Bundesvorstandswahlen der Piratenpartei Deutschland 2013-2014
KOMPASS:
Wie jedes Jahr entscheidet ein Bundesparteitag der Piratenpartei Deutschland über die Zusammensetzung des Bundesvorstandes.
Es treten neben Dir noch einige weitere Kandidaten an, die ebenfalls einen Platz in diesem Gremium erringen wollen.
Wir möchten Dich bitten, unseren Lesern ein paar persönliche Informationen über Dich zu geben, damit sie einen Eindruck davon gewinnen können, wen sie wählen, wenn sie Deinen Namen ankreuzen.
THORSTEN WIRTH:
Thorsten Wirth, auf Twitter @insideX und im Wiki zack.
Bin 45 Jahre alt, wohne in Frankfurt, lebe zusammen mit @nadnoennas und @HerrKind. Habe Physik und Informatik für Naturwissenschaftler in Bielefeld studiert, aber nicht abgeschlossen, und habe lange als Programmierer gearbeitet.
Seit 2006 in der Piratenpartei, habe ich schon alle möglichen Ämter und Posten bewältigt, unter anderem war ich 2009-2010 Mitglied im Bundesvorstand und will nun Bundesvorsitzender werden.
Aktuell arbeite ich halbtags als Referent in der ELF Piraten Fraktion im Frankfurter Römer, habe auch daher gute Einblicke in politische Strukturen und Prozesse.
Bezeichne mich selber gerne als überzeugten Filesharer.
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KOMPASS: Kommen wir nun zum Fragenkatalog:
1) Für welchen Posten im Bundesvorstand kandidierst Du?
THORSTEN WIRTH:
Vorstandsvorsitzender
2) Aus welchem Grund kandidierst Du?
THORSTEN WIRTH:
Wir haben ein Grundsatzprogramm! Dieses Grundsatzprogramm halte ich für sehr gut. Es ist das Identifikationsmerkmal all derer, die in der Piratenpartei wirken oder sie unterstützen.
Ich sehe, wie sehr sich immer mehr Gruppen und Lager in der Piratenpartei bilden, wodurch wir auseinander driften. Ich werde versuchen diese Gruppen und Lager wieder daran zu erinnern, dass wir Gemeinsamkeiten haben und dass wir diese Gemeinsamkeiten auch wieder zusammen leben und auch manchmal feiern sollten. Weil genau das der Grund ist, weshalb es uns gibt.
Nun habe ich die Kandidatenliste studiert. Bei aller Hochachtung für die Mitbewerber habe ich niemanden finden können, der dieses Ziel so in seiner Agenda hat.
Deshalb kandidiere ich für dieses exponierte Amt des Bundesvorsitzenden und auch nur für dieses Amt.
3) Was sind Deine politischen Ziele?
THORSTEN WIRTH:
Unser Programm, vom Wandel zur Wissensgesellschaft, über Asylpolitik bis zum BGE ist meine Agenda.
Ich selbst habe meinen Schwerpunkt in der Netzpolitik. Dabei ist insbesondere Datenschutz mein Thema. Jedoch werde ich mich als Repräsentant der Piratenpartei auch hinter Themen stellen, die nicht meinem persönlichem Schwerpunkt entsprechen. Innerhalb meiner Arbeit als Referent der ELF Piraten Fraktion habe ich etwa Themen wie Wohnungsmarktpolitik, PPP, Kulturpolitik und vieles mehr im Sinne einer Politik, die sich an den Grundgedanken der Piratenpartei orientiert, erarbeitet und vertreten.
4) Welche Eigenschaften machen Dich zum geeignetsten Kandidaten für den Vorstand?
THORSTEN WIRTH:
Ich bin ein Netzwerker, hoffentlich nur sehr selten nachtragend, will einen respektvollen Umgang miteinander vorleben und bitte auch darum.
Die richtigen Worte zur richtigen Zeit. Sich selbst für die Sache zurück nehmen.
