Kompass – Zeitung für Piraten

Der Kompass-Kandidatengrill: Gefion Thürmer

Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2013-2014

GEFION THÜRMER - FOTO TOBIAS M ECKRICH - CC-BY SA 2 0 - BPT122-1 - BLOG.jpg
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KOMPASS: 

Wie jedes Jahr entscheidet ein Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland über die Zusammensetzung des Bundesvorstandes. 

Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.

Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen. 

GEFION THÜRMER:

Mein Name ist Gefion Thürmer, ich bin 30 Jahre alt, und bin seit 2009 Pirat. Ich bin gelernte Buchhändlerin, habe gerade mein Studium in Kulturwissenschaften abgeschlossen und arbeite als Account Manager in einem Marketing/Consultancy Unternehmen. Ich komme ursprünglich aus Bremen, bin in Bayern Pirat geworden und lebe seit inzwischen fast drei Jahren in Großbritannien, genauer gesagt in Oxford. 

KOMPASS:     Kommen wir nun zum Fragenkatalog: 

 

1)                 Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?

GEFION THÜRMER:

Ich kandidiere für einen Posten als Beisitzerin.

 

2)                 Aus welchem Grund kandidierst Du?

GEFION THÜRMER:

Weil ich den Piraten anbieten möchte, meine Fähigkeiten im Bundesvorstand einzubringen. Ich bin generell gut in allem was Organisation betrifft. Und weil ich schon einmal ein Jahr im Bundesvorstand war (2011/12), weiß ich, dass ich den Posten ausfüllen kann.

 

3)                 Was sind Deine politischen Ziele?

GEFION THÜRMER:

Ich bin in der Piratenpartei, weil mir Bürger- und Menschenrechte wichtig sind, und ich nicht länger nur zusehen wollte wie die Regierung diese immer weiter aushöhlt. Programmatisch habe ich allerdings keine konkreten Ziele – meine Stärken liegen eben in der Orga. Programmatisch vertraue ich darauf, dass die Piraten insgesamt in die richtige Richtung wollen und in der Masse keine Entscheidungen treffen, mit denen ich nicht leben kann.

 

4)                 Welche Eigenschaften machen Dich zum geeignetsten Kandidaten                       für den Vorstand?

GEFION THÜRMER:

Ich kann Management, und ich kann Teamleitung. Das mache ich beruflich und auch in der Partei sei Jahren. Im Job mache ich Projektmanagement, betreue Kunden und leite ein Team über drei Kontinente. In der Partei bin ich seit 2010 verantwortlich für die Flaschenpost – meiner (vielleicht nicht unparteiischen) Ansicht nach eines der harmonischsten und am besten funktionierenden Teams in der gesamten Partei.

 

5)                 Wie stehst Du zu Quotierungen bei Ämterbesetzungen?

GEFION THÜRMER:

Ich mag die Quote nicht. Zuallererst, weil ich mir nicht meine gesamte Amtszeit durch anhören müssen will, dass ich „nur gewählt wurde, weil ich eine Frau bin“. Zum anderen weil ich nicht glaube dass wir ein Problem mit der Wahl von Frauen haben. Wenn Frauen bei uns kandidieren, werden sie sogar überproportional häufig gewählt. Womit wir ein Problem haben ist vielmehr, dass Frauen einfach nicht häufig kandidieren. Wenn ich mir ansehe, wie wir unsere Kandidaten und Amtsträger behandeln – und das Für und Wider das ich für meine eigene Kandidatur abgewogen habe! – überrascht mich das auch nicht. Ich halte es für wichtiger, bessere Bedingungen für Ämter und Kandidaturen zu schaffen. Dann kriegen wir auch mehr Kandidaten – egal welchen Geschlechtes – aus denen wir dann nach deren Qualifikationen auswählen können.

 

6)                 Wie stellst Du Dir diese quantitativ vor?

GEFION THÜRMER:

Wie gesagt, gar nicht.

 

7)                 Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand                                       zusammensetzen?

GEFION THÜRMER:

Ich habe durchaus eine Idee davon, mit wem ich in einem Vorstand gut zusammenarbeiten könnte. Ich möchte aber nicht eine zukünftige Zusammenarbeit dadurch belasten, dass ich jetzt hier jemanden nicht nenne. Darum möchte ich diese Frage nicht beantworten.

Ich kann aber sagen, dass ich in meiner letzten Amtszeit mit einigen Personen im Vorstand meine Probleme hatte. Die habe ich dann offen angesprochen und sie aus der Welt geschafft. Sollte es notwendig sein, werde ich das wieder tun.

 

8)                 Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?

GEFION THÜRMER:

Ich finde neun Personen ist genau die richtige Größe für das Volumen an Arbeit die erledigt werden muss.

 

9)                 Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?

