Kompass – Zeitung für Piraten

Der Kompass-Kandidatengrill: Björn Niklas Semrau

Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2013-2014

 

BJOERN NIKLAS SEMRAU - FOTO TOBIAS M ECKRICH CC-BY SA.
BJOERN NIKLAS SEMRAU – FOTO TOBIAS M ECKRICH CC-BY SA.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

KOMPASS:  

Wie jedes Jahr entscheidet ein Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland über die Zusammensetzung des Bundesvorstandes. 

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.

 

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich heiße Björn Niklas Semrau, bin noch 34 Jahre alt, verheiratet und komme aus Darmstadt in Hessen. Dort studiere ich an der Technischen Universität Politikwissenschaft und Geschichte (und werde hoffentlich bald fertig). Ich bin auf Twitter als @BjSemrau bekannt, im Piratenwiki als Phobos und auf Facebook als ich selbst.

Bei den Piraten bin ich seit ihrer Gründung im Jahr 2006. Ich habe seitdem meine Erfahrungen in diversen Ämtern und Funktionen, sowie beim Aufbau von Unterverbänden  gesammelt. Zuletzt war ich Listenkandidat (Platz 4) auf der hessischen Liste zur Bundestagwahl 2013, sowie im Wahlkreis 186. Außerdem war ich davor Vorsitzender des Kreisverbandes Darmstadt/ Darmstadt-Dieburg.

Inhaltlich arbeite ich vor allem im Rahmen der ursprünglich ebenfalls von mir mitbegründeten AG Außen- und Sicherheitspolitik mit, in der ich derzeit auch einen der drei Koordinatorenposten bekleide. Gemeinsam haben wir weite Teile des außenpolitischen Grundsatz- und Wahlprogramms ausgearbeitet und als Anträge ein- und durchgebracht. In diesem Rahmen konnte man mich in Bochum und in Neumarkt jeweils schon einmal auf der Bühne beim Vorstellen der außenpolitischen Anträge unserer AG begutachten.

 

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KOMPASS:     Kommen wir nun zum Fragenkatalog:

 

1)                 Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Für einen der Stellvertretenden Vorsitzenden und für den Politischen Geschäftsführer.

 

2)                 Aus welchem Grund kandidierst Du?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich kandidiere, weil ich nach der Bundestagwahl immer noch motiviert bin etwas zu tun, etwas beizutragen, und weil ich denke, dass die Themen für die wir stehen wichtig sind und gehört werden sollten. Wir sind an einem wichtigen Punkt in der Entwicklung der Partei angekommen, und ich habe das Gefühl, dass viele Piraten demotiviert und enttäuscht sind.

Ich möchte dabei mithelfen der Partei wieder Selbstbewusstsein und den Spaß an der politischen Aktion zurückzugeben. Ich möchte an alte Tugenden erinnern. Ich würde mir wünschen, dass wir wieder mehr unsere Themen nach außen stellen, und dann dafür als Partei gewählt werden, weil uns dafür einsetzen. Ich würde gerne sehen, dass wir nicht weiter nur krampfhaft auf Wahl- und Umfrageergebnisse achten, ob wir irgendwo „reinkommen“ oder nicht.

Gleichzeitig möchte ich mich dafür einsetzen, dass unsere Außenwirkung besser wird, dass wir wieder ernster genommen werden. Meine Erfahrungen als Kandidat haben mich davon überzeugt, dass ich diesbezüglich einen Mehrwert für die Partei bewirken könnte.

Und letztlich habe ich auch Kritik am letzten BuVo geübt. Ich möchte aber nicht nur aus dem „off“ heraus motzen, sondern wenigstens versuchen es selber auch besser zu machen. Daher kandidiere ich auf Ämter, in denen ich mich für all das einsetzen kann.

