Premiere am Donnerstagabend im NSA-Untersuchungsausschuss: erstmals spricht der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler. Er fürchtet um die Zukunft seines BND, verteidigt die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA:
„Wir sind abhängig von der NSA, nicht umgekehrt. Die NSA ist unser Partner, nicht unser Gegner“.
Erste Partnerdienste rücken bereits vom BND ab. Seine Arbeit, den Schutz Deutschlands vor Terror etc pp., könne der BND nicht alleine leisten. Das mag ja sein, doch wer schützt die Unternehmen und Bürger-Kommunikation vor dem ungefilterten Zugriff der USA, wenn die sich per Klick ins Telefon und Internet in Deutschland reinhacken können?
Wirtschafts-Spionage-Krieg
Auch Wirtschafts-Geheimnisse sind von großem Interesse: denn es geht ja nicht nur um EADS, sondern um die mittelständischen Weltmarktführer, die auch für EADS liefern, etwa Werkzeugmaschinen oder Robotik.
Diese vertrauliche Kommunikation ist Beifang für die NSA, und es ist damit zu rechnen, das das schon irgendwie in den USA den Weg zu bedürftigen US-Firmen findet. In drei Jahren wundern sich dann deutsche Firmen und ihre Beschäftigten, warum da auf einmal ein sehr ähnliches US-Produkt am Messestand nebenan präsentiert wird.
Immerhin haben die US-Dienste Wirtschaftsspionage ebenso hoch in ihrem Auftrag drinstehen wie Terrorbekämpfung. Offensichtlich konnten zig dutzend NSA-Analysten freihändig ihre Lieblings-Selektoren für Germany „eingeben“, und Snowdens Infos haben ja auch ihren Weg aus der NSA heraus geschafft.
Die Frage kam auf, ob der BND-Chef über ungesetzliche Spionageaktivitäten informiert war. Laut Schindler lief 2013 die erste systematische Prüfung der Selektorenlisten, er selbst habe erst vor zwei Monaten, im März 2015 von einer Ablehnungsliste mit kritischen Begriffen erfahren.
Für die Zukunft verspricht Schindler einen verbesserten Umgang mit den US-gelieferten Selektoren. Der Jurist Schindler ist seit drei Jahren BND-Präsident. Bereits vor den Snowden-Leaks Mitte 2013 war er im Amt.
No No-Spy
Ferner sollen die USA ein inoffizielles No-Spy-Abkommen gemacht haben. Es sei aus nicht genannten Gründen geplatzt. Warum die Bundesregierung dies nicht offensiver weiter verfolgt, ist eine Frage, die sicher noch politisch breiter diskutiert werden sollte.
Dann seh'n wir mal was Herr Pauland vom BND uns heute erzählt… #NSAUA pic.twitter.com/HSheD3JaAA
— seriös! (@H3rmi) May 21, 2015
Aus dem NSA Untersuchungsausschuß twitterte PIRATEN-Vortandsmitglied Stephanie Schmiedke.
Hartmut Pauland, Leiter der Abteilung Technische Aufklärung beim BND, sagte vor dem Ausschuss, die NSA-Selektoren seien „nicht ein einziges Mal ein Thema“ in seinem Bereich gewesen. Das änderte sich erst, als der Untersuchungsausschuss im März nachbohrte. Intern habe man im Jahr 2013 etwa 2000 Selektoren identifiziert, die gegen deutsche Interessen verstießen.
Laut „ZDF-Politbarometer“-Umfrage befürworten 61 Prozent der Befragten die Veröffentlichung der Selektorenliste. Aufgesplittet nach Partei-Anhängern ergibt sich ein interessantes Bild, insbesondere bei der FDP. Ihre Anhänger sind in der Frage eher gespalten, verharren da ganz CDU-koalitions-kompatibel in alten Denkmustern und zeigen so garnicht den Parteitags-„German Mut“, den FDP-Parteichef Christian Lindner letztes Wochenende ausrief. Die neue FDP will den Datenschutz stärken, das ist bei der Basis offensichtlich noch nicht angekommen, oder wird es nie.
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