Vergangenen Samstag, 10. Oktober 2015 gingen rund eine Viertelmillion Menschen in Berlin auf die Straße. Sie protestierten bei der bundesweite Großdemonstration „Stop TTIP“ unter Beteiligung der Piratenpartei. Mehr als 3,2 Millionen EU-Bürger haben bei der selbstorganisierten europäischen Bürgerinitiative – welche die EU-Kommission nicht offiziell anerkennen wollte – ihre Unterschrift gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP geleistet.
Stefan Körner, PIRATEN-Bundesvorsitzender und Kristos Thingilouthis, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland: „Wir haben von Beginn an gegen die intransparenten Verhandlungen protestiert. Weder die USA, noch die Europäische Union haben sich bisher kooperativ gezeigt und ihren Bürgern Verhandlungsergebnisse präsentiert. Dieses Abkommen ist gescheitert und muss weg!“
Bruno Kramm, TTIP-Beauftragter der Piratenpartei Deutschland und letztes Wochenende wiedergewählter Landesvorsitzender der PIRATEN in Berlin: „Sollten TTIP, CETA und TISA je ratifiziert werden, haben transnationale Konzerne das letzte bisschen Gemeinwesen, Daseinsfürsorge und Demokratie unter die Kontrolle und das Diktat ihrer neoliberalen Interessen gebracht und zugunsten reiner Gewinnoptimierung geopfert. Im globalen Maßstab bedeutet dies auch die Ausgrenzung armer Weltregionen und ein weiteres Anwachsen der Völkerwanderung, globaler Ungleichgewichte und Ungerechtigkeit. Im digitalen Maßstab bedeutet das Freihandelsabkommen den unkontrollierbaren Abfluss unserer Privatsphäre zu den omnipotenten Konzernrechenzentren und das Öffnen der digitalen Büchse der Pandora: Das kafkaeske Albtraumszenario einer totalitären, kapitalistischen Überwachungsgesellschaft.“
TPP geleakt
Was der digitalen Gesellschaft so blüht, zeigte in den letzten Tagen der Leak des mittlerweile ausverhandelten Schwesterabkommens TPP für Länder im pazifischen Raum. Das TPP besteht bereits seit 2006, es geht aktuell um den Beitritt weiterer Länder, unter anderem USA und Australien. Insgesamt verhandeln im TPP zwölf Länder: Vereinigte Staaten, Japan, Australien, Peru, Malaysia, Vietnam, Neuseeland, Chile, Singapur, Kanada, Mexiko und Brunei.
Das runderneuerte TPP plant drakonische Copyrightstrafen und Netzdrosselungen direkt beim Provider, dies vor allem auf Druck der US-Content-Lobby. Während die Stärkung der Content-Rechteinhaber für alle TPP-Mitglieder zwingend in nationales Recht umzusetzen ist, sind die im TPP auch gewährten Nutzerrechte, wie etwa das US-amerikanische „Fair Use“, lediglich unverbindliche Vorschläge für nationale Parlamente. Die USA haben ihren Kongress bereits auf „Fast Track“ geschaltet, will heißen, mit einer einfachen Ja/Nein-Abstimmung wird der TPP zum US-Recht hinzugefügt oder auch nicht.
Wie die digitale Bürgerrechte-Organisation „Electonic Frontier Foundation“ (EFF) schrieb, erwartet die TPP-Länder dazu ein erweitertes Copyright. 70 Jahre nach dem Tod des Autors ist die neue Schutzfrist. Dazu kommt urheberrechtlicher Schutz für Werke von Unternehmen, nämlich 70 Jahre nach der Erstveröffentlichung.