Bin integrativ, kann moderieren und mich, wenn notwendig, auch durchsetzen.
5) Wie stehst Du zu Quotierungen bei Ämterbesetzungen?
THORSTEN WIRTH:
Ich glaube, dass es uns aktuell nicht gut tun würde, weil einfach viel zu wenig Frauen für Ämter kandidieren. Wenn wir durch eine Quote Vorstände satzungswidrig besetzen müssten, weil keine Frau antritt, hätten wir neue Probleme. Am eigentlichen Ziel einer Quotierung, das ich unterstütze, würden wir genau genommen auch vorbei schießen, wenn eine Frau ein Amt nur deshalb erhalten würde, weil sie eine Frau ist und dadurch die Quote erfüllt würde.
Meiner Wahrnehmung und meinem persönlichen Wahlverhalten nach werden Frauen, wenn sie kandidieren, bei vergleichbarer Qualifikation eher gewählt als Männer, was an sich gegen eine Quote spräche.
Aktuell lehne ich diese innerparteiliche Quote ab. Auf anderen Ebenen, z. B. bei Ämterbesetzungen in Behörden, Ministerien oder DAX-Konzernen sehe ich Quotenregelungen jedenfalls immer dann anders, wenn sich auch qualifizierte Frauen anbieten. Hier müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass berufliche Förderung und Aufstiegschancen auf jeder Ebene unabhängig von physischen oder sozialen Merkmalen gewährleistet sind.
6) Wie stellst Du Dir diese quantitativ vor?
THORSTEN WIRTH:
Siehe 5.
7) Aus welchen Personen würde sich Dein Lieblingsvorstand zusammensetzen?
THORSTEN WIRTH:
Ich lehne Listenwahlen ab und halte Vorstände mit unterschiedlichen Charakteren für gut. Deshalb, von mir kein Lieblingsvorstand.
8) Wie groß sollte Deiner Meinung nach der Bundesvorstand sein?
THORSTEN WIRTH:
Max. 7
9) Wie stehst Du zur Bezahlung von Vorständen oder Mitarbeitern?
THORSTEN WIRTH:
Angesichts der aufzuwendenden Zeit hielte ich eine Aufwandsentschädigung für gut und richtig , um zumindest einen Ausgleich für entgangene anderweitige Entlohnung zu schaffen. Dies würde auch jenen Bewerbern eine realistische Chance bieten, die zwar die Fähigkeiten haben, die Tätigkeiten auszuüben, nicht jedoch den persönlichen finanziellen Rückhalt. Jedes Vorstandsamt etwa dürfte mindestens einer Halbtagstätigkeit entsprechen. Allerdings sollte dabei auch monatlich öffentlich Rechenschaft über die geleistete Arbeit abgelegt werden.
10) Hast Du bereits Erfahrung in Parteiämtern sammeln können?
THORSTEN WIRTH:
Ja.
11) Wenn ja, welche hast Du bisher ausgeübt?
THORSTEN WIRTH:
2007 -2009 Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Hessen
2009 – 2010 Beisitzer im Bundesvorstand und via Geschäftsordnung, politischer Geschäftsführer.
12) Bist Du vor Deiner Mitgliedschaft in der Piratenpartei bereits in einer anderen Partei gewesen?
THORSTEN WIRTH:
Nein.
13) Wie verortest Du Dich politisch?
THORSTEN WIRTH:
Links, libertär – in Frage stellend, suchend, offen.
14) Siehst Du den BuVo als ein administratives (verwaltender Vorstand), oder als ein politisches Amt?
THORSTEN WIRTH:
Der Bundesvorstand muss verwaltende Aufgaben übernehmen. Das ist eben so: Rechnungsprüfungen, Mitgliederverwaltung usw. . Darüber hinaus sollte ein Bundesvorstand ganz klar unsere politischen Interessen nach außen vertreten und Impulse gebend auch nach innen wirken. Dabei sollte der Bundesvorstand auf das kreative Potential der Mitglieder bauen und deren Impulse verstärken.