GEFION THÜRMER:

Die Frage nach der Bezahlung von Vorständen habe ich bereits auf meiner Kandidatenseite beantwortet: „Ich bin mir da nicht sicher. Ich glaube nicht, dass die Partei sich leisten kann, alle ihre Vorstände zu bezahlen. Einer bis drei gingen vielleicht, je nachdem welches Gehalt man sich vorstellt – aber wonach wird dann entschieden wer diese Bezahlung erhält? Ich fand die Idee eines Solidarbudgets von Matthias Schrade ganz sinnvoll, bin mir aber auch dabei nicht sicher ob das finanzierbar bzw. fair umsetzbar wäre. Sinnvoller als den Versuch Gehälter zu zahlen fände ich eine Aufwandsentschädigung, von der beispielsweise Dinge wie Telefonkosten bestritten werden können. Wir verlangen unseren Vorständen auch finanziell sehr viel ab, und nicht jeder kann sich diesen Aufwand einfach so leisten. Hier finanziell zu entlasten könnte dazu führen, dass mehr potentiell geeignete Kandidaten zur Verfügung stehen, bei denen es sonst an dieser finanziellen Flexibilität scheiterte.“

Was ist mit „Mitarbeitern“ gemeint? Die Partei hat bereits einige Angestellte, das finde ich richtig und wichtig. Wenn es um Assistenzen für den Bundesvorstand geht, fände ich eine Art „Sekretariat“ gut, das den Vorstand insgesamt unterstützt. Persönliche Mitarbeiter wären ähnlich kostenintensiv wie die Bezahlung der Vorstände selber, darum gilt was ich oben schrieb: Wie soll man das auf eine faire Art regeln, wenn man es nicht für alle machen kann?

 

10)             Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?

GEFION THÜRMER:

Ja.

 

11)             Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?

GEFION THÜRMER:

Ich war ein Jahr lang Schiedsrichterin im Landesschiedsgericht Bayern, ein Jahr im Bundesvorstand, und habe seit über drei Jahren eine Beauftragung auf Bundesebene.

 

12)             Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in                          einer anderen Partei gewesen?

GEFION THÜRMER:

Nein, ich war vorher überhaupt nicht politisch aktiv.

 

13)             Wie verortest Du Dich politisch?

GEFION THÜRMER:

Auf einer Skala von 1 (links) bis 10 (rechts) bin ich eine 4,5.

 

14)             Siehst Du den BuVo als ein administratives (verwaltender                                      Vorstand), oder als ein politisches Amt?

GEFION THÜRMER:

Generell eher administrativ, auf jeden Fall für den Posten auf den ich mich bewerbe. Gerade die öffentlichkeitswirksamen Ämter, also die Vorsitzenden und der politische Geschäftsführer, kann aber nicht vollkommen unpolitisch sein. Das sind diejenigen von denen die Öffentlichkeit politische Stellungnahmen erwartet. Wenn sie von denen nicht kommt, dann wird die Position der Piraten im Zweifel gar nicht wahrgenommen. Ich bin ein Freund davon, dass der Vorstand das beschlossene Programm nach außen vertritt, sich mit einer eigenen Meinung zurückhält, aber durchaus eigene Schwerpunkte setzen können sollte.

 

15)             Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und                                    Vorstand vor?

GEFION THÜRMER:

Konstruktiv. Mit Respekt, Zuhören und Verständnis für die andere Seite auf beiden Seiten.

 

16)             Was sind SMV und Liquid Feedback für Dich?

GEFION THÜRMER:

Tools. Um ganz ehrlich zu sein, überschätzte Tools. Zur SMV habe ich bereits auf meiner Kandidatenseite geantwortet: „Eine SMV dreht sich primär um Abstimmungen. Abstimmungen sehe ich aber nicht als das primäre Problem dass wir zu lösen haben. Unser Problem beginnt viel früher, bei der Diskussion von Themen, der Konsensfindung. Ich halte es für wenig sinnvoll, Themen einfach nur abzustimmen, um sie abzustimmen. Politik bedeutet, Themen zu diskutieren, Meinungen zu prägen, Menschen zu überzeugen. Eine Abstimmung sollte am Ende dieses Prozesses stehen, wird aber in unserer Partei oft als der Prozess selbst verstanden. Solange wir keine positive Streitkultur und keine Konzepte zur Meinungsbildung in der Partei haben, wird uns ein Tool das Meinungen abfragt, oder die Effizienz von Abstimmungen erhöht, nicht voranbringen sondern die Situation eher verschärfen. Darum habe ich zuletzt alle SMV Anträge abgelehnt. Das bedeutet aber nicht, dass ich das bis in alle Ewigkeit tun werde.“

Bei Liquid Feedback ist es ähnlich, es kommt allerdings sehr darauf an, wie es verwendet wird. Als reines Abstimmungstool ist es ebenso ungeeignet wie die SMV an sich. Zur Verfeinerung von Anträgen, zum Prüfen welche Meinungen Zustimmung finden etc. kann es wiederum gut verwendet werden. Auf Bundesebene ist das aber sehr schwierig, weil einfach nicht genug Piraten teilnehmen, um repräsentativ zu sein. Dann ist es kritisch, wenn in LQFB Ergebnisse zu viel hineininterpretiert wird.