 

3)                 Was sind Deine politischen Ziele?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich arbeite vor allem an einer menschlicheren Außenpolitik, die sich von den veralteten Machtambitionen des 20. Jahrhunderts abgrenzt. Weiterhin möchte ich die Korruptionsbekämpfung stärken, da ich Korruption für die entscheidende Schwäche der derzeitigen Politik halte.

Als Teil des Bundesvorstandes jedoch möchte ich nicht Themen von oben vorgeben, sondern mich vor allem als Projektor der Parteithemen nach außen einsetzen. Eine unserer Stärken als Partei war immer eine starke und kreative Basis die Themen und Positionen aufbringt und behandelt, diskutiert und abstimmt, für die sie brennt. Ich möchte dieses Prinzip stärken, wobei wir unsere Kernthemen, wie die Bekämpfung des Überwachungsstaates und das Fördern gesellschaftlicher Teilhabe, natürlich stetig weiter verfolgen sollten.

 

4)                 Welche Eigenschaften machen Dich zum geeignetsten Kandidaten für den Vorstand?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich bin teamfähig und ich bin höflich. Ich arbeite konstruktiv und kann Themen und Positionen vertreten. Ich bin aber auch in der Lage Fehler einzusehen und habe genügend Rückgrat, um dafür gerade zu stehen.

Ansonsten bin ich recht kommunikationsfreudig und halte mich für recht umgänglich.

 

5)                 Wie stehst Du zu Quotierungen bei Ämterbesetzungen?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Bei demokratischen Wahlen halte ich nichts von Quotierungen, da jede Quotierung die Wahlfreiheit einschränkt. Das gilt für alle Arten von Quoten. Bei dem aktuellen Kandidatenfeld für den Bundesvorstand beispielsweise würden wir schon in eine gewisse Bedrängnis kommen, wenn es für den BuVo eine Quote von 50% oder auch nur von 33% gäbe. Wir müssten eher dafür sorgen, dass wir mehr qualifizierte Kandidatinnen für die Bewerberlisten motiviert bekommen. Dann würden meiner Ansicht nach auch mehr Frauen in Ämter gewählt werden.

Anders sehe ich das allerdings bei der Postenvergabe bei großen Wirtschaftsunternehmen oder auch bei Behörden, die ja immerhin von Steuergeldern betrieben werden. Da kann ich mir eine Quote als durchaus hilfreich vorstellen.

Es ist gut und richtig, dass wir innerparteilich über Quotierungen reden, weil es das eigentliche Problem, dass damit gelöst werden soll, ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Aber ich halte unsere Partei für durchaus fähig diese Problematik ohne eine Quote zu bewältigen. Die Aufstellungsversammlung zur Bundestagswahl in Berlin hat vorbildhaft gezeigt, wie es ohne Quote gehen kann, wenn man beispielweise genügend qualifizierte Frauen zur Auswahl hat. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Im Zweifelsfall gilt es herauszufinden, warum nicht mehr Frauen auf die Ämter kandidieren, und wie man die Rahmenbedingungen dann so schaffen kann, dass es passiert.

Letzten Endes werde ich aber mit der Entscheidung der Partei leben können, wenn sie der Meinung ist, dass eine Quote unabdingbar ist.

 

6)                 Wie stellst Du Dir diese quantitativ vor?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Siehe oben!

 

7)                 Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich habe keinen Wunschvorstand. Ich halte mich für befähigt mit (fast) jedem konstruktiv zusammenarbeiten zu können.

 

8)                 Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Zu viele Köche verderben den Brei. Ich würde den Vorstand nicht weiter wachsen lassen. Vielleicht sogar wieder etwas eindampfen. Wichtig ist, dass die anfallende Arbeit erledigt werden kann und nichts hinten runter fällt. Auf eine konkrete Zahl kann ich mich da aber nicht festlegen. Frage mich noch einmal, wenn ich reingewählt wurde und das Jahr rum ist.