15) Wie stellst Du Dir eine Kommunikation zwischen Basis und Vorstand vor?
THORSTEN WIRTH:
Ich selbst bin auf vielen Kanälen erreichbar. Am meisten nutze ich Twitter und Jabber, aber sicher werde ich auch weiterhin die Stammtische besuchen. Wenn ich zu Gesprächen eingeladen werde, werde ich mein Möglichstes tun, um diese Angebote auch anzunehmen. Bei allem sollte die Basis grundsätzlich wissen, womit sich der Vorstand in ihrem Auftrag gerade befasst.
16) Was sind SMV und Liquid Feedback für Dich?
THORSTEN WIRTH:
Liquid Feedback ist gut, um Ideen zu prüfen und sie zu verbreiten. Die SMV ist meiner Meinung nach noch nicht schlüssig vereinbar mit unseren eigenen datenschutzrechtlichen Ansprüchen. Anonyme Abstimmungen dürfen unter keinen Umständen manipulierbar sein und namentliche Abstimmungen sind nur mit hohem technischen Aufwand sicher übertragbar. Ich hätte dazu eine Menge unbeantworteter Fragen, meine aber, dass wir direktdemokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Piratenpartei brauchen. In Pilotprojekten auf Länderebene sehe ich auch mit Rücksicht auf das Parteiengesetz, dass wir, ob wir wollen oder nicht, einzuhalten haben, jedoch interessante Modelle.
17) Wie stellst Du Dir in Deinem Vorstandsamt die Kommunikation mit Presse, Funk und Fernsehen vor?
THORSTEN WIRTH:
Ich würde mich erst einmal mit unserer Pressesprecherin zusammen setzen und mit ihr den Stand der Dinge evaluieren. Was läuft gut, was nicht so toll und was sollten wir tun, damit es besser läuft. Dann weiß ich, dass der Vorsitzende, und für dieses Amt kandidiere ich ja, oft von der Presse bzgl. Interviews usw. angefragt wird. Das will ich aktiv nutzen, um unsere Themen zu transportieren.
18) Hast Du in diesem Bereich bereits Erfahrung sammeln können?
THORSTEN WIRTH:
Von 2007 – 2009 habe ich die Pressearbeit des Landes Hessen geleistet. Im Rahmen meines Amtes als politischer Geschäftsführer 2009-2010 habe ich die Pressearbeit koordiniert und sehr viel mit unseren Pressesprechern zusammen gearbeitet. Seit 2011 bin ich Referent und Presseverantwortlicher für die ELF Piraten Fraktion im Römer Frankfurt am Main. Auch für den Kreisverband Frankfurt hatte ich ab 2011 die Beauftragung als Pressesprecher, die ich aber Anfang 2013 abgegeben habe.
19) Bist Du für zentrale oder dezentrale Organisationseinheiten in der Öffentlichkeitsarbeit?
THORSTEN WIRTH:
Ich halte es für wichtig, dass die Piratenpartei, in den bundespolitischen Fragen, nach außen als Einheit wahrgenommen wird. Die Menschen wollen wissen, worauf sie sich einlassen. Aber wir sind grundsätzlich ja dezentral organisiert, jeder Landesverband macht seine eigene Öffentlichkeitsarbeit und das finde ich, sollte auch so bleiben. Die Vernetzung der Öffentlichkeitsarbeit wäre schon sehr wünschenswert, ein gemeinsames Presseportal z.B. wäre gut. Aber das ginge alles dezentral.
Die Öffentlichkeitsarbeit kann und sollte insbesondere regionale Komponenten berücksichtigen können. Zudem sollten wir eine Bevormundung der Gliederungen bzgl. der Öffentlichkeitsarbeit tunlichst unterlassen. Das kreative Potential der verschiedenen Gliederungen ist, meines Erachtens nach, nicht zuletzt auf deren Unabhängigkeit zurück zu führen. Die Bundespresse ist für sich ein Teil dieser Gliederungen und nicht die Zentrale.