 

17)             Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit                    Presse, Funk und Fernsehen vor?

GEFION THÜRMER:

Gar nicht. Ich vermeide Pressekontakte wo immer ich kann. Meine Stärke liegt in der Orga, in der Arbeit im Hintergrund, die idealerweise so fließend funktioniert, dass sie gar nicht auffällt. Ich hasse Mikrofone, sie machen mein Hirn nutzlos. Wenn ich vor einer Kamera stehe bekomme ich keinen geraden Satz mehr heraus. Niemand sollte erwarten, oder gar wollen, dass ich in der Öffentlichkeit auftrete. Das wäre für niemanden gut.

 

18)             Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?

GEFION THÜRMER:

Ja, und darum weiß ich dass das was ich oben schrieb richtig ist. Ich habe das eine oder andere telefonische Interview mit internationaler Presse, also auf Englisch, geführt. Das ging einigermaßen und das würde ich wenn’s nicht anders geht auch wieder tun.

 

19)             Bist Du für zentrale oder dezentrale Organisationseinheiten in der                      Öffentlichkeitsarbeit?

GEFION THÜRMER:

Mir ist nicht ganz klar wie die Frage gemeint ist. Natürlich brauchen wir eine zentrale Einheit, oder Gruppe, die sich um Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Anders würde das auf Bundesebene nicht funktionieren. Das kann aber nicht die Gruppen in den Gliederungen ersetzen. Es kommt immer drauf an welche Aufgabe erledigt werden muss: Einiges geht besser zentral, einiges besser dezentral.

 

20)             Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der                                           Piratenpartei?

GEFION THÜRMER:

Die politischen Ziele, die vielfältigen Möglichkeiten zur Mitarbeit, der internationale Charakter der Bewegung.

 

21)             Welche sind Deine drei wichtigsten Punkte im Wahlprogramm?

GEFION THÜRMER:

Freiheit und Grundrechte, Demokratie, Netzpolitik. Also alles gegen Überwachung, für die Stärkung der Bürgerrechte und eine Anpassung der Politik an das Informationszeitalter.

 

22)             Die drei größten Strukturprobleme in der Piratenpartei sind für                           Dich….

GEFION THÜRMER:

Das hab ich auf meiner Fragenseite bereits beantwortet:

  1. Unsere Diskussionskultur, bzw. der Prozess der zu Entscheidungen hinführt (siehe Antwort zu Frage #2: http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Gefion/Kandidatur2013#Fragen)
  2. Die Behandlung von Amtsträgern, gekoppelt mit den an diese gestellten Erwartungen. Wir erwarten qualitativ hochwertige Leistungen bei schlechter Behandlung, kaum vorhandenem Respekt und regelmäßigen Shitstorms, am Besten Vollzeiteinsatz ohne Bezahlung … Kurz: Wir fordern alles zum Preis von nichts.
  3. Die Differenz zwischen unseren Idealen und dem was wir praktisch tun. Wir wollen zum Beispiel ideologiefreie Sachpolitik, gestehen uns aber in der Masse nicht ein wie sehr Ideologien bereits Teil unserer Parteikultur sind. Wir können das in beide Richtungen lösen, indem wir zum einen unsere Ideale auf Umsetzbarkeit überprüfen, zum anderen unsere Entscheidungen an diese Ideale rückkoppeln.

 

23)             Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?

GEFION THÜRMER:

Falsch: Sie hat bislang keine Möglichkeit geschaffen, die oben genannten Strukturprobleme zielgerichtet zu diskutieren oder lösen.

Richtig: Sie trifft programmatisch trotzdem meist gute Entscheidungen.

 

24)             Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?

GEFION THÜRMER:

Ich kann nachvollziehen wie es in unser Programm passt, aber ich habe noch kein Modell gesehen das funktionieren würde. Mir wäre lieb, wenn mehr der Weg zu diesem Endziel diskutiert werden könnte und weniger das Ziel selbst. Wo wir hinwollen wissen wir ja, aber wir müssen die Gesellschaft von diesem Ziel überzeugen. Davon sind wir noch weit entfernt.

 

25)             Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?

GEFION THÜRMER:

Hoffentlich gefestigt, mit Strukturen die konstruktives Arbeiten auf allen Ebenen erlauben, und verdienten Umfragewerten bei 5%.

 

 

Interview mit Gefion Thürmer zur Kandidatur BuVo 2013-2014

 

Kompass:        Gefion Thürmer, vielen Dank für das Gespräch. 

 

Timecodex CC-BY NC ND