 

9)                 Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Bis vor kurzem war ich für die Bezahlung von Vorständen. Nach einigen Diskussionen in jüngerer Zeit und nach Kenntnisnahme der Ergebnisse von dem entsprechenden Slot auf der „Wir müssen reden“-Con in Kerpen, sowie einem Blick auf die Budgetplanung für das kommende Jahr bin ich davon allerdings abgerückt. Wenn wir Geld einsetzen, dann würde ich bei der Infrastruktur, wie der IT und der Verwaltung anfangen.

 

10)             Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ja, durchaus.

 

11)             Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich war von 2007 bis 2008 Beisitzer im ersten Vorstand des LV Hessen. Von 2009 – 2010 war ich Beisitzer im KV Darmstadt. Von 2011 bis 2012 war ich Stellvertretender Vorsitzender im vereinigten KV Darmstadt/Darmstadt-Dieburg, und von 2012 bis 2013 war ich Vorsitzender dort.

 

12)             Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in einer anderen Partei gewesen?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Nein.

 

13)             Wie verortest Du Dich politisch?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich halte mich für freiheitlich-liberal. Mein politischer Kompass oder entsprechende Tests weisen mich aber irgendwie immer als links aus. Ich schätze also, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt, also als linksliberal.

 

14)             Siehst Du den BuVo als ein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich denke, dass der BuVo klar politisch ist. Allerdings nicht im dem Sinne Themen vorzugeben, sondern die Themen der Partei offensiv nach außen zu vertreten. Er dient sozusagen als Sprachrohr und als Projektor der Basis, wobei er auch nach innen wirken sollte, ermutigend, einigend, fördernd. Verwaltung ist auch sein Aufgabe, aber nur ein Teil davon.

 

15)             Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Am ehesten sollte der BuVo recht direkt und persönlich, d.h. über die verschiedenen Kanäle, die der Partei zur Verfügung stehen, für die Basis verfügbar sein. Vorbildhaft sehe ich dabei BuBernds Sprechstunde im Mumble, die ich einen sehr konstruktiven und guten Einfall fand, um direktes Feedback zu ermöglichen. Ansonsten gibt es ja Twitter, Mailinglisten, Stammtische, Parteitage, etc., etc. auf denen der BuVo ansprechbar sein sollte.

 

16)             Was sind SMV und Liquid Feedback für Dich?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Es sind Tools und Versuche auf dem Weg zu einer besseren, direkten und demokratischen Mitbestimmung in der Partei und auf digitaler Ebene. Einen Weg, den ich grundsätzlich unterstütze. Ich denke, dass wir Mittel und Wege direkterer Mitbestimmung benötigen, und es als Piratenpartei auch unsere Aufgabe ist diesbezüglich vorzudenken. Dennoch empfinde ich diese Versuche noch als anfällig und noch nicht in jeder Beziehung ausgereift.

LF hat teilweise gute Ergebnisse erzielt, ist aber doch recht schwerfällig und die Zugangshürden für viele Piraten zu hoch. SMV hatte noch viele Fragen offen gelassen. Jedoch helfen uns diese Versuche, und die geäußerte Kritik dazu, neue Ideen zu entwickeln. Ich bin daher für Weiterentwicklungen dieser Ideen durchaus offen.

 

17)             Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich würde gerne die Pressearbeit intensivieren, so dass wir die Presse besser und gezielter „bespielen“ können. Dazu gehört gemeinsam mit dem Presseteam herauszufinden was derzeit  gut und was nicht so gut funktioniert, und wie man im Zweifelsfall was verbessern kann. Auch im Vorstand selbst sollten immer die selben Personen mit der Presse reden, beispielsweise der Vorsitzende, einer der Stellvertreter und der PolGf. Auch hier wäre eine gewisse Kontinuität von Vorteil. Und natürlich ist der persönliche Kontakt mit Vertretern der Presse wichtig.

