des Digitalen Wandels ging. Pressemitteilungen, die wir zu dem Themenkomplex verschickten, hatten eine akzeptable Chance, auch aufgenommen zu werden. Alles, was wir zu anderen Themen verschickt haben, wurde praktisch konsequent ignoriert. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass die einzige Chance, die wir haben um über die Medien die Wähler zu erreichen, ist, dieses kleine Aufmerksamkeitsfenster zu nutzen. Wir nutzen die Themen, die uns Aufmerksamkeit versprechen, um zu zeigen, dass wir noch da sind und haben dann auch die Möglichkeit in allen Politikfeldern etwas zu bewegen.

 

Welche Themen sollte die Piratenpartei bis zur Bundestagswahl besetzen?

 

Stefan Körner:

 

Ich denke, wir sollten uns als die Partei des Digitalen Wandels positionieren. Wir sind die Partei, die unsere Zukunft maßgeblich mitgestalten muss. Wir sind die Partei, die im Netz geboren wurde. Wir sind die Partei, die die Bedeutung der Digitalisierung erkannt hat und in die Politik bringen muss. Wir sind die Partei, die für Privatsphäre und Datenschutz kämpft. Wir sind die Partei, die den transparenten Staat und freien Zugang zu Bildung und Informationen auf der Fahne stehen hat. Wir sind die Partei, für die Beteiligung an der Demokratie für jeden ein wesentliches Merkmal einer positiven Zukunft ist.

 

Welche Themen möchtest Du selbst gegenüber der Öffentlichkeit vertreten?

 

Stefan Körner:

 

Ich werde für genau diese drei Themenkomplexen kämpfen. Jeden Tag aufs Neue!

 

Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?

 

Stefan Körner:

 

Transparenter Staat statt gläserner Bürger und mehr Beteiligung!

 

Inwieweit sollte die Piratenpartei sich auch zum Beispiel den sozialen Themen zuwenden? Digitaler Wandel auf dem Arbeitsmarkt kann auch zu Arbeitslosigkeit und sozialen Ängsten führen. Welche Antwort geben wir darauf?

 

Stefan Körner:

 

Wir haben dazu bereits gute Antworten in unserem Programm. Das ist gut und richtig so. Allerdings müssen wir davon ausgehen, dass wir mit Wahlkämpfen zu Themen, bei denen anderen Parteien die wesentliche Kompetenz im Thema zugeschrieben wird, wir davon ausgehen, dass wir damit „deren Thema“ puschen und indirekt für sie Wahlkampf machen. Deswegen würde davon abraten, Aussagen dazu in den Mittelpunkt kommender Wahlkämpfe zu stellen.

 

Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?

 

Stefan Körner:

 

Ich bin nach wie vor skeptisch, dass es funktioniert, einfach jedem einen Betrag jedes Monat zu überweisen, der dann auch ausreichend hoch ist, um ein Leben in angemessener Form zu ermöglichen. Allerdings ist mir auch bewusst, dass unser Sozialsystem eine einzige Ruine ist und mit sozial inzwischen praktisch nichts mehr zu tun hat. Deswegen finde ich es richtig und wichtig, dass wir diese Diskussion führen.

Außerdem glaube ich, dass auch die Piratenpartei rückschauend betrachtet, ähnlich wie die Grünen, die aus der Umwelt-, der Friedens- und der Gleichberechtigungsbewegung der 70er Jahren entstanden sind, aus mehreren Bewegungen entstanden sind. Ich persönlich gehe davon aus, dass der Kampf für das BGE rückschauend eine weitere Grundsäule der Piratenpartei sein wird.

 

Welche sind Deine drei wichtigsten politischen Ziele der Piratenpartei?

 

Stefan Körner:

 

Kurzfristig würde ich gerne dazu beitragen, die Vorratsdatenspeicherung zu verhindern. Mittelfristig halte ich es für wichtig, unsere Regierung dazu zu bringen, dem Schutz unserer digitalen Privat- und Intimsphäre angemessen zu begegnen für ein lohnenswertes Ziel. Langfristig würde ich gerne mit den Piraten dafür sorgen, dass der Einfluss der Menschen auf die Politik in Deutschland deutlich größer wird – ohne das System unserer Demokratie in Frage zu stellen.

 

Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?

 

Stefan Körner:

 

Die Piratenpartei macht meiner Meinung nach nichts richtig oder falsch. Es sind die Mitglieder, also jeder einzelne von uns, die manches falsch aber auf jeden Fall definitiv vieles richtig machen. Die Entwicklung der letzten 13 Monate ist eindeutig positiv und das ist das Ergebnis unser aller Arbeit für die Piratenpartei.

 

Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?

 

Stefan Körner:

 

Ein Jahr ist in der Politik ein sehr kurzer Zeitraum. Aber ich sehe uns im Herbst 2017 im Deutschen Bundestag.

 

 

Interview mit Stefan Körner zur Kandidatur BuVo 2015

Kompass:        Stefan Körner, vielen Dank für das Gespräch.

 

Timecodex / Juergen Asbeck CC BY NC ND