Kompass – Zeitung für Piraten

IT-Gipfel: Andere reden – PIRATEN stellen OpenAntrag zur Verfügung

Digitalisierung über alles, im Zweifel auch über Bürger-, Freiheits- und Menschenrechte sowie das goldene Recht, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden. Das Fiasko 9. IT-Gipfel am 18. November in Berlin. Foto copyright BMWi-Mediathek, Fotograf Espen Eichhöfer
Digitalisierung über alles, im Zweifel auch über Bürger-, Freiheits- und Menschenrechte sowie das goldene Recht, vom Staat in Ruhe gelassen zu werden: das ist in einem Satz das Fiasko „9. nationaler IT-Gipfel“ am 18. November in Berlin. Foto copyright BMWi-Mediathek, Fotograf Espen Eichhöfer

Gestern startete die Bundesregierung ihren IT-Gipfel in der nunmehr neunten Auflage. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel diskutiert mit Großunternehmern über die Digitale Zukunft.

Integriert ins offizielle Programm: der IT-Industrie-Lobbytreff von der BITKOM auf gestrigen Donnerstagabend: bei Kaltgetränken und Häppchen die nächsten Milliarden für neue Stasi-Technik klarmachen.

Zeitgleich veranstalten die GRÜNEN ihren zweiten IT-Gipfel unter dem Motto „Openness“.

Das heißt wohl eher offen für Bürgerbespitzelung mit Hilfe der IT-Industrie: Als Landesregierungen stimmten GRÜNE Anfang November in Baden-Württemberg und zahlreichen weiteren Bundesländern der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zu.

CDU, CSU, SPD und GRÜNE diskutieren auf dem Gipfel nur mit Unternehmen, vorgefiltert-ausgewählten Repräsentanten oder mit sich selbst und lassen den Bürger außen vor.

Die Piratenpartei beteiligt die Bürger mit dem Erfolgstool „OpenAntrag“ an politischen Entscheidungsprozessen, wo sie in einem Parlament vertreten ist. Das ist immerhin in über 130 Mal in Deutschland der Fall. Viele Piratenfraktionen haben sich eine Mitmach-Ecke auf der PIRATEN-Beteiligungsplattform „OpenAntrag“ eingerichtet. Hier können Bürger ihre Anliegen per Web an die Politik weiterleiten, und erfahren, was aus ihren Eingaben geworden ist.

Openantrag.de
Openantrag.de

Kristos Thingilouthis, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Deutschland:

Kristos Thingilouthis
Kristos Thingilouthis Foto: Joachim S. Müller Creative Commons Attribution-ShareAlike License

„Beim IT-Gipfel stellt die Regierung erneut Wirtschaftsinteressen in den Mittelpunkt, nicht den Menschen. Kein Wunder, schwindet doch die Akzeptanz und das Vertrauen der Bürger in die vernetzte Welt immer weiter. Schuld daran sind die verfehlten politischen Vorgaben, die auf Kontrolle und Überwachung setzen statt auf Transparenz und Selbstbestimmung.“

Warum sollte der Bürger etwa bei E-Government-Diensten einem Staat trauen, der seinen Bürgern gegenüber mit der Vorratsdatenspeicherung pauschales Misstrauen zum Ausdruck bringt?

Misstrauen dem Bürger gegenüber auch für die digitale Selbstverteidigung: nach den Paris-Attentaten werden Stimmen aus der Geheimdienste-Welt laut, die die sichere vollständige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verbieten und mit „Nachschlüsseln“ schwächen möchten.

Ex-Spiegel-Online Macher Mathias Müller von Blumencron liefert in der FAZ publizistische Feuerunterstützung in der Neuauflage der „Crypto Wars“.

Elektronischer Personalausweis, die elektronische Gesundheitskarte, De-Mail und elektronische Stromverbrauchserfassung bis runter zur kleinsten Wohnung sind weitere Beispiele dafür, dass Datensammelwut und Misstrauen Widerstand und Ablehnung provozieren.

Wieder einmal werden in der Terrorhysterie Freiheiten für alle geopfert. Trotzdem schaffen es professionell organisierte Täter immer wieder, die Staatsbespitzelung zu unterlaufen. Zum Beispiel, indem sie einfach mal nicht telefonieren.

Wie damals bei den 1930-er Lochkarten-Volkszählungen steht die Großindustrie willig bereit, den Spitzelstaat mit allerlei Technologie auszustatten. Ist so etwas erstmal am Netz, wird es nur zu leicht Grundlage für ausufernde Bürgerausspähung und -drangsalierung durch behördliche Schreibtischtäter, „weil es das geltende Recht ist“.

Die Abfragezahlen der real existierenden Tools von Kontenabfrage bis Bestandsdatenauskunft, die ausufernden Kosten von nationalen IT-Projekten wie Toll Collect zeigen, wohin die Reise geht.

LINKS:
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