 

18)             Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich verfüge über rudimentäre Erfahrungen durch meine Zusammenarbeit mit dem Pressesprecher während meiner Vorstandszeit in Darmstadt. Ansonsten habe als Kandidat für die Bundestagswahl natürlich einige Male mit der Presse direkt oder über die Pressesprecherin der Partei gearbeitet. Weitere Presseerzeugnisse während meiner Kandidaten- oder Vorstandszeit habe ich auszugsweise in einem Pressespiegel in meinem Profil im Piratenwiki aufgeführt.

 

19)             Bist Du für zentrale oder dezentrale Organisationseinheiten in der Öffentlichkeitsarbeit?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich glaube, dass man mit einer voreiligen Zentralisierung viel kaputt machen kann. Für wichtiger halte ich eine gute Vernetzung der dezentralen Einheiten untereinander, eine klaren Organisation von Abläufen, sowie einen plannvollen Output nach außen. Wichtig wäre die Kreativität der breiten Masse weiterhin zu nutzen. Der BuVo kann dabei helfen, das zu organisieren, kann bei der Vernetzung helfen, kann eventuell auch Plattformen für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stellen. Aber gerade wenn es um spezifische, lokale Themen geht, können die jeweiligen Einheiten vor Ort am besten damit arbeiten.

 

20)             Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

  • Verteidigung der Grund- und Bürgerrechte (via Korruptionsbekämpfung, Transparenz des Staatswesens, Open Data, etc.)
  • Teilhabe
  • Globale Perspektive

 

21)             Welche sind Deine drei wichtigsten Punkte im Wahlprogramm?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

  • Freiheit und Grundrechte
  • Demokratie wagen
  • Außen- und Sicherheitspolitik

 

22)             Die drei  größten Strukturprobleme in der Piratenpartei sind für Dich….

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Umgang miteinander
  • Beteiligung

 

23)             Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Wir sollten unsere Verschiedenartigkeit, also unsere Heterogenität wieder mehr als Stärke sehe, denn als etwas, dass uns voneinander trennt.

Richtig machen wir:

  • Wir nutzen die Stärken von vielen zum Nutzen aller. Diese Form der „Schwarmintelligenz“ (furchtbares Wort dafür) war immer sehr erfolgreich und brachte oft tolle Ergebnisse.
  • Unser Form des kreativen Chaos. Es bleibt immer im Fluß, bleibt immer dynamisch. Es verhindert, dass wir stagnieren und verknöchern.
  • Das wir Humor haben und uns immer noch trauen freche Kampagnen zu fahren und Konventionen zu hinterfragen. Auch das sollten wir wieder stärker einsetzen und fördern.

Falsch machen wir:

  • Wir blockieren uns lieber gegenseitig, als gemeinsam etwas zu erreichen.
  • Wir schaffen es nicht unsere Außenwirkung so zu steuern, dass ein positives Bild von uns zurückbleibt.

 

24)             Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Ich war am Anfang dem BGE gegenüber kritisch eingestellt, stimmte in Offenbach jedoch aus Neugierde dafür, und bin mittlerweile von der Idee fasziniert. Ich bin der Meinung, dass das BGE eine mutige und solidarische Gesellschaftsvision ist, die mit den gängigen Konventionen bricht und die moderne Gesellschaft neu denkt. Ich halte es für das richtige Thema, um in unserer Gesellschaft einen Diskurs zu entzünden, wohin wir eigentlich als Gesellschaft wollen, ob wir weiterhin einen Teil unserer Gesellschaft ächten wollen und wie wir damit umgehen, dass immer weniger Arbeit vorhanden ist.

 

25)             Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?

BJÖRN NIKLAS SEMRAU:

Gefestigter und einiger und dabei, ihre Themen und Lösungsvorschläge unübersehbar in der Öffentlichkeit zu platzieren.

 

 

Interview mit Björn Niklas Semrau zur Kandidatur BuVo 2013-2014

 

Kompass:        Björn Niklas Semrau, vielen Dank für das Gespräch. 

 

Timecodex CC-BY NC ND