20) Was sind Deiner Meinung nach die drei „Essentials“ der Piratenpartei?
THORSTEN WIRTH:
Partizipation
Informationsfreiheit
Die Grundrechte des Einzelnen zu achten und zu wahren
21) Welche sind Deine drei wichtigsten Punkte im Wahlprogramm?
THORSTEN WIRTH:
Freiheit und Grundrechte
Europa
Bildung und Forschung
22) Die drei größten Strukturprobleme in der Piratenpartei sind für Dich….
THORSTEN WIRTH:
Basisentscheide
Öffentlichkeitsarbeit
Debattenkultur
23) Was macht die Partei Deiner Ansicht nach „richtig“ oder „falsch“?
THORSTEN WIRTH:
RICHTIG:
- Wir suchen, experimentieren, stellen in Frage. Wir leben die Gamification der Demokratie.
- Wir sind eine Partei, die mehr auf die Form als auf den Inhalt Wert legt. Also mehr wie Politik gemacht wird, als was das Ergebnis ist. Bitte auf das Wörtchen „MEHR“ achten! Erst das bietet den intellektuellen Freiraum, um die Dinge ganz neu sehen zu können.
- Unser Grundsatzprogramm \o/
- Sharing is caring (Bin überzeugter Filesharer)
- Authentizität
- Chaos ist unsere Stärke und nicht unsere Schwäche.
- FALSCH:
- Vieles, was in die Piratenpartei hinein getragen wird, wird mit einem religiösen Eifer vertreten, so dass es schwer fällt, eine Sachdebatte zu führen (SMV,LQFB,Länderrat).
- Die Kommunikation, insbesondere auf den Listen, wird oft von Trollen gestört. Es fehlen Angebote für moderierte Listen, die ich gerne ZUSÄTZLICH zu den vorhandenen Listen hätte.
- Wir betreiben zu wenig systematische Selbstreflexion. Dumpfe Vorwürfe zähle ich nicht zur Selbstreflexion.
- Wir lassen uns zu schnell von der Presse verunsichern.
- Die Fehlerkultur ist manchmal sehr ungenügend.
- Chaos ist unsere Stärke und nicht unsere Schwäche.
24) Wie stehst Du zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“?
THORSTEN WIRTH:
Anfangs doch eher ablehnend, heute bejahend. Partizipation darf nicht an finanziellen Möglichkeiten scheitern und Partizipation ist politische wie soziale Teilhabe. Wir sollten das weiterdenken und uns noch mehr mit den Fragen rund um ein BGE auseinandersetzen. Das BGE ist ein tolles Diskussionsthema, an dem wir die sozialen Strukturen unserer Gesellschaft komplett neu denken können. Ich würde jedem empfehlen, darüber mal zu debattieren.
25) Wo siehst Du die Piratenpartei in einem Jahr?
THORSTEN WIRTH:
Auf einem Weg. Und ich hoffe, es ist der richtige.
Interview mit Thorsten Wirth zur Kandidatur BuVo 2013-2014
Kompass: Thorsten Wirth, vielen Dank für das Gespräch.
Timecodex CC-BY NC ND
Hallo Herr Wirth
Was meinen sie mit Europa genau? Das ist mir zu vage. Etwa mehr Verstrickung in die EU oder zur Abwechslung mal mehr Souveränitaet die unabdingbar fuer die Freiheit ist? Das wuerde ich schon gerne wissen.
Hat da unter dem Eindruck des Elends in Suedeuropa ein Umdenken stattgefunden? Oder immer noch die ollen Kamellen ? Ich hoffe doch auf frischen Wind anstatt alten Mief.
Selbst ein Linker wie Gysi sieht ein das es so nicht mehr weitergeht mit diesem Duckmäusertum.
Bevor ich die PP waehle oder unterstützen kann moechte ich das schon konkret wissen, denn ansonsten ist sie leider nicht die richtige Alternative fuer mich.
mfg